Fack ju Göhte: Unterricht hat angefangen!

Als „Chantal im Märchenland“ in die Kinos gekommen ist, bemerkte ich, dass die „Fack ju Göhte“-Filme bei brutstatt nur teilweise vorgestellt wurden. Das muss sich ändern! Die Filmkritik zum ersten Teil entstand inhaltlich zum Home-Entertainment-Start 2014 wurde aber aktuell getextet. Aufmacher seinerzeit war meine Ansicht, Die deutsche Komödie ist schlechter als ihr Ruf. „Fack ju Göhte“ bewies mit seinem anarchischen Ansatz einer Schulkomödie das Gegenteil. Millionen von Zuschauern hatten in den Kinos Spaß. 2014 kam der Erfolg dann fürs Home-Entertainment heraus und: Hurra, die Schule brennt immer noch.

Der Ganove Zeki Müller (Eylias M’Barek) wird aus dem Knast entlassen und will endlich die Beute seines Bankraubs einsammeln. Geht aber nicht stressfrei, weil seine Freundin, die Prostitiuierte Charlie (Jana Pallaske), die Kohle ausgerechnet auf einer Baustelle vergraben hat. Jetzt steht eine Turnhalle auf der Beute. Zekis Plan ist einfach und geradeheraus: Er bewirbt sich als Hausmeister an der Goethe Gesamtschule und buddelt sich vom Heizungskeller durch.

Beim Abgeben der Bewerbung wird Zeki von Rektorin Gudrun (Kata Rieman) verwechselt und für einen Aushilfslehrer gehalten. Der muss gleich unterrichten und kriegt die Stressklasse der Schule vorgesetzt. Nun muss sich der halbseidene Gauner mit renitenten Zehntklässlern herumschlagen, und hat auch noch die schüchterne Lehrerin Lisa Schnabelstedt (Karoline Herfurth) an der Backe. Die hat nämlich mitbekommen, dass Zeki ihr Zeugnis kurz kopiert und gefälscht hat.

„Ich arbeite morgen hier, Aushilfslehrer.“ „Wir arbeiten auch hier.“ „Mein Beileid.“

Die Zehntklässler haben keinen Bock auf gar nix, vor allem nicht auf Unterricht. Die Rädelsführer Danger (Max von der Groeben) und Chantal (Jella Haase) schrecken auch vor richtig derben Späßen nicht zurück und ziehen dabei die gesamte Klasse mit. Aber nicht mit Zeki: Mit seiner proletenhaften Derbheit und eigener „Null Bock“-Einstellung trifft der Aushilfslehrer scheinbar den Nerv der Kids.

Und da ist er wieder: Der Paukerfilm. Das Produktionsteam der Erfolgskomödie „Türkisch für Anfänger“ verfrachtet den charmanten Star Elyas M’Barak einfach in einen chaotischen Schulbetrieb und revitalisiert eine urdeutsche Komödienuntergattung. Peter Kraus und Heintje lassen grüßen. Das Script ist nah am Puls der Zeit, stellt Lebenwelten und Bildungsniveaus krass gegeneinander und sorgt für Culture Clash.

Das problematisiert den modernen Schulbetrieb (vor der Pandemie) auf total unkorrekte Weise. „Schülern aus bildungsfernen Schichten“ werden auf einmal Charaktere mit Attitude. Dabei ist der Lehrer aka Kriminelle schlimmer als all die Möchtegern „Bad Guys“ je sein wollen. So hält Zeki den Jugendlichen den Spiegel vor die Nase. Die überkorrekte junge Kollegin Lisi ihrerseits hält dem Möchtegernlehrer sein eigenes Verhalten vor.

„Das dürfen Sie nicht!“

„Fack ju Göhte“ ist bisweilen hinreißend geil lustig und legt eine irre Gagdichte an den Tag. Das liegt selbstverständlich am mutigen Drehbuch, zumindest im Vergleich zu anderen Filmförderung erhaltenden Dramen, aber auch an einer hinreißenden Besetzung. Für Elyas M’Barek ist Zeki Müller eine Paraderolle, große Schnauze, großes Herz. Die Gegner im Schulkrieg rocken die Show: Jella Haase, Max von der Groeben und auch Alwara Höfels als Lisis Kollegin und beste Freundin Caro sind irrwitzig energiegeladen. Da sitzt dann eben auch die Pointe.

Das neurotische Lehrerkollegium gehört quasi zum Genre, sorgt aber für einige lustige Nebenschauplätze. und bei allem Witz vermittelt „Fack ju Göhte“ selbstredend auch die Botschaft, dass eine Ausbildung nicht komplett unwichtig ist, und dass, die Pädagogen es oft gut mit den Schüler:innen meinen.

Eine Lovestory darf auch im Schulbetrieb von „Fack ju Göhte“ nicht fehlen. Die Chemie zwischen Karoline Herfurth und Elyas M’Barek stimmt und es einige starke Szenen, aber filmtragend ist die Romanze nicht. Und dann wäre da ja noch der Ausgangspunkt der Story: Kommt der Gauner an seine Beute?

Die Blu-ray kommt mit unterhaltsamem und umfangreichem Bonusmaterial daher. Diverse Featurettes, ein zehnminütiges, (eher nichtssagendes Making of, viele kurze Interviews sowie einige Spezialtrailer und Virals zum Filmmarkting. Outtakes beweisen den Spaß am Set. Am interessantesten sind allerdings die erweiterten und die gelöschten Szenen. In den rund zwanzig Minuten haben sowohl Karoline Herfurth als auch Elyas M’Barak noch einen gelungenen Auftritt. Alles in allem ein sehenswertes Vergnügen mit einigen unvergesslichen Sprüchen. „Chantal, heul leise!“.

„Fack ju Göthe“ ist ein seltener Lichtblick der deutschen Komödienlandschaft. Mit viel Energie, schrägen Charakteren und hohem Tempo wird die Schule gerockt. Meistens ist das erstaunlich unkorrekt und sehr lustig, sofern das Publikum die sprachlichen Eskapaden zu schätzen weiß. Kein Wunder, dass es Fortsetzungen gibt.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Fack ju Göhte
OT: Fack ju Göhte
Genre: Komödie,
Länge: 117 Minuten, D, 2013
Regie: Bora Dragtekin
Darsteller:innen: Elias M’Barek, Caroline Herfurth, Max von der Groeben, Jella Haase,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Constantin film
Kinostart: 07.11.2013
DVD- & BD-VÖ: 07.05.2014