Information und Macht: Die Konsensfabrik von Noam Chomsky

Chomsky-041988 hat der amerikanische Linguist und Polit-Aktivist Noam Chomsky zusammen mit Edward S. Herman das Verhältnis der Massenmedien und der politischen Machthaber in den USA untersucht und daraus ein Buch gemacht – „Maufacturing Consent“. Hierzulande ist das wichtige Werk nie publiziert worden. Und auch der informative Dokumentarfilm „Die Konsensmaschine“ ist nicht mehr ganz taufrisch. 1992 erschien die Doku, hat aber nichts von ihrem Unterhaltungs- und Informationswert verloren. Der Themenkomplex „Medien und Staatsmacht“ wird fesselnd (und witzig) aufbereitet und das Wirken und Engagement Noam Chomskys in ein grandioses Portrait gefasst.

Noam Chomsky gilt als einer der bedeutendsten lebenden Intellektuellen und er bezieht politisch Stellung. Der „Einstein unter den Sprachwissenschaftlern“ mischt sich auch heute noch immer wieder in die Politik ein, vornehmlich in die seines Heimatlandes USA. Wer nun aber denkt, Chomsky beschäftige sich nur mit der amerikanischen Situation, der irrt. Und das Phänomen, dass es keine objektive Informationen gibt und man sich als politscher Mensch nicht ausschließlich auf die von den Medien vermittelten Informationen verlassen darf, sondern sich eine eigene Meinung bilden sollte, ist in jeder Gesellschaft ausgeprägt.

Chomsky-10Dabei verfolgt Chomsky einen linksintellektuellen anarchistischen Ansatz. Das macht es Kritikern immer wieder leicht, den hochintelligenten Sprachwissenschaftler als weltfremden Störenfried abzutun. Doch unter anderem seine fundierte Analyse der Massenmedien und Machteliten zeigt auf, dass das in den Massenmedien vermittelten Weltbild häufig der Regierungspolitik das Wort redet. Vor allem an der Berichterstattung über den Völkermord in Ost-Timor, der zeitgleich mit dem Genozid in Kambotscha in den 1970er Jahren stattfand, zeigt nach Analyse in „Maufacturing Consent“ (Chomsky und Herman, 1988) deutlich, wie die Medien die Regierungspolitik unterstützen: Eine Berichterstattung über Ost-Timor kam in den US-Medien schlicht nicht vor.

Chomsky-08Die zweiteilige fast dreistündige Doku der Filmmacher Mark Achbar und Peter Wintonick nähert sich dem Phänomen Noam Chomsky mit zahllosen Archivaufnahmen von Interviews und öffentlichen Auftritten. Im ersten Teil der Doku geht es im Wesentlichen um die Medien und die Macht. Im zweiten Teil wird es etwas biografischer und das vielschichtige, immer sozial engagierte Auftreten Chomskys als streitbarer Kritiker der Macht und des Imperialismus wird allgemeiner beleuchtet. Die Filmmacher unterfüttern die Thesen und Auftritte des Intellektuellen immer auch mit unterhaltsamen und großteils sehr humorvollen Verweisen aus der Mediengeschichte, finden dokumentarische Aufnahmen und animierte Sequenzen, um aus dem sonst vielleicht für viele Zuschauer eher trockenen Dokumentarmodus herauszukommen.

Chomsky-07Dabei stehen allerdings immer Information und Diskussion im Vordergrund von „Die Konsensfabrik“. Einen Großteil des Charmes dieses wunderbaren und anregenden Films ist der Person Chomsky selbst geschuldet, der nie um ein Wort verlegen ist und sich auch der Kritik stellt; wie es zahlreiche Diskussionen zeigen, die auch in der Doku zum Tragen kommen. Der Mann ist einfach sympathisch und seine Standpunkte sind immer machtkritisch, dabei niemals polemisch, sondern immer auch wissenschaftlich fundiert. Selbst wenn politische Gegner das bisweilen bezweifeln. Auch diese Streitgespräche sind höchst unterhaltsam aufbereitet. In „Die Konsensfabrik“ kommen auch Gegenstimmen zu Wort -wie etwa ein Verantwortlicher der New York Times oder ein holländischer Minister.

Fazit: Es war und ist schon erstaunlich genug, dass „Manufacturing Consent“ bis heute nicht in einer deutschen Übersetzung  herausgebracht wurde. Zumindest die feine filmische Aufbereitung hat nun nach zwei Jahrzehnten den Weg hierher geschafft.„Die Konsensfabrik“ ist ein extrem gelungenes Portrait eines großen sozial engagierten Denkers; ein ebenso scharfsinniger wie unterhaltsamer Blick auf die Massenmedien und eine gelebte Anleitung zum kritischen Denken. Gucken!

Film-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Chomsky-Cover-2.inddDie Konsensfabrik – Noam Chomsky und die Medien
OT: Manufacturing Consent
Genre: Dokumentation, Biographie, Politik
Länge: 167 Minuten, USA, 1992
Regisseure: Peter Wintonik, Marc Achbar
Mitwirkende: Noam Chomsky, Bill Moyers, Edward S. Herman, Tom Wolfe
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Absolut Medien
DVD-VÖ: 31.08.2013

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