Welt, wir müssen reden…Es hilft nichts. Auch wenn sich mal wieder kaum Leser:innen auf diesen Blog-Post verirren werden, brutstatt hat das dringende Bedürfnis, sich der eigenen Sprachlosigkeit zu stellen. Der Terror-Angriff der Hamas und der Krieg in Israel sind katastrophale Ereignisse, die den Lauf der Welt nachhaltig beeinflussen und es mir zumindest schwer ja nachgerade unmöglich machen, auf diesen Seiten über Film, Kultur und Musik zu sinnieren. Neulich gerade habe ich ein neues Wort gelernt: Ambiguitätstoleranz. Die Fähigkeit Mehrdeutigkeiten und Unsicherheit auszuhalten.
Das meint im Klartext, damit umgehen zu können, wenn andere Menschen nicht dieselben Ansichten und Werte haben wie wir selbst. Das kann so weit gehen, dass ein bestimmter Ausdruck andersverstanden und definiert wird. Gerade Leute, die meinen, die hätten die Deutungshoheit und die einzig wahre Wahrheit mit Löffeln gefressen, tun sich schwer damit, Widersprüchlichkeiten auszuhalten. Kein Schelm, wem dabei religiöse Fundamentalisten in den Sinn kommen.
Hier jedoch kommt auch die Verbreitung von Informationen, die Berichterstattung über Ereignisse mit in den Problembereich. Auch hier gilt es unterschiedliche Quellen und Informationen zu verarbeiten. Keine leichte Aufgabe, vor allem, wenn der scheinbar selbe Sachverhalt von unterschiedlichen Berichterstatter:innen ganz anders wahrgenommen und vermittelt wird. Das zu sortieren ist eine große Schwierigkeit. Auch und gerade angesichts der unüberschaubaren Nachrichtenkanäle.
Widersprüche aushalten
Nicht umsonst sind die großen deutschen Nachrichtensendungen in Kriegerischen Konflikten dazu übergegangen, stetig darauf hinzuweisen, dass viele der Infos und Meldungen von der einen oder anderen Konfliktpartei stammen. Ihre Glaubwürdigkeit daher eingeschränkt sein kann, denn es gibt keine oder wenig Möglichkeit der „vermeintlich“ objektiven Bestätigung. Die philosophische Frage mit der Objektivität lasse ich an dieser Stelle schlicht mal außen vor.
Was ist also wichtig angesichts globaler Krisen? Jede:r sollte sich informieren, so gut es geht. Zeigt Empathie, helft Opfern. Dann die eigene Gefährdung einschätzen, die ja immer mal wieder komplett willkürlich auftauchen könnte. Hierzulande sind wir Bevölkerung glücklicherweise überwiegend nicht in direkter Kriegsgefahr. Wohl aber in Gefahr für eine Meinungsäußerung mit körperlicher Gewalt bedroht oder sanktioniert zu werden. Ein Zustand, der aus demokratischer wie humanistischer Sicht schlicht nicht tolerierbar ist. Und wenn es sein muss, diskutieren wir auch wieder über Ethik, Pazifismus und gemeinsame Grundwerte.
Gewalt ist keine Lösung, sondern ein Teil des Problems
Brutstatt hat schon immer die Ansicht vertreten, dass Kunst – und sei es auch kommerzieller Film oder KI-produzierter Pop – die Möglichkeit und Kraft hat, Beispiel zu geben und damit Zeugnis abzulegen vom Zustand der Welt im Allgemeinen und im Speziellen. Daran halte ich auch jetzt fest. Der auf diesen Seiten vor Wochen proklamierte „Bildungsurlaub“ mit den Aspekten #PolitischeBildung über aktuelle Veröffentlichungen und #Bildungsherbst mit Texten aus Archiv und Vergangenheit. war schon vorher in unstete Gewässer geraten, ist aber scheinbar notwendiger denn je. Insofern besteht die Ausweitung der Kampfzone (frei nach dem von mir nicht geschätzten Michel Houellebeqc) in der exemplarischen Betrachtung von Dokus und fragwürdigen Filmen mit Kriegsthematik.
Schließlich sollte mensch Meinungsmache oder Propaganda erkennen, wenn sie über die Leinwand oder die Seiten kreucht. „Der Teufel ist ein Eichhörnchen“ meint der Volksmund, oder er steckt im Detail. Oder aber wie Goethes Faust erkennt: „Das also war des Pudels Kern.“ Propaganda verstehe ich als zielgerichteten Versuch öffentliche Meinung zu manipulieren, Sichtweisen zu formen und Erkenntnisse zu beeinflussen. Anders als Aufklärung und Diskurs. Dazu braucht es Mitgefühl, Solidarität und Toleranz.
In diesem Sinne mit dem Zen-Koan und Hippie-Hot Dog-Witz: „Mach mich eins mit allem!“