Der Ring des Drachen: Märchenhaftes aus Italien in Neuauflage

ring-des-drachen-desideria-szenenfoto-5-vorschauFür erwachsene Fantasy-Fans ist die HBO-Serie „Game of Thrones“ seit Jahren das Nonplusultra, aber es gab auch vorher schon extrem erfolgreiche Fantasy-Serien, so wie etwa die italienische Produktion „Prinzessin Fantaghiro“, die in den Neunzigern über die Bildschirme flimmerte. Seinerzeit schicke Regisseur Lamberto Bava nach diversen Monsterfilmen eine emanzipierte Prinzessin in das Rennen um die jugendliche Zuschauergunst und hatte damit großen Erfolg. Was lag also näher, als die Fantasy-Märchenwelle weiterzureiten? 1994 erschien dann die ebenso bildgewaltige TV-Fantasy-Saga „Der Ring des Drachen“, der jetzt ebenso wie „Prinzessin Fantaghiro“ bei Studio 100 wieder aufgelegt wurde. Also auf ins Reich des Drachenkönigs.

Bei rund 180 Filmminuten, die bei der damaligen deutschen TV-Ausstrahlung auf Sat 1 auf zwei Neunzigminüter verteilt wurde, hat man als Regisseur schon mal Gelegenheit sich erzählerisch  auszubreiten. In den ersten rund 30 Minuten wird das Setting dieses Märchens aufgebaut, bevor dann die Geschicke der jugendlichen Prinzessinnen die eigentliche Haupthandlung ausmachen und die Thronfolge des Drachenkönigs bestimmt wird.

Mit  Hilfe eines magischen Rings hat der Drachenkönig (Franco Nero) in vielen Schlachten ein riesiges Reich zusammenerobert. Einer der besiegten Könige hat einen Sohn, den er nach der Niederlage in der Schlacht zur Flucht rät und der Jahre später als rebellischer Prinz Victor (Joel Beeson) wieder um das Königreich seines Vaters kämpft.

ring-des-drachen-desideria-szenenfoto-4Doch zunächst findet der heimkehrende Drachenkönig im verschneiten Wald einen ausgesetzten weiblichen Säugling und nimmt das Mädchen bei sich auf.  Salvaggia (Sophie von Kessel) wächst neben der eigentlichen Tochter des Drachenkönigs, Desideria (Ana Falchi),  auf und lässt während der gemeinsamen Kindheit  kaum eine Gelegenheit aus, die Schwester in ein schlechtes Licht zu rücken.

Als die beiden zu jungen Schönheiten heranwachsen, wird Prinz Victor gefangen genommen. Doch Desideria hat Mitleid und verhilft dem Prinzen zur Flucht. Der verliebt sich ebenso in die schöne Unbekannte, die er nur an der Stimme erkennen kann wie sich Desideria in den edelmütigen Prinzen verguckt. Doch die Prinzessin hat sich nun mit ihrem Vater überworfen und als der ein Turnier aller Prinzen seines Reiches ansetzt, um einen Gatten für seine Tochter zu finden, flieht Desideria aus dem Palast.

ring-des-drachen-desideria-szenenfoto-3Der König disponiert kurzentschlossen um und verspricht dem Turniersieger nun seine andere Tochter Salvaggia. Das kommt dieser ganz gelegen, denn von ihrem verzauberten Volk wurde sie einst ausgesetzt, um den Drachenring zu ergattern und den Fluch rückgängig zu machen, damit aus den Wölfen wieder Menschen werden. Desideria trifft derweil zufällig auf Prinz Victor, der sich ebenfalls Hoffnungen auf den mächtigen Drachenring macht, doch Salvaggia belegt Victor mit einem Liebeszauber und auf einmal will er von der angebeteten Desideria nichts mehr wissen.

Regisseur Lamberto Bava und sein Drehbuchautor Gianni Romoli setzten bei ihrem märchenhaften Fantasy-Epos, dass sich vor allem an eine junge weibliche Zielgruppe richtet auf die bewährte Erfolgsformel, die schon „Prinzessin Fantaghiro“ ausgezeichnet hat. Es gibt sprechende Puppen, Zauberei und einen schönen Prinzen, der seine Auserwählte nicht zu Gesicht bekommen hat und auch noch verzaubert wird. Dazu gleich mehr. Zunächst aber: Das Konzept geht auf und auch zwanzig Jahre nach seiner Entstehung und trotz des 4:3 TV-Formats ist  „Der Ring des Drachen“ noch sehr unterhaltsam ausgefallen.

