Inspektor Foyle – Staffel 1: Verbrechen im Krieg

Bisweilen dauert es seine Zeit, bis erfolgreiche TV-Formate aus anderen Ländern ihren Weg in unser Programm finden; oder auch nicht. Die britische Krimi-Serie „Inspektor Foyle“ startete bereits 2002 und ist längst beendet. Nun erst veröffentlicht Edel Motion die sehenswerte Krimiserie hierzulande auf DVD. Fans britischer Krimis können sich freuen.

Historische Krimis sind eine beliebte Spielart des ewig populären Mord-und Totschlag-Genres. Dabei kommt dem zeitlichen Setting immer eine besondere Bedeutung zu. Schließlich geht es nicht nur darum, Zeitkolorit zu transportieren, sondern auch glaubwürdige Verbrechen und ihre Aufklärung zu zeigen. „Der junge Inspektor Morse“ ist ein Paradebeispiel für eine gelungene historische Krimiserie. Die populären Vorläufer „Inspektor Morse“ und „Lewis – Der Oxford Krimi“ spielten jeweils in der Gegenwart, in der sie ausgestrahlt wurden.

Das ist für „Inspektor Foyle“ insofern von Belang, weil der britische TV-Sender ITV nach Ende der „Inspektor Morse“-Ausstrahlung im Jahr 2000 ein neues Krimi-Serienformat suchte. Der Autor und Drehbuchschreiber Anthony Horowitz präsentierte den Inspektor aus dem Küstenstädtchen Hastings, der im Jahr 1940, also mitten im Krieg mit den Deutschland, viel lieber in der Armee wäre als zuhause Verbrechen aufzuklären.

Bei ITV Nachfolger für Morse gesucht

Aus der Idee wurde eine äußerst beliebte TV-Serie, die mit einer Zwangspause von einigen Jahren über acht Staffeln erfolgreich ausgestrahlt wurde und 2015 beendet war. ITV remasterte die Serie für das klassische Home-Entertainment und der Streaming-Dienst Magenta TV sorgte schließlich für die Synchronfassung der ersten Staffel. Diese kommt nun für den Hausgebrauch auf DVD heraus.

Anders als „Inspektor Morse“, dessen Auftakt-Staffel aus den 1980ern Edel Motion 2014 hierzulande in Originalsprache veröffentlichte, was beim deutschen Publikum nachvollziehbarer Weise nicht gut ankam, entspricht „Inspektor Foyle“ mit seinem Format durchaus heutigen Sehgewohnheiten. Will sagen, das TV-Format ist bereits das heute übliche 16:9 Seitenverhältnis und nicht mehr 4:3. Dass die Serie bisweilen etwas nostalgisch und altbacken aussieht, ist dem „Kriegslook“ geschuldet und daher gewollt.

Apropos „Deutsch“. Möglicherweise fand „Inspektor Foyle“ oder „Foyle’s War“ wie die Serie im Original heißt, aus dem Grund keinen interessierten deutschen Sender, weil es in der Serie schon recht patriotisch zugeht und die „Krauts“ das Feindbild schlechthin sind. Kein Wunder also, dass gleich der erste Fall „Die Deutsche“ heißt.

Zum Serienformat für Nerds und Fans noch folgende Infos: In Großbritannien wurde die Serie in 50minütigen Episoden ausgestrahlt. Dabei bilden immer zwei Episoden eine spielfilmlange, abgeschlossene Ermittlung. Das Publikum kennt das Prinzip von den oben genannte (und anderen) britischen Krimi-Formaten. Hierzulande wird hingegen üblicherweise ein ganzer Fall zusammenhängend ausgestrahlt. Zu den einzelnen Fällen gibt’s in diesem Text neben Handlung und Bewertung auch Infos über Darsteller und Macher. Wer es genauer wissen möchte, muss selbst bei imdb.com, Wikipedia oder ähnlichen Online-Nachschlagwerken aktiv werden.

Die Deutsche (OT: „The German Woman“, 2002)

Die Serie „Inspektor Foyle“ beginnt im Mai 1940. Der Kommissar und Witwer Christopher Folye (Michael Kitchen) reicht zum wiederholten Mal ein Versetzungsgesuch ein, um endlich aktiv in den Krieg gegen Deutschland eingreifen zu können. Doch Foyles Vorgesetzter, Assistent Comissioner Summers (Edward Fox), will davon nichts wissen. Um Folye bei Laune zu halten, bekommt er einen Fahrer zugeteilt. Tatsächlich stellt sich der Fahrer als eine Fahrerin heraus. Samantha „Sam“ Stewart (Honeysuckle Weeks) hatte sich ihren Kriegsbeitrag eigentlich auch anders vorgestellt, aber die Pfarrerstochter nimmt den Job gerne an. Foyles Sohn Andrew wird derweil von Studium in Oxford weg zur Luftwaffe eingezogen.

