Im Rennen mit dem großen Konkurrenten auf dem amerikanischen Superhelden-Comic-Markt hat Marvel Comics momentan nicht nur auf der Leinwand die Nase vorne. Die Verantwortlichen nehmen das Motto der nach den „Secret Wars“ eingeleiteten „All New, All Different“-Ära scheinbar ziemlich wörtlich und schicken eine schwangere Superheldin ins Rennen um die Lesergunst. Während man sich in Villabajo noch wundert, wo denn da die Zielgruppe sein soll, hat man in Villariba schon Spaß bei der Lektüre. Sorry für den Kalauer mit dem Fairy Ultra Werbedörfern, ist echt Neunziger.
Jessica Drew alias Spider-Woman ist bei den Avengers ausgestiegen und will ihren Lebensunterhalt wieder als Privatdetektivin bestreiten. Unterstützt wird sie dabei von den Journalisten Ben Urich, bekannt auch aus seligen Daredevil-Zeiten, und dem Ex-Schurken Porcupine. Aber diese Entscheidung traf Spider-Woman schon vor den Secret Wars, am Ende der ebenfalls von Dennis Hopeless Hallum geschriebenen fünften Solo-Serie. Jetzt, acht Monate später, sieht die Welt ganz anders aus und auch Jessica Drew hat andere Sorgen, sie ist nämlich hochschwanger. Ihre Freundin Carol Denvers aka Captain Marvel empfiehlt ihr zur Untersuchung in ein intergalaktisches Hospital zu gehen, weil da die ärztliche Versorgung besser sei.
Gerade als Jessica sich dazu durchgerungen hat und auf die Untersuchung wartet, wird das Hospital von Skrulls gekapert, die den gesamten Krankenhaus-Komplex als Geisel nehmen, weil sie einen jugendlichen Skrull-Prinzen suchen. Und nun fängt der Ärger für Jessica erst richtig an, denn das Hospital liegt in einem Schwarzen Loch. Bis Hilfe anrückt, dauert es noch ein wenig. Zeit also, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen – Schwangerschaft hin oder her. Wenn frau schon nicht auf Schwangeren-Solidarität bauen kann, worauf denn dann?
Spider-Woman wurde bereits 1978 bei Marvel-Comics eingeführt und die Powerfrau hatte schnell eine eigene Soloserie. Jessica Drew war – wenn man so will – die ursprüngliche Spider-Woman und nach diversen anderen Charakteren kehrte Jessica 2009 zu diesem Superhelden-Alias zurück.
Zugegeben, ich war höchst skeptisch, ob der Kniff mit einer schwangeren Superheldin funktioniert, aber Dennis Hopeless („Cabel & X-Force“), der die Spider-Woman-Solo-Serie schon vor den „Secret Wars“ geschrieben hat, rockt das Baby souverän und mit viel weiblichem Witz. Wie schon bei den „New Avengers“ geht es zum Auftakt des neuen Erzählzyklus kosmisch zu. Die Skrull geben einfach wunderbare Bösewichte ab, auch wenn es sich bei denen in „Geburt mit Hindernissen“ nicht gerade um Intelligenzbestien handelt.
Die Story flutscht also und auch das Artwork weiß zu unterhalten und zu gefallen. Javier Rodriguez („Daredevil: Megaband 1“) hat einen leicht cartoonesken Stil und sichtlich Freude daran, die intergalaktischen Patienten in Szene zu setzen. Das erinnert auch schon mal an die legendäre Flughalle des Blockbusters „Men in Black“ und an seltsamen Kreaturen ist im ersten Sammelband von Spider-Woman (2016) wahrlich kein Mangel. Darüber hinaus sind die Seiten extrem variabel gehalten und je nach Erzählsituation gibt es panelsprengende Action oder auch schon mal nette Details, die ihren eigenen kleinen Bilderrahmen bekommen. Das hat viel Dynamik und macht jede Menge Spaß. Dazu trägt selbstredend auch die Farbgebung bei, die sehr atmosphärisch ist und neben Javier Rodriguez von Rachel Rosenberg ausgeführt wurde.
Der Auftakt der neuen „Spider-Woman“-Soloserie ist alles andere als eine schwere Geburt. Im Gegenteil, dieses Baby muss man einfach liebhaben.
Comic-Wertung: (8 / 10)
Spider-Women 1: Geburt mit Hindernissen
OT: Spider-Woman (2015) 1-5, Amazing Spider-Man 1 (IV), Marvel Comics,
Genre: Comic, Superhelden
Autor: Dennis Hopeless
Zeichner: Javier Rodriguez
Übersetzung: Gerlinde Althoff
Verlag: Panini Comics, softcover, 124 Seiten
VÖ: 06.09.2016
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