Alle Geschichten sind ein Spektakel für sich in diesem „Batman“-Sammelband, den Panini Comics nun auf Deutsch veröffentlicht. Autor Brian Azzarello und Zeichner Eduardo Risso sind eine Klasse für sich, wenn es daran geht, düstere Krimis und Thriller zu erzählen. Die Titelgeschichte „Kaputte Stadt“ ist „Crime Noir“ in Vollendung. Da kommt es kaum noch auf die anderen Stories des Sammelbandes an, die ebenfalls stark sind.
Zum Auftakt gibt es eine kurze Episode aus dem düsteren Alltag des Dunklen Ritters. In „Batman: Black and White“ hat es er Mitternachtsdetektiv mit einem Ort des Verbrechens zu tun, an dem die Dinge eskaliert sind. Fast schon cineastisch sparsam sind der Einsatz von Sprechblasen und Close-Ups bis sich aus den Details ein Gesamtbild ergibt. Das ist stark erzählt und imposant mit toller Verwendung von flächigem Schatten illustriert. Ein wenig ähnelt das Artwork von Eduardo Risso in dieser Hinsicht auch dem von „Hellboy“-Macher Mike Mignola (siehe auch „Batman Collection: Mike Mignola“). Zum Warmgucken ist „Black and White“ der perfekte Einstieg.
Aus einem weiteren Grund ist der schwarz-weiße Auftakt des Sammelbandes so wunderbar: Anschließend weiß die Leserschaft besser zu würdigen, welchen großartigen Job die Koloristin Patricia Mulvihill in den folgenden Geschichten abliefert. Sehr atmosphärisch werden hier monochrome Hintergründe und hinreißend finstere, flächige Schatten ausgebreitet. Ich mag das sehr und freue mich über jedes Panel.
Ebenso sind die zwölf Doppelseiten der „Wednesday Comics“ ein schöner Abspann für diesen Band. Einer von Gothams Reichen wird ermordet und Batman sucht den Täter, während sich Bruce Wayne mit der attraktiven Witwe einlässt. Die Episoden sind mit vielen Auslassungen erzählt, so dass man als Leser durchaus mitdenken muss. Gerade das macht den Reiz der Story aus, die aufgemacht ist wie eine alte Zeitungsseite. Leider kommt dieses Format in der Bindung des Sammelbandes nicht so gut rüber, einiges geht in der Falz verloren. Apartes Storytelling und eine zeitlose Krimigeschichte werden von Eduardo Risso sehr atmosphärisch ungesetzt.
Die Alternativwelt-Geschichte in diesem Band ist eine Angelegenheit für sich. In „Flashpoint: Batman Knight of Vengeance“ geht nicht Bruce Wayne auf die Suche nach dem Joker, sondern sein Vater Thomas. Überhaupt ist hier einiges anders, aber an dieser Stelle zu spoilern, wäre hinterhältig. Das Artwork ist wieder einmal hinreißend düster und abgründig. Die Story hat einige derbe Überraschungen zu bieten. Krasser Stoff.
Das Herz dieses Sammelbandes bleibt jedoch die titelgebende Geschichte. In „Kaputte Stadt“ (OT: „Broken City“) geht Batman über die Distanz von sechs US-Heften auf die Suche nach einem Kleinganoven. Der Gauner Angel Lupo ist verschwunden und Batman muss ihn unbedingt finden. Dabei kommt er Killer Croc in die Quere, trifft auf Angels attraktive Freundin, muss sich mit dem durchgeknallten Scarface abplagen, der sich hinter einer sprechenden Handpuppe versteckt, und bekommt es mit Gothams neuen kriminellen Kräften zu tun: Fat Man und Little Boy, aber keiner weiß, wo Angel Lupo steckt.
In „Kaputte Stadt“ lässt der Altmeister des Hardboiled Crime sehr stark grüßen. Von der Pose über den Gossendreck und die Dunkelheit bis hin zum Ich-Erzähler, den Batman in dieser scheinbar nebensächlichen Geschichte gibt, erinnert so ziemlich alles an Raymond Chandler. Das ist eine derart gelungene Hommage, dass es mich nicht nur zu Begeisterungstürmen hinreißt, sondern ich doch glatt die Meisterwerke von Chandler aus dem Regal hole und mich wieder Philip Marlowe widme.
Der „Batman“-Sammelband „Kaputte Stadt“ ist für Fans des Crime-Comic-Dream Teams Azzarello und Risso zu empfehlen wie für Fans düsterer Thriller. Batman-Leser greifen bei diesem herausragenden Band ohnehin zu.
Comic-Wertung: (9 / 10)
Batman: Kaputte Stadt
OT: Batman 620-625, Gotham Knights 8, Wednesday Comics 1-12, Flashpoint: Batman – Knight of Vengeance 1-3, DC Comics, 2000, 2003, 2004, 2009, 2011,
Genre: Comic, Superhelden. Crime
Autor: Brian Azzarello
Zeichner: Eduardo Risso
Farben: Patricia Mulvihill
Übersetzung: Steve Kups
Verlag: Panini Comics, Softcover, 260 Seiten
VÖ: 21.05.2019