Die Erben der Nacht – Staffel 1: Der Funke erwacht

Noch sind bei uns die Tage kurz und die Nächte lang. Perfekte Bedingungen für Vampire, jene mythischen, blutsaugenden Wesen, die die Fantasie der Menschen schon immer beflügelt haben. Die TV-Serie „Die Erben der Nacht“ erzählt von den letzten Vampir-Clans Europas gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ausgerechnet das Erwachen Draculas wird eine Bedrohung für die Vampire. Nur die jungen Erben der Clans können die Gefahr abwenden; mittendrin Alisa von Vamalia. Die erste Staffel der internationalen Koproduktion, an der auch der NDR maßgeblich beteiligt ist, lief bereits erfolgreich auf KiKa. Die Jugendserie erscheint nun für das klassische Home-Entertainment auf DVD.

Einst gab es viele Vampir-Clans, die jeweils Rubine der Macht ihr eigen nennen konnten. Die Sage geht, dass die magischen Rubine entstanden, als sich die Tränen von Graf Dracula mit dem Blut seiner sterbenden Liebe Elizabetha vereinten. Doch das ist längst Vergangenheit, Dracula schläft seit Jahrhunderten und von den einstigen dreizehn Vampirclans sind nur noch fünf übrig. Auch deren Macht schwindet, denn die Vampirjäger, die so genannten Rotmasken, hetzen die Vampire unnachgiebig aus ihren Verstecken.

Alisa – eine junge Vampirdame

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts residiert der Vampir-Clan der Vamalia in Hamburg. Doch die junge Alisa (Anastasia Martin) will unbedingt etwas von der Stadt und dem Leben sehen. Gegen das Verbot ihrer Großmutter Elina (Hildegard Schmal) und des Hausdieners Hindrik (Florian Bartholomäi) wagt sich Alisa auf die Straßen und begegnet dort dem jungen Niku (Lance West). Die beiden freunden sich gleich an, denn Alisa weiß nicht, dass Nikus Mutter die Anführerin der Rotmasken ist, Niku glaubt nicht, dass es wirklich Vampire gibt…

Alisas Ausflug wird entdeckt und die Vampirfamilie muss fliehen. Nur gut, dass gerade ein Vampirschiff von Norwegen her unterwegs ist. Die „Elizabetha“ macht halt in Hamburg und setzt dann Kurs auf Rom. Die Clan-Ältesten der Vampire haben beschlossen, dass sie etwas gegen die schwindende Macht unternehmen müssen, bevor sämtliche Vampire ausgestorben sind. Also versuchen sie, das Blut der Clans zu mischen und ihre Erben auf der Elizabetha gemeinsam auszubilden, damit diese stärker sind als je zuvor.

Denn jeder Clan verfügt durch die magischen Rubine über eine besondere Zauberkraft. Nun lernen die Erben alle Zauberkräfte zu beherrschen. Unter der Anleitung von Conte Claudie (Francesco De Vito) beginnt der Unterricht der jungen Vampire auf der Elizabetha. Doch die Erben sind sich – wie auch ihre Clans – nicht freundschaftlich gesonnen. Gerade Lars von Draca (Ulrik William Græsli) und seine Cousinen aus dem winterlichen Norwegen benehmen sich überheblich und machen nicht nur Alisa das Leben schwer.

Dabei hat die Erbin der Vamalia schon darunter zu leiden, dass sie anders ist, denn sie hat Alpträume und Visionen, ein schlagendes Herz wie ein Mensch und bisweilen beginnt ihre Hand zu leuchten. Hindrik nennt das den „Funken“ und der soll unter allen Umständen geheim bleiben…

Nicht nur für ein jugendliches Publikum

Zwar handelt es sich bei „Die Erben der Nacht“ um eine Jugendserie, aber das bedeutet keinesfalls, dass nicht auch große Kinder ihre Freude an der hochwertig produzierten Serie haben können. Die FSK hat die DVD-Box der ersten Staffel ab 12 Jahren freigegeben, wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass die Freigabe ab 6 Jahren nicht angemessen wäre. Im Fernsehprogramm der ARD und bei KiKa wird das Format für Kinder und Jugendliche ab 10 Jahren empfohlen und angeboten. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, sich an diese Empfehlung zu halten.

Aber zurück zu den Vampiren: Die internationale Koproduktion beruht auf der erfolgreichen Buchreihe „Die Erben der Nacht“ von Ulrike Schweickert, die hierzulande im Cjb-Verlag erschienen sind. Für das Fernsehen wurden einige Anpassungen unternommen, die Erzählzeit wurde etwas aktueller zum Jahrhundertende geschoben und die „Vampirschule“ ist nicht in Rom direkt, sondern auf dem „Schulschiff Elizabetha“. Im Wesentlichen folgt die erste Staffel der TV-Serie aber der Handlung des ersten Bandes der Roman-Reihe.

