Chantal im Märchenland: Asi-Prinzessin ohne Strom

Wer hätte gedacht, dass Chantal aus „Fack ju Göhte“ noch immer keinen Job hat und deshalb wieder im Film zu sehen ist? Die Macher der erfolgreichsten deutschen Schulkomedy-Filmreihe haben sich mit „Chantal im Märchenland“ der Deutschen zweitliebstes Filmgenre vorgenommen. Selbstverständlich alles anderer als korrekt erzählt und aufgeführt. Aber der alte Krempel brauchte sowieso ‚nen Jungbrunnen, oder? Zu sehen ist „Chantal im Märchenland“ ab 28.März 2024 im Kino.

Keine Ahnung wie es dem Rest von Zeki Müllers Abi-Klasse aus „Fack ju Göhte 3“ so geht, aber Chantal (Jella Haase) hat immer noch keinen Job. Ihr Businessplan sieht vor bei Instagram erfolgreiche Influencerin zu werden. Da hapert‘s bislang mit den Followern und dem Quality-Content. Weshalb Chantal ihrer besten Freundin Zeynep (Gizem Emre) auch vormacht, sich zu bewerben.

Zeynaps Jobsuche läuft nur unwesentlich besser. Weshalb sie auch voll peinlich mit Chantal in der Kinderarche abhängt, wo Chantals kleine Schwester nach der Schule untergebracht ist. Dann wird dort ein antiker Spiegel für den bevorstehenden Flohmarkt abgegeben, und Chantal hält das Teil für einen guten Werbegag. Doch das Ding stellt sich als Zauberspiegel raus und befördert Chantal und Zeynep ins Märchenland.

„Hier ist nicht Instagram, hier ist Twitter!“ (Zeynep)

Chantal soll als Dornröschen demnächst ihren verpennten Fluch antreten, weigert sich aber vehement, als die Hexe (Nora Tschirner) auftaucht, und fängt den Fluch erstmal in einer Vase. Später trottelt Prinz Bosco (Max von der Groeben) dagegen und schläft selig ein. Dusseliger Weise geht dabei der Zauberspiegel kaputt und die einzige Möglichkeit zur Rückkehr ist flöten.

Um aus dem Schlamassel rauszukommen muss Zenep sich zur Hexe weihen lassen. Während Chantal als prophezeite Erlöserin von den Witches abgefeiert wird, hängt sie lieber mit Aladin rum, der sich als Stallbursche in die Szenerie verlaufen hat. Ebenso wie Artolf (Frederick Lau) aka „Arthus“ der das Schwert nicht gezogen kriegt und diverse andere Märchengestalten populärer Sagen und Erzählungen. Chantal würde im Märchenland gerne Content filmen, aber Handy hat kein Akku mehr. Vielleicht stehen im Zauberbuch brauchbare Tipps?

„Danke, Herr und Frau Tagesschau.“ (Chantal)

Wir haben Chantal vermisst. Und das Ensemble hat sichtlich Spaß an den Dreharbeiten, wie die Outtakes im Abspann nahelegen. Schauspielerin Jella Haase hat für die Rolle der minderbemittelten Schülerin mit Hang zum Trashtalk auch verdient Preise eingeheimst. Die wandlungsfähige Actrice hat ihre Chantal perfektioniert und zaubert auch in „Chantal im Märchenland“ hinreißend irrwitzige Szenen und Sprüche hervor. Immer dabei ihre Kindergarten-Freundin Zeynep (Gizem Emre), die in typischer Weise eines Buddy:innen Movies fast alles mitmacht, aber auch immer wieder mahnende Momente finden muss. Gelingt ihr aber nicht. Chanti ist „all over the Place“ und dreht das gesamte Märchenland auf links.

Zugegeben, die staubigen Erzählungen mit Botschaft oder Moral, zusammengetragen und dem Volksmund abgeschaut von den Brüdern Grimm, Hans Andersen und Co, können ein zeitgemäßes Update vertragen. Doch wie so oft bei Chantal ergibt sich das Gute unbeabsichtigt aus der Reihe von Katastrophen, die die unbedarfte Influencerin lostritt. Da ist der Kanaken-Fetisch (O-Ton Zeynep) für Aladin (Mido Kotaini) noch das geringste Problem.

„Mein Märchen fickst du nicht!“ (Chantal)

Female Empowerment tut der Märchenwelt hingegen richtig gut, liegt auch im Zeitgeist der Regenbogenfahne und zeigt mal wieder wie clever Bora Dragtekin es als Drehbuchautor versteht eben jene Gesellschaftsstimmung aufzugreifen. Neben dem Produktplacements für McDonalds und Samsung, die sogar ganz witzig sind, gelingt es „Chantal im Märchenland“ auch noch ein paar flotte Diversity-Sprüche rauszukloppen. (Und gerade fällt mir auf, dass auch der andere in der Kinowoche von mir vorgestellte Film „Kleine schmutzige Briefe“ die derben Ebenen der Sprache auslotet.)

Das Publikum sollte das nun nicht überbewerten. Vor allem geht es in „Chantal im Märchenland“ um komödiantische Unterhaltung. Und die ist im Märchen souverän angesiedelt und in Momenten hinreißend trashig dekonstruiert. Bisweilen aber auch nur zotig durchexerziert, was wir Kartoffeln für lustig halten. Ohne das nun genauer statistisch aufgearbeitet zu haben, würde ich mal vermuten, dass nach Schulkomödien (mit Peter Kraus oder Heintje), Märchenverfilmungen die zweite, arg typische, deutsche Humordomäne im Film sind. Insofern kann „Chantal im Märchenland“ überhaupt nicht scheitern.

Nein, ich werde auch kein Freund klassischer Märchenfilme oder ihrer Verblödelungen mehr, obgleich der Fantasy nicht abgeneigt. Allerdings ist „Chantal im Märchenland“ turbulent und sehenswert genug, um das Märchenland zu rocken. Vielleicht ist der Film etwas zu lang ausgefallen, aber Chantal und ihr Bestie Zeynep sind immer für einen derben Gag gut. Wie immer diskret charmant dargestellt von Gizem Emre und Jella Haase. Die avisierte Zielgruppe sollte Gefallen daran finden.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Chantal im Märchenland
OT: Chantal im Märchenland
Gerne: Komödie, Märchen
Länge: 114 Minuten, D, 2024
Regie: Bora Dragtekin
Darsteller:innen: Jella Haase, Max von der Gröben, Mido Kotaini, Gizem Emre
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Constantin
Kinostart: 28.03.2024

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