Mit dem dritten bei Panini Comics erscheinenden Sammelband der hochgelobten DC-Rebirth-Comic-Serie „Wonder Woman“ beendet Starautor Greg Rucka seine Neudefinition der dienstältesten Superheldin der Welt. Über eine Strecke von 25 US-Einzelausgaben hatte Rucka die Amazonenprinzessin Diana vor verwirrende Identitätsprobleme gestellt. Jetzt folgt der Schlussakkord einer beachtlichen Geschichte.
Sorry Leute, ich möchte hier wirklich niemanden abschrecken, aber ausgerechnet mit dem dritten Band der neuen „Wonder Woman“-Serie einzusteigen, ist mehr als nur schlechtes Timing. Autor Greg Rucka hat mit den drei schon veröffentlichten Bänden „1 – Die Lügen“, „2 – Zwischen Lüge und Wahrheit“ und mit „Das erste Jahr“ das in den USA ganz normal im Rahmen der Serienveröffentlichung auf den Markt kam, eine psychologisch ausgefeilte Geschichte erzählt, in der die Heldin auf der Suche nach ihrer Identität ist. Ohne Vorkenntnisse werdet ihr mit dem vorliegenden Band also nicht glücklich.
Während Diana Prince immer noch in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt in London verharrt, wo die Pfleger und Ärzte sich über ihren Wahn wundern, sie sei Wonder Woman, machen sich Dianas Freunde ziemliche Sorgen um die Amazonenprinzessin. Steve Trevor und Co sind derweil einer Organisation namens Godwatch auf der Spur. Godwatch ist das Projekt der Empire-Industries-Chefin Dr. Anderson, deren Tochter von den Söhnen des Gottes Ares gekidnappt wurde. Anderson und ihre virtuell gewordene Wissenschaftlerin Dr. Cyber geben Wonder Woman die Schuld dafür und versuchen Diana zu schaden. Nicht nur, dass Empire Industries Dianas Freundin Barbara Ann wieder zu Cheetah werden lässt, auch auf den noch immer nicht gefundenen Zugang zur Paradiesinsel Themiscyra hat es die Konzernchefin abgesehen.
Für Superhelden-Fans ist in diesen Anfangswochen des Jahres 2018 ziemlich häufig Verabschiedung angesagt. Allein auf diesen Seiten werden die abschließenden Kapitel von Jeff Lemires „Moon Knight“-Strecke, Greg Ruckas „Wonder Woman“, Denis Hopeless „Spider-Woman“, David Walkers „Power Man & Iron Fist“ und Jason Aarons „Doctor Strange“-Run vorgestellt. Bei allen fällt der Abschied schwer, auch wenn der geneigte Rezensent weiß, dass damit nicht notwendigerweise auch die Serien beendet werden.
Im Fall von „Wonder Woman“ dürfen sich Fans demnächst auf eine 5 US-Ausgaben umfassende Geschichte aus der Feder von Shea Fontana freuen, die bei Panini Comics als „Wonder Woman (2016) 4“ erscheinen wird, bevor Autor James Robinson die “Wonder Woman“-Serie übernehmen wird. Aber zurück zu „Die Wahrheit“:
Autor Greg Rucka hatte schon immer ein Händchen für weibliche Helden und die durchaus komplexe und anspielungsreiche Geschichte von „Wonder Womans“ Wiedergeburt („Rebirth“) wird auf hohem erzählerischen Niveau zu Ende gebracht. Das hat durchaus Parallelen zu Lemires „Moon Knight“, der ja in der entsprechenden Strecke auch Psychiatrie-Patient war, ist aber in sich deutlich stimmiger und flüssiger als Lemires Psycho-Spiele. Außerdem kommt diese modernere Neuinterpretation der dienstältesten Superheldin der Version näher, die in dem Leinwanderfolg „Wonder Woman“ zu sehen ist und sorgt so dafür, die Superheldenfigur angemessen weiter zu erzählen.
Das Artwork in den 7 US-Ausgaben des Sammelbandes „Die Wahrheit“ teilen sich Liam Sharp, der mit seinem von Don Lawrence beeinflussten Stil für ikonische Fantasy-Gemälde sorgt und Bilquis Evely, deren Figuren etwas cartoonesk wirken, aber deren Action auch weniger statisch wirkt und mit mehr Dynamik die Amazonenwelt rockt. Die Farbgebung von Laura Martin und Co. sorgt dann für eine stilistische Kontinuität in der Serie, die wirklich gelungen ist. In Sachen Seitengestaltung und Panelling sind hier mit Evely und Sharp zwei Meister am Werk, was nicht nur den Abschluss dieses Storybogens zu einem tollen Comic macht, das sich vom Mainstream abhebt und auch locker als niveauvolle Graphic Novel durchgehen würde.
Mit dem dritten Band der „Wonder Woman“-Serie im Rahmen des DC-Comics-Relaunchs unter dem Banner der Wiedergeburt („Rebirth“) endet eine epische Geschichte, die sicher Eingang in den „Wonder Woman“ Olymp finden wird. Tolles Artwork und eine ebenso intelligente wie spannende Geschichte sorgen für ein absolut empfehlenswertes Lesevergnügen.
Comic-Wertung: (9 / 10)
Wonder Woman 3: Die Wahrheit
OT: Wonder Woman (2016) 15, 17, 19, 21, 23-25
Genre: Comic, Superhelden,
Autor: Greg Rucka
Zeichner: Liam Sharp, Bilquis Evely
Farben: Laura Martin
Übersetzung: Ralph Kruhm
Verlag: Panini Comics, Softcover, 172 Seiten
VÖ: 09.01.2018