World on Fire – Staffel 1: Tage der Verwirrung

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges steht zumindest in Europa die Welt wieder einmal in Flammen. Das alltägliche Leben wird nicht nur im nordenglischen Manchester nie wieder sein wie es war. Der junge Harry Chase erlebt die Besetzung Polens als Übersetzter hautnah in Warschau. Die hochgelobte für die BBC produzierte Historien-Serie „World On Fire“ erzählt vom Leben einiger ganz normaler Leute in diesen dramatischen Tagen. Pandastorm veröffentlicht die erste Staffel nun für das Home-Entertainment.

Die amerikanische Auslandskorrespondentin Nancy Campbell (Helen Hunt) beobachtet Anfang September 1939 deutsche Machenschaften an der Deutsch-Polnischen Grenze. Die erfahrende Politik-Journalistin befürchtet, das Deutsche Reich wolle Polen besetzen und warnt in Warschau ihren Hotelnachbarn Harry.

Harry Chase ist Übersetzer an der englischen Botschaft und hat hier gerade vor einigen Monaten seine erste Stelle angetreten. Seine Vorgesetzten wollen von den Warnungen der Reporterin nichts wissen und auch Harrys Geliebte Kasha (Zofia Wichlacz) und deren Familie sind zuversichtlich, den deutschen Einmarsch abwenden zu können.

Doch Danzig ist schnell gefallen, Kashas Vater wird dort getötet und ihr Bruder Grzegorz wird seither vermisst. Um Kasha aus Polen herauszubringen, heiratet Harry die Kellnerin. Doch bei der Abreise vertraut ihm die frisch Vermählte ihren kleinen Bruder Jan an. Kasha schließt sich dem polnischen Widerstand an. Als Harry mit dem Jungen im heimatlichen Manchester auftaucht, ist nicht nur Harrys zynische Mutter Robina Chase (Leslie Manville) entgeistert. Auch seine Freundin Lois Bennet (Julia Brown) ist beleidigt, weil er sich nie gemeldet hat.

Harry wird Offizier in der britischen Armee und mit dem Britischen Expeditionskorps BEF nach Frankreich verschifft. Auch Lois will bei der Mobilmachung ihren Teil beitragen und heuert als Sängerin bei der ENSA an, der Unterhaltungseinheit der Armee. Auch Lois Bruder Tom (Ewan Mitchel) meldet sich zur Marine, um nicht im Gefängnis zu landen. Ihrem pazifistischen Vater Douglas Bennet (Sean Bean) passt das überhaupt nicht, hat er doch im ersten Weltkrieg ein massives Trauma erlitten, das ihn noch immer heimsucht.

Derweil geht die amerikanische Korrespondentin Nancy Campbell wieder in Berlin erstaunlich unbehelligt ihrer Arbeit nach. Ihr Neffe Webster O’Connor (Brian J. Smith) ist als Arzt in Paris, und hat sich gerade in einen farbigen Saxofonisten verliebt. Kein Wunder, dass er von Nancys Warnungen, die Deutschen würden sich nach Polen Frankreich vornehmen nichts wissen will und in der Stadt der Liebe aushält. Nancy wird inzwischen Zeuge, wie konsequent die Nazis ihre Ideologie durchsetzen. Ihre Nachbarn, die Tuchfabrikanten Rossler, verstecken ihre junge Tochter, die an Epilepsie leidet, damit sie nicht im „Gesundheitsprogramm“ der Nazis landet.

Im englischen Sprachgebrasuch nennt man so eine Figurendichte in einem Drama ein „Ensemble-Stück“ und dem Showrunner und Drehbuchautor Peter Bowker ist sehr daran gelegen ein breit angelegtes Panorama der vor allem britischen Gesellschaft und der ersten Kriegsmonate zu zeichnen. Dabei kommt „World On Fire“ mit einem Ansatz daher, der sich auf die kleinen Leute, die normalen Menschen konzentriert. Es geht selten einmal um Strategie und Kriegführung und so sorgt die amerikanische Rundfunkkorrespondentin für die geschichtliche und strategische Einordnung der Geschehnisse.