Foyles erste Ermittlung behandelt den Tod einer deutschen Mitbürgerin. Aktuell ist die Stimmung im Lande gereitzt und die „feindlichen Ausländer“, zumindest in Küstennähe, werden interniert, damit sie nicht spionieren können. Auch Onkel und Tante eines englischen Soldaten aus Hastings sind interniert worden, worauf die Tante einen Herzschlag erlitt und der Soldat bei dem einflussreichen Henry Beaumont (Robert Hardy) vorspricht. Doch der bleibt hartherzig, obwohl auch seine Frau deutscher Abstammung ist. Eben jene Greta Beaumont (Joanna Kanska) wird bei einem Ausritt ermordet, nachdem die Deutschen den Ort Hastings bombardiert haben.

Die Krauts bedrohen Großbritannien

„Die Deutsche“ ist als Kriminalfall umsichtig aufgebaut und setzt den Standard für die Serie. Zunächst scheint es um etwas ganz anderes zu gehen als den Todesfall selbst, aber eben jenes Zeitkolorit ist wichtig und die Verwandten des Soldaten sollen später auch noch Inspektor umtreiben. Neben der Etablierung der Hauptfiguren, zu denen sich gegen Ende auch noch der verletzte Veteran und ehemalige Polizist Paul Millner (Anthony Howell) gesellt, versteht es das Drehbuch von Anthony Horowitz Verknüpfungen herzustellen, die das Publikum anfangs so nicht unbedingt erwartet.

Filmisch ist „Die Deutsche“ wie der Rest der Serie unaufgeregt, aber bildstark fotografiert und besticht eher durch stimmungsvolle Aufnahmen als durch Action und Tempo. In tragenden Nebenrollen sind die späteren Weltstars James McAvoy und Rosamund Pike zu sehen. (Filmwertung: 8/10)

„Die weiße Feder“ (OT: the White Feather“, 2000)

Im Juni desselben Jahres hat sich der Veteran Paul Millner trotz seiner Versehrtheit entschieden wieder in den Polizeidienst einzutreten. Der Verlust eines Fußes macht Millner anfangs gehörig zu schaffen. Auch seine Frau hat so ihre Probleme mit der Kriegsverletzung. Eher zufällig gerät Millner in London in einen Vortrag von Guy Spencer (Charles Dance). Dessen Verein „The Friday Club“ ist gelinde gesagt „deutschenfreundlich“ und man teilt das Gedankengut der Nationalsozialisten. Insofern ist es für die Freitagsclubber nur eine Frage der Zeit, bis die Insel von Deutschen regiert wird. Man erwartet sich viel von deren Ordnungsmacht.

Inspektor Foyle wird indes mit dem Fall einer jungen Frau betraut, die wegen Landesverrat und Sabotage hingerichtet werden könnten. Foyle allerdings sieht eher ein unbedarftes Mädchen, dass sich wenig dabei gedacht hat, als es Telefondrähte kappte. Wie sich herausstellt, hat das Mädchen in dem Hotel „Die weiße Feder“ gearbeitet, in dem auch der „Friday Club“ logiert. Dann wird auch noch Margaret Ellis, die Besitzerin des Hotels erschossen. Es scheint als habe das Attentat Guy Spencer gegolten.

Foyle und sein Team geraten während der Ermittlungen direkt in Geheimdienstaktivitäten. Das erschwert die Polizeiarbeit ungemein. Spannend ist hingegen erneut das kriminalistische Setting im Drehbuch von Horowitz. Regie führt erneut Jeremy Silverston. Britische Nazis hat es durchaus gegeben und gibt es auch heute noch. Ebenso nimmt die patriotische Paranoia in Großbritannien mit präsenterer Bedrohungslage zu. Ein packender Fall. (Filmwertung 8/10)

„Eine Lektion in Sachen Mord“ (OT: „A Lesson in Murder“, 2002)

Die Verweigerung des Kriegsdienstes an der Waffe während das Vaterland bedroht ist, sorgt nicht für gesellschaftliche Hochachtung. Das muss auch der Pazifist und Schriftsteller David Beale feststellen, als seine Verweigerung abgelehnt wird. Aufgrund eines Wutausbruchs wird Beale festgenommen und wird später erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Doch Foyle mag sich nicht uneingeschränkt auf die naheliegende Selbstmord-These einlassen.

