Die kanadische BBC-Serie „Orphan Black – Ein Klon ist niemals allein“ ist inzwischen längst über den Status Geheimtipp hinaus. Und in der sehnlichst erwarteten dritten Staffel, die hierzulande bei Polyband erscheint, werden auch etliche Handlungsstränge zusammengeführt. Das Unterhaltungsniveau ist nach wie vor sehr hoch und die männlichen Klone stellen sich als echte Bereicherung für das Format heraus. Ari Millen, der in diversen Verkörperungen auftritt, schafft es tatsächlich, mit Tatjana Maslani mitzuhalten. Also hinein, in das Verwirrspiel um Gentechnik und verbotene Experimente.
Zuvor allerdings nicht nur die Warnung vor Spoilern, die bei fortlaufender Handlung über drei Staffeln nicht zu vermeiden sind, sondern auch der erstgemeinte Hinweis an neue Zuschauer beziehungsweise Leser, sich das spannenden Thriller-Vergnügen zur eigenen Orientierung und Spannungssteigerung von Beginn an zu gönnen. Entsprechende Appetizer in Form von Rezensionen zu Staffel 1 und Staffel 2 finden sich ebenfalls auf diesen Seiten.
„Standing in the Way of Control“
Gegen Ende der zweiten Staffel von „Orphan Black“ konnten die Klon-Schwestern Sarah Manning, Cosima, Allison und Helena (alle von Tatiana Maslany gespielt) die Bedrohung durch das Dyad Institut abwenden, das die Klone als genetische Experiment betrachtet. Aber die Situation ist nach wie vor angespannt, die Hinterleute des Dyad wollen immer noch Sarahs scheinbar einzigartiges Erbgut in die Finger bekommen. Sarah will zwar endlich ein normales Leben mit Familie, aber das scheint nach wie vor in weiter Ferne zu liegen. Lange war sie nicht mehr so auf die Hilfe von Halbbruder Felix (Jordan Garvis) und Pflegemutter S. (Maria Doyle Kennedy) angewiesen.
Aber wirklich beunruhigend ist das Auftauchen von männlichen Klonen, deren Herkunft genauso mysteriös ist wie diejenige von Sarah und Schwestern es einst war. Bei dem Projekt „Castor“ handelt es sich um ein geheimes Militärexperiment das deutliche Parallelen zum Projekt „Leida“ aufweist, das für die Entstehung von Sarah und ihren Schwestern verantwortlich ist. Die Soldaten-Klone um Mark, der undercover in der Sekte, die Helena entführt hatte, ermittelt und Rudy (beide Ari Millen) leiden ebenfalls an einem tödlichen Gendefekt und tun alles, um ein Heilmittel zu bekommen. Sarah und ihre Schwestern scheinen der Schlüssel für diese Heilung zu sein.
„Casualties of War“
Die anderen Klone von Sarah haben auch so ihre Probleme: Helena ist nach ihrer Gefangenschaft bei einer seltsamen Sekte vom Regen direkt in die Traufe verfrachtet worden, weil Sarahs Pflegemutter ihre Ziehtochter und deren Kind in Sicherheit bringen wollte. Die Wissenschaftlerin Cosima hat derweil nicht nur mit einer überstandenen Immunerkrankung zu kämpfen, sondern auch mit Herzschmerz, weil ihre Flamme Delphine nun anstelle des Klons Rachel das Dyad Institut leitet und die Beziehung zu Cosima beendet hat. Vorstadt-Mutti Allison muss nicht nur als Elternbeirat kandidieren, um ihre Kids vor der Versetzung in einen Rabaukenschule zu schützen, sondern auch noch dafür sorgen, dass die Familie auch finanziell überlebt, denn Gatte Donnie hat seinen Job verloren. Jetzt verlegt sich Allison aufs Dealen mit Aufputschmitteln für die Soccer-Moms.
Das war jetzt mal ein ganzer Schwung Handlung, um die Ausgangslage der dritten Staffel von „Orphan Black“ zu umreißen. Die Serienmacher John Fawcett und Graeme Manson haben sich alle Mühe gegeben, die Handlung von „Orphan Black“ turbulent und abwechslungsreich zu gestalten. Das sorgt anfangs für leichte Orientierungsschwierigkeiten, schließlich ist die letze Staffel auch schon wieder ein Jahr her. Aber konstante Zuschauer kommen schnell wieder rein in die spannende Serie. Darstellerisch ist „Orphan Black“ nach wie vor eine Ausnahme-Erscheinung. Tatiana Maslany ist einfach unglaublich wandlungsfähig und geht in den Rollen auf. Nicht umsonst hat sie die dritte Staffel auch mit-produziert. Zudem hat sie mit Ari Millen nun auch ein männliches Pendant, das an den unterschiedlichen Klon-Rollen auch sichtlich Spaß bei der Arbeit hat. Das rockt schon ziemlich. Auch ist es dem Visagisten gelungen, die männlichen Klone stimmig unterscheidbar zu machen, was ja aufgrund der kollektiven, militärischen Aufzucht inhaltlich deutlich schwieriger zu bewältigen ist.
„Dark Lines“
In der Umsetzung und Inszenierung ist „Orphan Black“ auch in der dritten Runde gewohnt aufwändig produziert und weiß mit seiner Struktur für ebenso kurzweilige wie abwechslungsreiche Unterhaltung zu sorgen. Eine solide Blutigkeit der Labor- und Actionszenen ist dabei nicht von der Hand zu weisen. Das ließ sich zwar auch schon früher beobachten, aber mit dem Auftauchen der soldatisch gedrillten männlichen Klone wird dieses Element ein bisschen auffälliger.
Dabei wird Enthüllung um den geheimen Komplex von Bio-Engineering konstant weiter geführt und im Lauf der Serie kommt es zu einigen unerwarteten Entdeckungen. Das hochspannende, actionlastige Thriller-Element ist nicht mehr so dominant wie zu Beginn der Serie. Daneben darf auch der Humor wieder etwas mehr aufblitzen und gerade der Handlungsstrang von Allison sorgt immer wieder für lustige „Breaking Bad“ Momente. Zusätzlicvh gelingt es den Autoren tatsächlich, einen ganz großen Bogen zu spannen und dennoch genug Fragen für eine vierte Staffel offen zu lassen, beziehungsweise neu zu kreieren. Aber das sollte jeder selbst sehen.
Auch die dritte Staffel der von BBC America produzierten Sci-Fi-Thriller-Serie „Orphan Black“ liefert außergewöhnliche Serienunterhaltung. Dabei ist und bleibt das Thema Gentechnik und menschliches Klonen hochaktuell und ist packend in eine vertrackte und fesselnde Handlung eingebunden. Großartig.
Serien-Wertung (9 / 10)
Orphan Black – ein Klon ist niemals allein – Staffel 3
OT: Orphan Black Season 3
Genre: Serie, Thriller, Sci-Fi, Mystery
Länge: ca. 450 Minuten, 10 Folgen
Idee: Graeme Mansion, John Fawcett,
Regie: John Fawcett, T.J. Scott, et al.
Darsteller: Tatiana Maslany, Dylan Bruce, Jordan Gavaris, Ari Millen
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Polyband
DVD- & BD-VÖ: 18.03.2016
PS: Die Zwischentitel sind Songtitel der Band Gossip um Beth Ditto, das schien mir gerade passend.