So sehr der Alltags-Ansatz von „World On Fire“ zu begrüßen ist, so sehr fehlt es der Serie bisweilen auch an Fokus. Es dauert ein wenig, bis alle Figuren etabliert sind und sich in der Dramatik des Weltgeschehens, das für die Briten zuhause noch gar nicht richtig fassbar ist, zurechtzufinden. Es ist auch nicht so, dass Zuschauer:innen noch nie Gelegenheit gehabt hätten, ein Drama oder eine Serie über den zweiten Weltkrieg zu sehen. Nicht umsonst greifen fiktionale Formate immer wieder auf diese große, weltweite Verwerfung zurück. Das eine oder andere Motiv hat das Publikum also eventuell schon gesehen. Den großen Krieg als Weltenbrand zu beschreiben, ist nicht sonderlich originell, bleibt aber zutreffend.

Im Mittelpunkt der Handlung steht der junge Harry Chase, der als Übersetzer den Überfall auf Polen miterlebt, den so genannten „Sitzkrieg“ bis Mitte 1940 als Frontoffizier in Frankreich mitmacht, alles in der Absicht, seine geliebte Kasha zu retten. Dabei erwartet Lois nun ein Kind von Harry, will aber nichts mehr von ihm wissen, weil er sie betrog. So pendelt die Handlung zwischen vielen Orten und Charakteren hin und her, lässt dabei selten Gemeinplätze aus und die emotionalen Zustände der Charaktere wirke nicht immer überzeugend, was weniger an den Darstellern liegt als an der leicht zugänglichen Charakterisierung. Bisweilen ist das arg plakativ und letztlich auch häufig überladen.

Es bleiben so einige Fragen. Und während Zuschauer:innen noch akzeptieren können, dass die amerikanische Journalistin unbehelligt recherchiert, weil sie in der Serie eine wichtige Funktion übernimmt, fragt man sich schon, wie der polnische Widerständler quer durch Europa nach Dünkirchen kommt und wieso dort im Lazarett der Arzt aus Paris Dienst tut – und wieso hier tatsächlich alle Hauptfiguren stets mit dem Leben davonkommen. Aber letztlich ist „World on Fire“ keine Dokumentation, sondern eine Fiktion, die ein historisches Kriegs-Setting instrumentalisiert, um Geschichten zu erzählen.

Eine Fortsetzung der Serie „World on Fire“ wurde 2019 kurz vor Ende der Ausstrahlung der ersten Staffel angekündigt. Das ist bei dem argen Cliffhanger, der so altmodisch angesetzt ist, auch dringend geboten, macht die Aussicht für Zuschauer:innen aber nicht wesentlich besser. Denn Pandemie bedingt wurde der Drehstart der zweiten Staffel mehrfach verschoben und realistischer Weise ist erst im Sommer 2022 mit der Ausstrahlung einer Fortsetzung zu rechen. Es bleibt fraglich, ob das Momentum der Weltkriegs-Serie „World On Fire“ sich bis dahin hält.

Die hochgelobte britische Weltkriegs-Drama-Serie „World On Fire“ erzählt in epischer Breite und aus englischer Sicht vom Beginn des zweiten Weltkriegs. Nach den Churchill-Biopics, den Schützengräben aus „1919“ und Christopher Nolans „Dünkirchen“-Schlacht schwimmt das gut besetzte aber nicht immer überzeugend geschriebene Serien-Drama auf der Welle mit, fügt einen eigenen Ansatz hinzu, erzählt aber wenig Ungesehenes. Im Westen nichts Neues.

Serien-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

„World On Fire“ – Staffel 1
OT: „World On Fire – Season 1
Genre: TV-Serie, Drama, Krieg, Historie,
Länge: 420 Minuten (7 x 60 Min.), UK, 2019
Idee: Peter Bowker
Regie: Adam Smith, Chanya Button, et. Al.
Darsteller:innen: Jonah Hauer-King, Julia Brown, Zofia Wichlacz, Sean Bean, Helen Hunt, Leslie Manville,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Pandastorm,
Digital-VÖ & DVD- & BD-VÖ: 16.04.2021

Copyright der Fotos by Mammoth Screen

„World On Fire“ bei Pandastorm