Beales Richter, Lawrence Gascoine, hat wenig Sympathien für die Kriegsdienstverweigerer. Immerhin hat die wohlhabende Familie einen Arbeiterjungen aufgenommen, der wie viele andere aus Sicherheitsgründen aus London aufs Land verschickt wurde. Der Junge kommt tragisch zu Tode als im Gartenhaus des Richters eine Granate explodiert.

Inspektor Foyle kommt immer besser mit seiner Fahrerin klar, die als aufgeweckte junge Frau auch schon mal Impulse für die Ermittlungen geben kann. Als Foyle sie bei einem befreundeten italienischen Gastwirt zum Essen einlädt, fragt dessen Sohn Fahrerin Sam nach einen Rendez-Vous. Eine willkommene Abwechslung für die jungen Leute, während der Gastwirt besorgt ist, weil auch Italien an der Seite der Deutschen in den Krieg eintritt.

„Eine Lektion in Sachen Mord“ ist ebenfalls nach einem Drehbuch von Anthony Horowitz gedreht. Regie führt dieses Mal allerdings David Thacker. Für den gesamten Look macht das wenig Unterschied. Aber das Erzähltempo wirkt etwas betulicher, die Tanzvergnügen etwas bemühter. So scheint mir eben dieser Fall der schwächste der Staffel zu sein. Immerhin ist David Tennant („Doctor Who“) in einer Nebenrolle zusehen. Immer noch sehenswert bekommen die Hauptpersonen etwas mehr Privatleben eingehaucht. (Filmwertung: 7/10)

„Adler Tag“ (OT: „Eagle Day“, 2002)

Der August des Jahres 1940 bringt ein Wiedersehen im Hause Foyle. Sohn Andrew ist mit der Fliegerausbildung fertig und wird zunächst in der Nähe von Hastings stationiert. Er soll eine technische Einheit unterstützen, die versucht Flugzeuge mittels eines Frühwarnsystems namens „Radar“ aufzuspüren. Andrew hört bei den jungen Damen auf dem Stützpunkt von einem merkwürdigen Todesfall. Foyle Senior ist derweil mit einer erstochenen Leiche in einem ausgebombten Haus beschäftigt. Der Tote hat als Fahrer gearbeitet, unter anderem für eine Galerie, deren Kunstgegenstände in Wales in Bergwerken eingelagert wurden.

Andrew hat verstärkt Probleme mit seinen Vorgesetzten und wird sogar der Spionage verdächtigt. Samantha hat ein Familienproblem. Ihr Vater ist gekommen, um die junge Frau nach Hause zu holen. Sams Mutter geht es schlechter, die Eltern sind besorgt. Unterstützung der Kriegsanstrengungen hätten sie ja verstanden, aber Chauffeursdienste für einen Kommissar?

Zum Abschluss der ersten Staffel präsentieren Autor Horowitz und Regisseur Jeremy Silberston einen packenden, vertrackten Fall, in dem es für alle beteiligten Persönlich wird. Das hat schon Pfiff und Pfeffer und mit dem Charakterdarstellern Anton Lesser und Roger Allem, beide bekannt aus „Der junge Inspektor Morse“ ist „Adler Tag“ auch in tragenden Nebenrollen stark besetzt.(Filmwertung: 8/10)

Insgesamt ist die erste Staffel von „Inspektor Foyle“ eine packende Angelegenheit und sollte Fans und Freunde der bekannten Oxford-Krimis sowie Genießer des vertrackten Who-dunnit ? ansprechen. Das Zeitkolorit ist prächtig und stimmungsvoll ungesetzt und die Besetzung ist sehenswert. Bleibt zu hoffen, dass die Serie so großen Anklang findet, dass auch die weiteren Staffeln in deutscher Fassung aufgelegt werden.

Serien-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Inspektor Foyle – Staffel 1
OT: Foyle’s War Season 1
Genre: TV-Serie, Krimi
Länge: 400 Minuten, (8 x 50 Min.), GB, 2002
Idee: Anthony Horowitz
Regie: Jeremy Silberston, David Thacker
Darsteller:innen: Michael Kitchen, Anthony Howell, Honeysuckle Weeks,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Edel Motion
DVD-VÖ: 03.11.2023