Angesichts der Box-Legende Ali geht die Doku „Mohammad Ali – Der größte Boxer aller Zeiten“ in den Infight. Der Film näher sich Ali aus der Sicht seiner zähesten Gegner, die sich an ihre Kämpfe gegen den Champ erinnern. Am Ende siegt der Zuschauer durch klassischen K.O., wenn er nicht vor Ehrfurcht erstarrt. Die Dokumentation „Muhammad Ali“ erscheint am 28.Januar 2011 auf DVD und ist ein Hammer.
Dabei muss man nicht einmal Box-Fan sein, um die grandiose Dokumentation würdigen zu können. Von der Restauration des Archivmaterials über die sportlichen Schnitte und die stimmige Musik bis hin zur grandiosen und respektvollen Inszenierung der alten Kämpfer ist alles an dem Film annähern perfekt. Muhammad Ali selbst kommt nur in Archivaufnahmen vor und ist doch so präsent als wäre er als Boxer wiederauferstanden. Zehn seiner Gegner erinnern sich in aktuellen Interviews an ihre Kämpfe gegen den „größten Boxer aller Zeiten“ und sind dabei doch selbst legendär. „Facing Ali“, so der Originaltitel, setzt auch ihnen ein hochverdientes Denkmal.
Wir alle haben unser Blut in diesem Ring vergossen
„Muhammad Ali“ folgt dabei dem hierzulande unveröffentlichten Buch des kanadischen Sportreporters Stephen Brunt („Facing Ali“, 2003). Nach der Chronologie ihrer Kämpfe werden die Schwergewichtler interviewt und doch steuert in der Rückschau schon vieles von Beginn an auf Alis unausweichliche Karriere-Ende gegen Larry Holmes 1980 zu. Doch es lohnt sich, sich die Namen der beteiligten Schwergewichtler auf der Zunge zergehen zu lassen: Sir Henry Cooper, Ernie Terrell, George Chuvalo, Joe Frazier, Ken Norton, Gorge Foreman, Ron Lyle, Earnie Shavers, Leon Spinks und Larry Holmes.
Jeder von ihnen hat seine eigene Geschichte zu erzählen, die sich nicht nur um die Kämpfe gegen Muhammed Ali dreht, sondern auch zeigt, was aus den großen Kämpfern geworden ist. Die Interviews werden mit viel Respekt und großer Ehrerbietung inszeniert und so wirken die geschundenen Ikonen eines intensiven Sportes offen und nahbar wie selten. Das ist der vielleicht größte Verdienst dieser Dokumentation.
Danach ging Ali mit blutenden Nieren ins Krankenhaus…
Das Team um Regisseur Pete McCormack („See Grace Fly“, „Uganda Rising“) lässt die alten Herren bewusst großartig aussehen und dadurch, dass jeder der Champions dem Film mindestens einen halben Tag widmete, gelingt es McCormack, eine grundlegende Vertrautheit herzustellen, die für die Interviews so immens wichtig ist. Der Regisseur selbst kennt sich als Fan von Muhammad Ali mit der Box-Materie aus und zeigt, dass große Boxer nicht aus dem Nichts auftauchen, sondern eine Vorgeschichte haben, die häufig alles andere als idyllisch ist.
Wie jede herausragende Dokumentation geht auch „Facing Ali“ über das eigentliche Thema hinaus, indem das Geschehen in Bezug zu seiner Zeit gesetzt wird. Doch den Geschichtsunterricht gibt es hier unaufdringlich in Nebensätzen. Genauso wie die Einblicke in den Alltag der Arbeiterklasse und der Afroamerikaner in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts.
…und ich mit meiner Frau tanzen.
Der „Sportler des Jahrhunderts“, Ali selbst, kommt aufgrund seines Gesundheitszustandes (Parkinson) nicht zu Wort, doch durch das ausgiebige Archivmaterial ist der Mann, der das Boxen revolutionierte, im Film so präsent wie es überhaupt nur geht. Fast verstärkt sich seine mythische Aura auf diese Weise noch. Aus der Erinnerung sind die ehemaligen Gegner voller Respekt und jeder ehrt Ali auf seine Weise.
Filmisch scheint „Muhammad Ali“ auf den ersten Blick schlicht zu sein: Interview-Sequenzen, die durch Archivmaterial aufgelockert werden. Doch der Eindruck täuscht: „Facing Ali“ ist hochgradig kunstfertig und mit derartigem Feintunig versehen, dass es ein Augenschmaus ist.
Flieg wie ein Schmetterling…stich wie eine Biene
Auf einen Erzähler wird komplett verzichtet, die Schwergewichtler demonstrieren der Kamera wie sie den Champ geboxt haben und die Interviews wurden mit einer neuartigen Kameratechnik geführt. Das umfangreiche Archivmaterial wurde aufwändig überarbeitet, ja fast restauriert, und fügt sich dank der perfekten Schnitte nahtlos in die Interviews ein. Der stimmige Soundtrack aus zeitgenössischen Songs wurde zu einem musikalischen Fluss verwebt und die Zwischentitel der einzelnen Kämpfe sind ausgesprochen kunstvoll und variabel designt. Das alles macht „Muhammad Ali – Der größte Boxer aller Zeiten“ zu einem Pflichttermin nicht nur für Box-Fans.
Fazit: Sich der Box-Legende Muhammad Ali zu nähern, indem man seine wichtigsten Gegner interviewt, fügt der Fülle an Ali-Dokus eine extreme Bereicherung hinzu: „Muhammad Ali – Der größte Boxer aller Zeiten“ setzt nicht nur dem Champ ein ungewöhnliches filmisches Denkmal, sondern verdientermaßen auch seinen Kontrahenten im Ring. Intensiv wie ein Titelkampf. Grandioser Film!
Film-Wertung: (9,5 / 10)
„Muhammad Ali-
Der größte Boxer aller Zeiten“
OT: „Facing Ali„
Regie: Pete McCormac
Mit: Muhammad Ali, Joe Frasier, George Foreman, u.a.
Länge: 97 Min, USA, 2009
Genre: Dokumentation / Sport
FSK: ab 6
Sprachen: Deutsch, Englisch
Extras: Originaltrailer, Featurettes: „After the Bell“, „Bringing the Fights to Life“, „Facing Ali: Book to Screen“, Bildergalerie
Vertrieb: Polyband (WVG, Lionsgate)
DVD-VÖ: 28.01.2011
2 Kommentare
Nachdem ich den Trailer gesehen habe, finde ich, dass der Film ganz spannend sein kann. Außerdem die Geschichten, die wahre Geschichte erzählen, machen immer sehr großen Eindruck auf den Zuschauer.