Sword of God – Der letzte Kreuzzug

Der Kinobetrieb in Deutschland läuft langsam und mit Auflagen wieder an; und doch ist vieles anders als vor der Corona-Pandemie. Ob die Kinos eures Vertrauens tatsächlich wieder bespielt werden, und ob die Filme auch bundesweit zum offiziellen Veröffentlichungstermin starten, lässt sich momentan nicht gewiss sagen. Mit dem brutalen polnischen Historiendrama „Sword of God“ bringt Drop-out Cinema eine eindrucksvolle und visuell berauschende Reise zu den Urspüngen unserer Kultur und des Glauben. So verstanden steht der hochgelobte Regisseur Bartosz Konopka ganz in der Tradition polnischen Kinos, aber die Wucht von „Der letzte Kreuzzug“ lässt durchaus Bezüge zum Horrorgenre aufblitzen.

Es gibt Filme, bei denen bringt die Nacherzählung der Handlung einen nicht weiter und vermittelt zukünftigen Zuschauer:innen nur höchst unzureichend, worum es überhaupt geht. Viel eher geht es um Sinneseindrücke, die Atmosphäre und das emotionale Nacherleben der Figuren. Der amerikanische Regisseur Terrence Malick („Song To Song“, „The New World“) versucht so etwas häufig in seinen Filmen, ebenso der russische Filmmacher Alexey German in „Es ist schwer ein Gott zu sein“ (2013) und nicht zuletzt der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn in seinem archaischen Epos „Walhalla Rising“ (2010).

In „Sword of God – der letzte Kreuzzug“ ist diese absurd intensive Farbigkeit der erste Eindruck, den Zuschauer:innen bekommen. Die Perspektive ist die des Ritters, der gerade in einem Boot erwacht, das auf ein Ufer zutreibt. Verwirrung, ein toter Kamerad, Entkräftung, Überlebensinstinkt. Erst nachdem der Ritter aus dem Boot an Land schwimmt und dort erschöpft zusammenbricht, weitet sich die Kameraperspektive und zeigt mehr von dem Gestade.

„Lass ihn sprechen, deinen Propheten.“

Ein anderer Mann erscheint, nimmt sich des ersten an und später zeigt sich, dass beide in Beziehung zueinander und zu den Bewohnern dieser Region stehen. Beide Männer würden nämlich entsandt, um die Heiden zu missionieren. Der Neuankömmling, der ältere Ritter namens Willibrord (Krzysztof Pieczynski), hat zudem die Mission den jüngeren, schweigsamen Namenlosen (Karol Bernacki) zu finden.

Zusammen machen sich die beiden Männer auf den Weg ins Landesinnere und treffen dort auf einen heidnischen Stamm. Willibrord stellt seinen überlegenen Glauben mit archaischer Macht zur Schau, indem er den heidnischen Schamanen zur Feuerprobe herausfordert. Anders der Namenlose: Statt gewaltsam zu missionieren, näht er sich den Mund zu und versucht, Teil der heidnischen Gemeinschaft zu werden. Es entspinnt sich ein Kampf um die Seelen, um Glauben und Macht.

Regisseur Bartosz Konopka und seinem Kameramann Jacek Podgórski ist ein erstaunlich intensiver Film gelungen. Die vom Verlieh zitierten Ähnlichkeiten mit „Walhalla Rising“ liegen in der archaischen Brutalität der Ereignisse, die durchaus als Horror-Elemente verstanden werden können und so eine weitere Betrachtungsebene eröffnen. In „Sword of God“ aber ist die Gewalt und die furchteinflößende Stimmung immanent um die ursprünglichen und existentiellen Themen sichtbar und erlebbar zu machen. Das führt zu einer erstaunlich intensiven Filmerfahrung, die zwar rustikal rüberkommt, aber nach höheren Erkenntnissen strebt.

„Ich bin nichts.“

Das heidnische Ritual etwa, bei dem sich die Stammesmitglieder in Ekstase tanzen und rufen, während sie mit Schlamm und Blut ihre Gesichter maskieren, ist so aufwühlend und so bildgewaltig in Szene gesetzt, dass die Grenze zwischen Horror und Faszination verschwimmt und sich auch die Distanz des Publikums aufzulösen scheint. Die Ereignisse und Konflikte sind furchterregend genug und zeigen einen ernüchternden Zustand der Welt. Dabei braucht man in „Der letzte Kreuzzug“ gar nicht unbedingt nach Symbolen, Metaphern und Parabeln zu suchen. Der Film wirkt auch auf emotionaler Ebene sehr eindringlich, wenn man sich auf den archaischen Minimalismus einlässt.

Per Aspera ad Astra mit der Brechstange: Der polnische Historienstreifen „Sword of God – Der letzte Kreuzzug“ schmeißt seine Protagonisten und damit seine Zuschauer:innen brachial in den Dreck, um sie zu höherer Erkenntnis zu zwingen. Das ist ebenso wuchtig wie eindrucksvoll und keine Bildwelt, die sich leicht abtun ließe. „Krew Boga“ gehört definitiv auf die große Leinwand.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Sword of God – Der letzte Kreuzzug
OT: „Krew Boga“, internationaler Titel: „The Mute“
Genre: Drama, Historisches,
Länge: 104 Minuten, PL, 2018
Regie: Bartosz Konopka
Darsteller: Krzysztof Pieczynski, Wiktoria Gorodecka, Jan Bijvoet, Karol Bernacki,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Drop-out Cinema
Kinostart & VoD-VÖ: 23.07.2020

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