Musik als höhere Form der Kommunikation: All Tomorrow’s Parties

Und weil ich gerade mit „Station To Station“ beschäftigt war, hier noch einmal eine ausführliche Vorstellung eines der besten Festival-Filme aller Zeiten „All Tomorrow’s Parties“, von mir schon in den Top 5 der Musikfilme von 2010 kurz und knapp angerissen. Das „ATP“-Festival findet seit 1999 statt und anlässlich des 10. Jubiläums wurde diese wundervolle Doku veröffentlicht. Wer in diesem Jahr aus irgendwelchen Gründen nicht auf ein Musikfestival kommt, kann zuhause abgehen. Viel Spaß dabei.

Seit 1999 findet das alternative Musik-Festival „All Tomorrow’s Parties“ nun schon statt und hält den unkommerziellen Ansatz aufrecht: Man kommt ohne Sponsoren aus und das Programm wird jedes Jahr von einem als Kurator fungierenden Künstler oder einer Band zusammengestellt. Die Auswahl des Line-Ups unterliegt dabei ganz dem Kurator und stellt ganz unterschiedliche Acts und Musikstile nebeneinander. Doch die Doku rockt nicht nur unglaublich, sondern zeigt auch einen funktionierenden Gegenentwurf zum Mainstream und transportiert die unbändige Energie einer lebendigen Jugendkultur.

ie Fans lieben es und Pilgern jedes Jahr wieder in eine südenglische Ferienanlage, um bei dem Spektakel dabei zu sein. Und dann gibt es voll auf die Ohren. Überall Musik, auf Bühnen, in Appartments, auf dem Hof, am Strand, beim Lagerfeuer oder mitten in einer Spielhalle. Dabei entsteht der Charme des ATP ebenso durch die außerordentliche Musik wie durch das ungewohnte Ambiente. Campen muss hier keiner.

Regisseur Jonathan Caouette hat Filmmaterial aus der Festivalgeschichte gesammelt, gesichtet und editiert. Er selbst bezeichnet konsequenter Weise die ATP-Fans als die eigentlichen Regisseure. Das sagt einiges über den Geist des Festivals aus.  Das Bildmaterial wird auf spannende Weise verknüpft mit Archivmaterial über die Geschichte der Ferienanlagen an der südenglischen Küste und stellt das Festival so in die gute Tradition der guten, alten Sommerfrische – oder transzendiert sie, je nach Standpunkt.

Ellis: „Ich hab‘ aufgehört die Bad Seeds zu hören, als ich da eingestiegen bin.“ Cave: „Ich auch.“

lightning-boltZumeist in Split-Screen-Sequenzen stellt Caouette Konzertmitschnitte, Fantreiben, Interviews und skurriles Archivmaterial nebeneinander und erschafft daraus einen brodelnden intensiven Mikrokosmos, in dem es nur um eins geht: Musik, Musik, Musik. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um das weite Feld alternativer Rockmusik, doch auch Blues, Folk, Jazz und Experimentalmusik haben ihren Platz und ihre Berechtigung auf dem ATP. Der Film folgt der Dramaturgie eines Festivalwochenendes: Von der Ankunft und Vorfreude über die ersten Auftritte, Lagerfeuer, Spontansessions, durchgemachte Nächte, ausufernde Parties und einem finalen Spaziergang am Strand in der Morgendämmerung.

Dass der Film mich so anmacht, liegt selbstverständlich auch daran, dass ich die Musik mag, aber im Wesentlichen ist die frische visuelle Energie dieser Dokumentation einfach mitreißend. Die freche und unbeschwerte Art des Films hält sich nicht an gängige, erzählende Doku-Formate.

Film-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

All Tomorrow’s Parties
Genre: Dokumentation, Musik
Länge: 82 Minuten
Regie: Jonathan Caouette
Mitwirkende: Nick Cave & the Bad Seeds, Lightnig Bolt, Fuck Bottoms, Boredoms,
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Rapid Eye Movies
Kinostart: 25.02.2010
DVD VÖ: 15.04.2010

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