Coming of Age mit Biss

Die Vampirsaga „Die Erben der Nacht“ hat alles, was junge Zuschauer:innen erwarten würden und auch gerne sehen, wie aus anderen Fantasyformaten bekannt ist. Es gibt verfeindete Clans, die sich zusammenraufen müssen, um eine gemeinsame Bedrohung zu bekämpfen, die jungen Vampire müssen dafür die Schulbank drücken wie Zauberlehrlinge und es gibt erste Ansätze einer zarten Romanze, die selbstverständlich nicht ohne Komplikationen bleibt. Denn Hauptfigur Alisa verliebt sich nicht nur unmöglicher Weise in einen Menschen, sondern nach einigen gemeinsamen Abenteuern auch in ihren Rivalen Lars.

Natürlich erzählt „Die Erben der Nacht“ auch vom Erwachsen Werden der Teenager-Vampire, der Selbstfindung, den Konflikten zwischen Kindheit und Erwachsensein, und dem Umgang mit Verboten und Grenzen. Bisweilen ist das schulische Erzählelement, ein bisschen bieder ausgefallen. Wenn die jeweiligen Zusatzkräfte der Clans vorgeführt werden, damit alle sie erlernen, ist das schon etwas schematisch. Und es unterbricht die ansonsten turbulente Handlung, in der Alisa ihre Bestimmung und damit verbunden die Gefahr für die Vampirclans auf eigene Faust untersucht. Der Unterricht sorgt also auch dafür, dass es in „Die Erben der Nacht“ nicht allzu spannend zugeht.

Die Produktion kann sich sehen lassen, das internationale Cast hat an diversen Orten in Europa gedreht und den Machern ist es gelungen, stimmige Kulissen und Szenerien zu zaubern. Die Speicherstadt entstand beispielsweis in einem Studio in Riga, die Küste vor Rom würde großteils in Kroatien gedreht und immer kann der Look sich sehen lassen, ohne dabei die Special Effekts in den Vordergrund zu stellen. Das Handwerk, auch in den Kostümen, merken Zuschauer:innen der Serie wohltuend an. Das gesamte Produktionsdesign, aber auch die ausgewogene Darstellung für sehr viele der Nebenfiguren geben der Serie eine Tiefe, die aus dem Jugendgenre heraussticht.

Europäische Koproduktion mit Stil

Das Projekt wurde über Jahre hinweg sorgfältig entwickelt. Optisch und erzählerisch kommt der holländische Touch des Jugendabenteuers der Angelegenheit durchaus zu gute. Wer beispielsweise „Ein Briefe für den König“ oder „Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess“ kennt, weiß, dass sich bodenständige, altersangemessene Unterhaltung und aufregende Abenteuer nicht ausschließen müssen. Zusammen mit der ersten wurde bereits die zweite Staffel produziert und ist auch schon im TV zu sehen. In Planung sind auch zwei weitere Staffeln, aber die sind Pandemie-bedingt leider erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben.

Wer dachte, dass Vampir-Genre ist verstaubt, der muss sich eines Besseren belehren lassen. Zumindest im Bereich der Jugendunterhaltung, die auch für älter empfehlenswert ist, holt die Verfilmung der erfolgreichen Romanreihe „Die Erben der Nacht“ eine Handvoll junger Blutsauger aus der Gruft. Den jungen Vampiren zuzusehen, wie sie nicht nur ihre Familien sondern auch ihre ganze Art retten müssen ist spannend und unterhaltsam anzuschauen.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Die Erben der Nacht – Staffel 1
OT: Heirs of the Night – Season 1
Genre: TV-Serie, Mystery, Jugend,
Länge: 332 Minuten (13 x 25 Min.), D/NL/N, 2019/20
Idee: Diederik van Rooijen, Maria von Heland,
Vorlage: Roman-Serie „Die Erben der Nacht“ von Ulrike Schweikert
Regie: Diederik van Rooijen
Darsteller:innen: Anastasia Martin, Lance West, Ulrik William Græsli
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Studio Hamburg,
DVD-VÖ: 29.01.2021

Buchvorlage „Die Erben der Nacht“ im Cjb-Verlag
„Die Erben der Nacht“ –Seite bei der ARD

Episoden:

  1. Der Funke erwacht
  2. Das Schulschiff
  3. Die Kraft der Nosferas
  4. Blinde Passagiere
  5. Das Buch der Bücher
  6. Gegen alle Regeln
  7. Liebe und Leid
  8. Der Beweis
  9. Fluch oder Segen?
  10. Gedankenlabyrinth
  11. Familienspuren
  12. Dunkle Zeiten
  13. Nacht der Entscheidung