Station To Station: Erinnerung an ein Festival

Der amerikanische Multimediakünstler Doug Aitken ist hierzulande kaum bekannt. Im vergangenen Jahr hat er unter dem Titel „Station To Station“ einen Zug quer durch Amerika geschickt, der in 24 Tagen diverse Happenings und Konzerte mit einem Haufen unterschiedlicher internationaler Künstler auf die Beine stellte. Mit seiner Doku oder Installation „Station To Station“ dokumentiert er jenes Event nun in Form eines Kinofilms, der hierzulande parallel zu Aitkens erster Ausstellung in Frankfurt in die Kinos kommt.

Um es vorwegzunehmen, „Station to Station“ hält zwar das im Untertitel gegebene Versprechen hoher Geschwindigkeit, aber so richtig modern will das alternative Kunst- und Kulturspektakel dann doch nicht wirken. Auch hat der Film zwei grundlegende Mängel: Er ist zu kurz und das Momentum der Bewegung ist im Filmkonzept komplett obsolet. Und dennoch entwickelt Aitkens Film, der aus 62 einminütigen Videoclips besteht, ein kreatives Kontinuum, das seine Faszination ausübt.

Doug Aitken hat eine enorme Anzahl an Kreativen, Künstlern und Musikern für sein mobiles Festival gewinnen können. Der Zug hält auf seiner 4000 Meilen langen Reise vom Atlantik zum Pazifik ebenso in großen Städten wie mitten in der Pampa. Überall und auch auf der Fahrt selbst finden Aktionen statt; einige mit Publikum, andere ohne, viele mit Musik, die sich quer durch den Klanggarten von Songwriter-Folk zu Elektronika erstreckt. Das Personal auf dieser Reise wechselt ebenso ständig wie die Stationen. Aber das Gewusel fügt sich auf gewisse Weise zu einem stimmigen Ganzen und vermittelt Spaß am eigenen Ausdruck.

Doug Aitken und sein zweiter Kameramann Corey Walter haben viele der Events gefilmt und daraus 62 kure Filme gemacht, unabhängig von der Bekanntheit der jeweiligen Künstler. Daraus entsteht ein Kaleidoskop von Eindrücken und ein Rhythmus ähnlich den Rattern der Eisenbahnschienen. Das ist bisweilen abrupt, bisweilen belanglos, bisweilen überraschend oder die Clips fügen sich inhaltlich stimmig aneinander. Dabei gibt es zwei thematische rote Fäden: Zum einen wird Kreativität, oder das was die einzelnen Künstler dafür halten, thematisiert, zum anderen die Bewegung, die Reise als Inspiration und künstlerisches Moment. Von der Zugfahrt selbst bekommt der Zuschauer allerdings wenig mit, bis die 62 Minuten durchgespielt sind und der Zug in stimmungsvollen Bildern an der Pazifikküste entlanggondelt. Das amerkanischste aller Ziele ist erreicht, der Westen – Sehnsuchtsort und Neuanfang.

Ein wenig erinnert „Station to Station“ in seiner Machart an den großartigen Festivalfilm „All Tomorrows Parties“ und letztlich ist „Station to Station“ ja auch die legitime Zweitverwertung eines Festivals, eines Events. Und so verwundert es kaum, dass sich der kurze, aber intensive Leinwandgenuss genauso anfühlt: Irgendwo zwischen Zirkus, Alternative und Kommerz gibt es unendlich viele Nischen.

Der Film zu Doug Aitkens mobilem Kultur-Festival hat zwar Schhwächen, aber wer will, findet in der reinen Vielfalt des Dargeboten einen Haufen Inspiration und die ewige (amerikanische) Botschaft: Mach dein Ding.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Station to Station – A High Speed Modern Roadtrip
Genre: Kunst, Dokumentarfilm, Musik,
Länge: 71 Minuten, USA 2014
Regie & Konzept; Doug Aitken
Mitwirkende: Patti Smith, Beck, Thurston Moore, Jackson Brown, Thomas Demand, Urs Fischer
FSK: Ab 6 Jahren
Vertrieb: NFP
Kinostart: 16.07.2015

Station to Station Homepage
Dough Aitken Ausstellung Schirn Frankfurt