Silver Linings: Fixe Ideen, unerfüllbare Hoffnungen und große Überraschungen

Es ist schon eigenartig, im Alter von Mitte Dreißig wieder bei den Eltern einziehen zu müssen. Besser, als weiter in der Psychiatrie zu sitzen, scheint es aber allemal zu sein. Die Dramödie „Silver Linings“ zeigt den langen Weg zurück in die Alltagsnormalität und was passiert, wenn man dann noch über eine außergewöhnliche Liebe stolpert. Aber der Reihe nach.

Pat Solitanos Mutter Dolores (Jackie Weaver) findet, es reicht! Pat (Bradley Cooper) hat seine acht Monate in der Psychiatrie abgesessen und nun holt sie den Sohnemann nach Hause, auch gegen die ausdrücklichen Vorbehalte der Ärzte.

Auch Pats Vater Pat Senior (Robert DeNiro) ist mit der Entscheidung seiner Frau noch nicht so ganz glücklich, aber was hilft‘s. Und Sohn Pat sorgt auch gleich für einigen Wirbel: Er leidet unter einer bipolaren Störung und ist, was man gemeinhin manisch depressiv nennt. Vor seinem Krankenhausaufenthalt war er verheiratet und hat als Lehrer gearbeitet, aber spätestens nachdem er den Geliebten seiner Frau verprügelt hat, als er die beiden in flagranti erwischte, ist die Beziehung hin.

Pat interessiert das nicht weiter und er arbeitet an sich und daran, seine Frau zurückzugewinnen – und das mit manischem Eifer. Daran kann auch der Psychiater Doktor Patel (Anupam Kher) nicht viel tun. Dann lernt Pat eines Abends Tiffany (Jennifer Lawrence) kennen, die er für noch durchgeknallter hält als sich selbst. Weil sie mit ihrer direkten Art häufig aneckt und außerdem glaubt, sie sei Mitschuldig am Unfalltod ihres Mannes.

Als Tiffany allerdings eher beiläufig erwähnt, sie könne Pat helfen, Kontakt zu seiner Ex aufzunehmen, wird die junge Frau deutlich interessanter. Ihre Bedingung ist aber, dass er mit ihr an einem Tanzwettbewerb teilnimmt, ihr fehlt nämlich der Partner. Und während der abergläubische Pat Senior überzeugt ist, dass sein Sohn ihm die Football-Wetten versaut, trainiert dieser eifrig, aber ohne jedes Rhythmusgefühl das Tanzen.

Man könnte „Silver Linings“ auf eine Liebesgeschichte reduzieren, auf ein komödiantisches Familiendrama, auf eine typisch amerikanische Football-Besessenheit oder aber auf die psychischen Leiden des jungen Pat und alle Filme wären mit dieser Besetzung sehenswert ausgefallen. Doch Regisseur und Drehbuchautor David O. Russell gelingt das Kunststück die Romanvorlage von Matthew Quick zu einem funktionierenden Ganzen zu verschmelzen, das einen nach wenigen Minuten mit herzerwärmendem Humor gepackt hält und über Filmeslänge nicht mehr loslässt.

Russell hat sich mit seinen bisherigen Filmen („Three Kings“, „I Heart Huckabees“, „Flirting With Desaster“, „The Fighter“) selten auf ein Genre festlegen lassen und überrascht auch mit „Silver Linings“ wieder. Allen Filmen gemein ist allerdings ein grandioses Gespür für funktionierende und außerordentliche Geschichten, die an sich schon das Potential haben gleichzeitig anzurühren, Tiefgang zu vermitteln und immer auch eine Prise Humor beinhalten.

Die Geschichte des Pat Solitano, der mit einem gehörigen Maß an Unberechenbarkeit von Bradley Cooper verkörpert wird ist nicht nur wegen der tollen Besetzung sehenswert, sondern auch, weil sie ebenso realistisch wie hoffnungsvoll das Innenleben der Figuren nach außen kehrt. Jennifer Lawrence („Die Tribute von Panem“) ist Cooper ein mehr als würdiger Gegenpart mit grandios losem Mundwerk.

Zudem macht es Spaß, Robert DeNiro endlich einmal wieder in einer Rolle zu sehen, die über einen kurzen Gastauftritt hinausreicht. Doch auch die Geschichte selbst kann mit ihrem Wendungen und Überraschungen immer wieder für Erstaunen sorgen. Darauf allerdings weiter einzugehen, hieße viel von der Filmfreude vorwegzunehmen.

Im Original heißt der Film „Silver Lining Playbook“. Auf die Nennung des Playbook, welches im American Football das Buch der Spielzüge einer Mannschaft bezeichnet, also das Allerheiligste, hat man in der deutschen Fassung verzichtet, so bleiben die „Silberstreifen“, die „Silver Linings“ die man konsequenter Weise auch hätte übersetzen können. Aber das nur am Rande, denn es schmälert den Filmgenuss nicht.

Mit der Dramödie „Silver Linings“ beweist Regisseur David O. Russell erneut seine Versiertheit und ein tolles Gespür für originelle Geschichten und großartige Besetzungen. Die Mischung aus Romantik, Witz, Familiendrama und ganz alltäglichem Wahnsinn hat sich völlig zu Recht etliche Nominierungen bei den Golden Globes und Oscars abgeholt und Jennifer Lawrence ihren verdienten Oscar beschert.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Silver Linings
OT: Silver Linings Playbook
Genre: Drama, Romanze, Komödie
Länge: 122 Minuten, USA, 2012
Regie: David O. Russell
Darsteller: Jennifer Lawrence, Bradley Cooper, Jackie Weaver, Robert DeNiro,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Senator Home Entertainment (Vertrieb über Leonine)
Kinostart: 03.01.2013
DVD- & BD-VÖ: 31.05.2013