ring-des-drachen-desideria-szenenfoto-7Vor allem die aufwändigen Kostüme und die gut ausgesuchten Settings wissen zu gefallen. Neben den beiden anmutigen Prinzessinnen, die von Anna Falchi und Sophie von Kessel genregerecht und mit etwas märchenhaft überzogener Naivität gespielt werden, läuft eine ganze Riege von Charakterdarstellern auf, um „Der Ring des Drachen“ zu einem großen Spaß zu machen. Allen voran „Django“-Darsteller Franco Nero, der mit eigenwilliger Langhaar-Perücke und theatralischem Blick manchmal auch ein bisschen lustig wirkt. Daneben sind es die beiden deutschen Schauspielerinnen Ute Christensen als Königin, die in den 1970ern aus der DDR flüchtete und neben einer Theaterkarriere auch in der TV-Serie „Pan Tau“ mitspielte und Billie Zöckler, die vor allem durch die  Satire „Im Himmel ist die Hölle los“ und in der Serie „Kir Royal“ bekannt wurde. Zwar haben diese Darsteller ihren Karrierezenit zu Drehzeiten von „Der Ring des Drachen“ schon hinter sich, aber das ändert nichts an den kleinen aber feinen Schauspielerleistungen.

Während der Amerikaner Joel Beeson als Prinz Viktor rollenbedingt wenig mehr Funktion hat als den Posterboy abzugeben, wird der kämpferische Prinz Lisandro immerhin vom tschechischen Darsteller Karel Roden gemimt, der als Filmbösewicht anschließend eine beachtliche Karriere hinlegte und es sogar bis zu Hollywood-Ruhm brachte („15 Minuten Ruhm“, „Hellboy“, Die Bourne-Verschwörung“).

ring-des-drachen-desideria-szenenfoto-5Auch die Effekte sind für eine TV-Produktion schon recht sehenswert ausgefallen. Vergleicht man das etwa mit Lamberto Bavas vier Jahre später gedrehtem Fantasy-Märchen „Die falsche Prinzessin“, so ist „Der Ring des Drachen“ aufwändiger produziert und die Effekte wirken atmosphärischer. Die sprechenden Puppen und vor allem Desiderias sprechende Flickenpuppe Sorriso, die selbstredend auch zaubern kann, sind recht liebevoll zum Leben erweckt. Das kann man von den sprechenden Tieren nicht unbedingt behaupten: diese wirken zum Teil wie bei dem Marionettentheather der Augsburger Puppenkiste. Aber  ich erinnere an dieser Stelle nur mal an die Werwölfe in der ach so erfolgreichen  „Twilight“-Saga, die alles andere als überzeugend waren. Und der Drache, der kurz mal ins Bild dacket (ja, dackelt) ist auch nicht alberner als in Fritz Langs „Die Niebelungen“ von 1924.

ring-des-drachen-desideria-szenenfoto-6Früher, als Fantasy noch Märchen hieß und es auf innere Logik noch nicht so ankam, konnte man ein riesiges Reich, das von Küste bis Gebirge, von Wüste und Schnee alles umfasst im Film einfach so behaupten, ohne sich lange um geographischen und klimatischen Übergänge zu kümmern, darin ist „Der Ring des Drachen“ ein bisschen so wie heute in Disneys „Zootopia“, wo immerhin die Technik hinter der Stadt, die Klimazonen steuert. Bei Lamberto Bavas romantischer Fantasy-Saga reitet Desideria aber einfach so innerhalb weniger Stunden  (und immer mit derselben wetteruntauglichen Kleidung) durch verschneite Wälder um kurz darauf in der Wüste an einer Oase rast zu machen.

„Der Ring des Drachen“ von Regisseur Lamberto Brava, dem Macher der „Prinzessin Fantaghiro“-Serie, ist ein romantisches TV-Fantasy-Kleinod, das wenig von seinem – gelegentlich kitschigen –Charme eingebüßt hat. Während die Schauwerte durchaus auch für ein jüngeres Publikum geeignet sind, spricht die Liebesgeschichte wohl vor allem Teenager  an und all jene, die gelegentlichen Ausflügen in jugendliche Schwärmereien nicht abgeneigt sind. Ein veritables Vergnügen.

Film-Wertung:6 out of 10 stars (6 / 10)

dvd-cover-der-ring-des-drachenDer Ring des Drachen
OT: Desideria e l’anello del drago
Genre: Fantasy, Märchen
Länge: ca. 183 Min., Italien, 1994
Regie: Lamberto Bava
Darsteller: Anna Falchi, Sophie von Kessel, Franco Nero, Ute Christensen
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Studio 100, Universum
DVD-VÖ: 07.10.2016