Soundbreaker: Das Instrument atmen lassen!

2_wfilm_soundbreaker_kimmo_pohjonen-vorSchlimm genug, das diese Doku über den finnischen Ausnahme-Musiker und Akkordeonstar Kimmo Pohjonen zum offiziellen Deutschlandstart nicht in meiner Heimatstadt Hamburg zu sehen ist, aber der Musikfilm an sich scheint ja eher ein Nischendasein zu führen, es sei denn er wird mit einem Oscar ausgezeichnet. Aber zurück zur Quetschkomode, oder wie Pohjonen in „Soundbreaker“ so schön bemerkt dem Instrument das im Finnischen gleichbedeutend mit Arschloch ist: dem Akkordeon. Ja man kann damit auch andere Sachen machen, als Shanties und Volkswaisen zu begleiten:

Inzwischen wird Kimmo Pohjohnen weltweit als innovativer Akkordeonspieler und Komponist gefeiert, doch bis dahin war  es ein Langer weg, auch für den Musiker selbst. Seit seiner Kindheit spielt der Finne das Schifferklavier, anfangs vor allem, um dem Vater einen Gefallen zu tun. Dabei habe er sich die ersten zwanzig Jahre für sein Instrument ziemlich geschämt, weil es so überhaupt nicht hip ist. Da half auch das Studium klassischer Musik nichts. Erst als er an der Sibelius-Akademie studiert habe und sich mit Volksliedern beschäftigt hat und die konservative Spielweise über Bord geschmissen hat, findet Kimmo Pohjonen einen echten Zugang zum Akkordeon. Daran hat sein Mentor Haiki Laitinen, mit dem er noch immer befreundet ist,  entscheidenden Anteil.

5_wfilm_soundbreaker_kimmo_pohjonenPohjonen lässt das Instrument atmen, den Balg lebendig werden und experimentiert mit Sounds und Elektronik. Inzwischen steht er mit den Prog-Rock- Pionieren Trey Gunn und Pat Mastelotto (beide bei King Crimson aktiv) ebenso selbstverständlich auf der Bühne wie mit dem renommierten Kronos Quartett. Außerdem findet er Zeit für musikalische Experimente wie Musik mit Landmaschinen, die auch stilgerecht auf englischen Bauernhöfen und in Scheunen vorgetragen wird. Danach belebte Pohjohnen die finnische Tradition Ringkämpfe mit Musik zu begleiten neu und sein  Akkordeonringen hat eher etwas mit modernem Ballett zu tun, als mit raufender Volksbelustigung.

4_wfilm_soundbreaker_kimmo_pohjonenFilmmacher Kimmo Koskela schafft es ziemlich gut, die Persönlichkeit des finnischen Akkordeon-Magiers einzufangen und einen umfangreichen Überblick über dessen musikalisches Schaffen zu geben. Die Songs und Kompositionen werden nicht immer ausgespielt, sondern in den Hintergrund geblendet, wenn der Künstler voice over aus dem Mähkästchen plaudert oder bei der Recherche für Sounds begleitet wird.

Dass der Film allerdings ein so stimmiges und stimmungsvolles Portrait bildet, liegt auch daran, dass es – passend zur Musik – auch tolle Aufnahmen zu sehen gibt. Da merkt man, dass der Regisseur auch mit der Kamera einMeister ist. Die Livemitschnitte sind fein gefilmt und werden durch finnische Naturimpressionen vervollständigt, so dass die nicht immer auf den ersten Eindruck zugängliche Musik sich entfalten kann. Talking Head stören da eigentlich kaum einmal und dass Kimmo Pohjonen in einem Film über ihn durchs Bild läuft, versteht sich von selbst.

Fazit: „Soundbreaker“ ist ein toller Musikfilm. Der Ansatz ist zwar ein klassisches Künstlerportrait, aber die Art und Weise  wie Bild und Klang zusammenfinden, macht die Doku zu einem Erlebnis. Fans experimenteller Klänge sollten sich das nicht entgehen lassen.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

wfilm_soundbreaker_plakat_RGBSoundbreaker
Genre: Biografie, Musikfilm, Dokumentarfilm,
Länge: 88 Minuten, FIN, 2012
Regie: Kimmo Koskela
Mitwirkende: Kimmo Pohjonen, Haiki Laitinen, Kronos Quartett, Trey Gunn, Pat Mastelotto
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: W-Film
Kinostart: 17.04.2014

Offizielle Filmhomepage (mit Kinofinder)

Akkordeon bei Wikipedia

Kimmo Pohjonen bei Wikipedia (englisch, der deutsche Beitrag ist Mist)

Kimmo Pohjonen Homepage