Monos – Zwischen Himmel und Hölle

Es scheint, als laufe der Kinobetrieb in Deutschland langsam wieder an; und doch ist vieles anders als vor der Corona-Pandemie. Ob die Kinos eures Vertrauens tatsächlich wieder bespielt werden, hängt von den jeweiligen Landesverordnungen ab. Das südamerikanische Thriller-Drama „Monos“ startet nun offiziell ab dem 4. Juni 2020 in unsere Kinos. In den mit Preisen überhäuften Film entwirft Regisseur Alejandro Landres eine düster hypnotische Vision einer rauen kämpferischen Gesellschaft.

Irgendwo in den südamerikanischen Bergen hält eine Gruppe Jugendlicher eine amerikanische Geisel gefangen. Die Gruppe wird von ihrer Dach-Organisation „Monos“ genannt und bekommt in regelmäßigen Abständen Besuch von einem Boten. Der Kleingewachsene Mann ist ebenso Verbindung zur Außenwelt wie Ausbilder und nun bringt er den Monos einen neuen Rekruten, die Milchkuh Shakira, mit der Aufgabe das Tier ebenso zu verteidigen wie die Geisel, die Doctora (Julianne Nicholson).

Doch im Übermut einer durchfeierten Nacht tötet ein Querschläger die Kuh Shakira und das fragile Konstrukt der Gruppe zerbricht. Dabei bestehen die Monos nur aus acht Leuten, Anführer Lobo, dessen Partnerin Lady, Perro, Bigfoot, Schlumpf, Boom –Boom, Schwedin und Rambo. Doch Lobo nimmt seine Verantwortung zu persönlich, Bigfoot (Moises Arias) wird von der Organisation zum neuen Anführer bestimmt und nachdem das Versteck der Monos angegriffen wurde, schlägt sich die Gruppe in den Urwald.

Ein neuer Rekrut

In „Monos –Zwischen Himmel und Hölle“ wird nichts erklärt und Zuschauer finden auch keine feste Orientierung. Wie ein dunkler Rausch, ein Alptraum inszeniert Regisseur Alejandro Landres in seinem dritten Film eine Gruppe Jugendlicher, die auf sich selbst gestellt sind. Gedrillt und doch ohne jeden Überblick, wird der Kampf zum Selbstzweck und auch zum eigenen Überlebenskampf. Dabei benimmt sich die Gruppe zunehmend archaischer, je isolierter sie ist. Gegen die Hackordnung und gegen die immer absurder werdende Mission, die Geisel zu bewachen scheint kein Kraut gewachsen zu sein. Einzig Rambo (Sofia Buenaventura) versucht, die Rebellion, artikuliert durch Taten die Sinnfrage und stellt damit die Legitimation infrage; – nicht nur des Anführers Bigfoot.

Als Zuschauer ist man versucht, Vergleiche zu ziehen; diese filmische Präsentation als Allegorie, als Symbol, als Parabel zu verstehen. Dabei tauchen unausweichlich auch andere große Entwürfe aus Literatur und Film auf wie etwa William Goldings „Herr Der Fliegen“ oder Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“, ebenso wie die literarische Vorlage Joseph Conrads „Das Herz der Finsternis“. Sicher kommen ähnliche Situationen und Szenen auch in Monos vor, doch diese verrohte Gruppe Jugendlicher hat auch etwas von der naiven, gehirngewaschenen Brutalität afrikanischer Kindersoldaten.

Vieles in „Monos“ wirkt auf anderer Ebene auch zu abstrakt, zu irreal und geografisch weit entfernt, um wirklich sich emotional auf diese Kids einzulassen. Darin hat etwa das Schweizer Drama „Chrieg“ (2014), in dem das karge Bergleben zu Resozialisierungszwecken instrumentalisiert wird, Landres Schreckensvision etwas voraus. Doch auch so wird klar, dass es „Monos“ um die gewaltgebeutelte Situation vieler Länder Südamerikas, Kolumbiens im Speziellen, zu tun ist. Bandenkriege, Guerilla-Bewegungen, Drogen, Korruption und Gewalt gehören zur Tagesordnung. Blinder Kadavergehorsam ist angesehener als Weitsicht.

Eine neue Mission

Eine große, wenn nicht sogar die eigentliche Errungenschaft von „Monos“ liegt aber nicht unbedingt in der Figurenkonstellation, sondern in seiner poetisch-düsteren Bilderwelt. Derart epische, an Originalschauplätzen gefilmte Naturaufnahmen, derart offene, ja nackte, Gestalten wie sie Kameramann Jasper Wolf vorführt, hat man vielleicht zuletzt von Emanuel Lubetzki in „The Revenant“ gesehen. Und dennoch sind die Aufnahmen so atemberaubend wie einzigartig.

Wie sehr Bilder und ihre Stimmung aber auch vom Gehör abhängig sind beweist der kongeniale, elektronisch düstere Score von Komponistin und Musikerin Mica Levi alias Micachu, die bereits einige andere Soundtracks komponiert hat („Under The Skin“, „Jackie“). Selten kam eine Tonspur so derart bedrohlich und subtil und gleichzeitig mit solch unausweichlicher Wucht daher wie in „Monos“. Selbst wenn es keine Dialoge gäbe, würden Zuschauer verstehen, was dieses Filmische Monument aussagen will.

Monos –Zwischen Himmel und Hölle“ ist fordernde, aber lobhnende Kino-Kost. Das allegorische Drama über einen sozialen Dschungel ist emotional packend und furios in Bilder gekleidet. Unbedingt auf der großen Leinwand erleben.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Monos – Zwischen Himmel und Hölle
OT: Monos
Genre: Drama, Thriller,
Länge: 102 Minuten, CO, 2019,
Regie: Alejandro Landres
Darsteller: Sofia Buenaventura, Julianne Nicholson, Moises Arias,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: DCM
Kinostart: 04.06.2020