Für „Herr der Ringe“-Fans gibt es nun, quasi zum 20. Jahrestags des Kinostarts von „Die Gefährten“ neues Futter. Gut 200 Jahr von der Ringsuche hatten die Menschen in Rohan einen Bruderkrieg auszustehen. Davon erzählt „Die Schlacht der Rohirrim“ im klassischen Anime-Style und mit viel nordischem Kriegerpathos. Zu sehen im Verleih von Warner Bros ab dem 12. Dezember 2024 im Kino.
Fast zweihundert Jahre bevor Gandalf und Frodo mit dem Ring nach Mordor aufbrechen, haben die Menschen in Rohan einen Disput um den Thron auszustehen, der zu einem Krieg unter den Völkern der Ebene führt und letztlich in einer Schlacht um die Hornburg, die fortan Helms Klamm heißen wird. Aber von Beginn an.
Der König von Rohan ist Helm Hammerhand. Seine Tochter Héra hat mit der Thronfolge wenig zu tun, denn ihr älterer Bruder gilt als Thronfolger. Dennoch hat Héra den Mut und die Kampfeslust einer Kriegerin. Es kommt der Tag einer Ratsversammlung, eines Wiccan, bei dem Wulf, der Sohn eines anderen Fürsten um Héras Hand anhält. Dessen machtgieriger Vater erhofft sich so einen Einfluss auf den Thron Rohans.
Doch Helm erniedrigt und verbannt Wulf aus Rohan. Der sucht sich später mächtige Verbündete und greift als Herr der Dunländer Rohans Hauptstadt Edoras an. Es kommt zur Schlacht und Helms Armee scheint zu unterliegen. Derweil ist Héra damit beaschäftigt, die Bewohner der Stadt zu evakuieren und in der alten Feste Hornburg in Sicherheit zu bringen.
Bei den Pforten von Rohan
„Die Schlacht der Rohirrim“ hat noch nicht einmal begonnen, da ist das Publikum schon wieder in Tolkiens Mittelerde gelandet. Mit sirenenhafter Stimme erzählt Éowyn von vergangenen Tagen, während das mysteriöse einprägsame musikalische „Herr der Ringe“-Thema aufspielt. Und selbstverständlich erzählt die Schildmaid Rohans von einer anderen Schildmaid. Von einer Kriegerin, die ruhmreich für ihr Volk eingestanden ist. Dass ist schon großes Kino.
Wobei es mehrere Aspekte zu beachten gibt, die den Filmgenuss beeinflussen mögen. Erstens spielt „Die Schlacht der Rohirrim“ ausschließlich unter Menschenvölkern. Es gibt also bis auf wenige Szenen keine anderen Mittelerde-Bewohner zu sehen. Und weil die Welt der Menschen der Ebenen bei Tolkien durchaus von nordischen Sagen inspiriert ist, geht es weitgehend zu wie bei den Wikingern. Das ist keineswegs ein Kritikpunkt, im Gegenteil, es schafft eine eigene Identität innerhalb des Herr der Ringe Kosmos.
Weiterhin ist die Geschichte nur inspiriert von Charakteren aus Tolkiens Saga und insofern eine Originalstory und keine Literaturverfilmung. Das mag die Fan-Basis nun bedauern, aber es ist gelungen ausformuliert und mit gehörigem kämpferischem Pathos ausgestattet. Da kommt, drittens, die Verfilmung im Stil eines klassisch japanischen Animes gerade recht, um die Angelegenheit entsprechend umzusetzen.
Die neuen Herren auf Isengard
Nerds werden wissen, dass bereits lange vor der Peter Jackson Verfilmung eine Zeichentrickfassung von „Herr der Ringe“ produziert wurde, die durchaus ihre Anhänger hat, selbst wenn der seinerzeit gefertigte Film nur der erste von zwei Teilen war. Anstatt aktuell also dieses „Prequel“, das im Grunde keines ist, mit CGI oder westliche Animation zu erzählen, haben sich die Produzenten entschieden, auf die Visuals einer japanischen Tradition zu setzen. Das ist einerseits gewagt, weil ein Großteil des avisierten Publikums sich in den Stil einsehen muss, andererseits erschließt es neue Zuschauergruppen und ist inhaltlich stimmig.
Wer weiß, ob weitere Abenteuer aus Mittelerde folgen werden? Das mag auch abhängen vom Kassenerfolg des von Regisseur Kenji Kamiyama („Ghost in a Shell –Stand Alone Komplex“, „Jin-Roh: die Wolfsbrigade“) großartig inszenierten Abenteuer. Für einige mag das aussehen wie die frühen Anime-Serien, die hierzulande im Kinderprogramm liefen, wie „Heide“ oder „Wickie“ gelegentlich an den Stil des Studio Ghibli erinnern, aber weite Teile der internationalen Koproduktion wurden in China animiert.
Helm Hammerhands Thron
Die Synchronsprecher wurden gar gleich aus der englischsprachigen Schauspielerriege rekrutiert. So ist im Original Brian Cox als Helm Hammerhand zu hören und Miranda Otto als Éowyn. In der deutschen Sprachfassung mag freilich ebenfalls darauf geachtet worden sein, dass „Herr der Ringe“-Fans sich mit dem Sprecher:innen wohlfühlen und eine Verbindung zu der Trilogie herstellen können.
Letztlich mag die rothaarige Heldin anfangs ein wenig an Pixars „Merida“ erinnern und die winterliche Schlacht um die Fest Hornburg an die kalte Verteidigungsmauer in „Game of Thrones“, aber im Grunde geht ein Gutteil der Fantasy, wie sie heutzutage gezeigt wird, auf Bildwelten zurück, die sich J.R.R. Tolkien ausgedacht hat. Und das Publikum wird es kaum stören, wenn es sich an bekannte Bildwelten erinnert fühlt.
Wer bereit ist sich einzulassen auf den Animationsstil in „Herr der Ringe – Die Schlacht der Rohirrim“ wird belohnt mit einem epischen kriegerischen Menschenabenteuer aus Mittelerde, das packend und pathetisch ist und tatsächlich Lust auf mehr macht. Was spräche dagegen, weitere in sich abgeschlossene „Herr der Ringe“-Sagas ins Kino zu bringen.
Film-Wertung: (7 / 10)
Herr der Ringe – Die Schlacht der Rohirrim
OT: Lord of the Rings – War of the Rohirrim
Genre: Animation, Fantasy,
Länge: 134 Minuten, USA/J, 2024
Regie: Kenji Kamiyama
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Warner Bros
Kinostart: 12.12.2024