Während Sammelbildchen-Verlag Panini gerade die Trading Cards (TC) für die European League of Football annonciert, die Anfang Oktober auf den Markt kommen, schließt sich das Transfer-Fenster im Profifußball zumindest hierzulande. Edel Motion bringt dazu die Thriller-Serie „The Window“ auf den Markt. In der europäisch-japanischen Serie geht es um die Hintergrundmachenschaften während der Transfer-Periode zwischen zwei Saisons. Mit Sport und Fairness hat das Ganze wenig zu tun. Neu im Home-Entertainment auf DVD ab 1. September 2023.
Der 17-jährige Nachwuchs-Fußballer Jordan Burdett (Samuel Jordan) gehört zu den größten Talenten des englischen Fußballs. Doch kurz vor Ende des letzten Spiels der Saison ist der Hoffnungsträger von Merseyside Athletic FC (MAFC) noch nicht einmal eingewechselt. Das liegt daran, dass sein älterer Bruder Kieran (Tommy Bastow) gleichzeitig der Spielerberater seines Bruders ist und hoch pokert, um einen lukrativeres Vertrag auszuhandeln.
Das gefällt dem Clubinhaber Jae-Jeon Choo (Teo Yoo) überhaupt nicht. Ebenso wie die Saison-Bilanz des gerade gekauften Clubs. Der Trainer wird entlassen und Jae-Jeon setzt alles daran, dass Jordan den Vertrag unterschreibt. Doch ein Fußballtalent ist auch ein Wirtschaftsfaktor, weshalb die Sportagentur Sceptre ihn gerne als Klienten hätte.
Jugendträume aus dem Fußball-Internat
Der abgezockte Agent Romulus Daglis (Mel Raido) bringt Jordan mit Hilfe des alternden Nationalstürmers Danny Silvers in eine kompromittierende Situation, stellt sich selbst als Retter dar und nimmt durch eine Intrige auch noch Kieran aus dem Berater-Geschäft. Doch als neuer Berater des Talents ist Romulus Jae-Jeon ebenso unsympathisch wie Keiran und der Clubbesitzer weigert sich Geschäfte mit dem Berater zu machen.
Die Agentur übernimmt das Mandat. Romulus wird kurz darauf über den Haufen gefahren und die junge Sport-Journalistin Esther (Lynn Van Royen) steckt ihrem Ex-Freund Kieran, dass er ausgetrickst wurde. Doch Esther macht bei der Fußball-Gala auch die Bekanntschaft der toughen Geschäftsfrau Harriet Saratova (Christina Cole), die arbeitet zwar für den Silver Strand Konzern, der MA FC gekauft hat, sponsort aber auch den Frauenfußball in England.
Esther bekommt das Angebot mit Harriet als Ko-Autorin an einem Buch zu arbeiten. Zudem wird Frau Saratova schnell als mögliche Alternative zum aktuellen EFL (English Football League)-Präsidenten gehandelt, der sich jüngst durch Sexismus und Frauenfeindlichkeit ins Abseits manövriert. Jordan steht derweil immer noch ohne Vertrag dar und im Hintergrund verschiebt sich das Machgefüge im englischen Profi-Fußball.
„The Window“ ist ohne Zweifel ein sehr turbulentes Serienformat. Dabei entfaltet sich nach der Auftakt-Episode, die noch stark am Einzelschicksal des jungen Nachwuchsfußballers aus der Arbeiterschicht orientiert ist, ein breiter Blick hinter die Kulissen. Der Brennpunkt verschiebt sich mit der Journalistin Esther weg von Transfermarkt hin zu Übertragungsrechten und Machtkämpfen innerhalb des Verbandes und der Liga. Parallel dazu laufen die Verhandlungen über Jordans Vertrag eher im Hintergrund, denn auch Sportagent Romulus hat weit mehr auf der Agenda als nur diesen Vertragsabschluss. Seine Stellung in der Agentur ist gefährdet.
„Ich geb‘ mein Bestes und versuche alle Stolz zu machen.“ (Jordan)
Bei „The Window“ sind erfahrene Leute am Werk, möchte das Publikum meinen. Serienschreiber James Payne hat bereits die Kultserie „Life on Mars“ mit „Ashes to Ashes – Zurück in die Achtziger“ fortgesetzt und das Serienformat über des Kaufhaus-Gründer „Mr. Selfridge“ geschrieben. Die drei Episoden-Regisseure, zu denen auch Claudia Garde („Bonn“, „Flemming“) zählt, sind erfahrene TV-Leute und Kameramann Richard van Osterhout macht auch einen guten Job. Und dennoch kann „The Window“ nicht so recht überzeugen.
Es beginnt bereits mit der doppelten Overtüre. Zum einen wird der Nachwuchsstar Smartphone-postend verzweifelt im Wald gezeigt (was die Handlung wie üblich gegen Serienende wieder einholt), zum anderen wird bereits der fatale Autounfall gezeigt, der die Ereignisse erst so richtig ins Rollen bringt (jener Vorfall wird fixer von der Handlung aufgenommen). Anschließend werden die auftreten Charaktere, von denen es eine Menge gibt, fix und zumeinst mit einer charakteristischen, aber sehr stereotypen Szene etabliert. Das naive Talent, die luxusgierige Freundin, die Unterschicht-Mutter, der überambitionierte, früher gescheiterte Bruder, der böse asiatische Investor, der idealistische Trainer, der desillusionierte Stürmer, die taffe Agenturchefin, der hinterhältige Karrierist, die aufrechte junge Journalistin. So weit, so gut.
Wäre da nicht der fehlende Szenenaufbau. Es gibt keine Szene, die nicht eskaliert. Keine Sitzung, in der nicht irgendjemand aus der Rolle fällt. Keine Kneipe, in der niemand Drogen anbietet oder jemand anderem an den Kragen geht. Kein Hotelzimmer ohne Sex, Drogen und Moneten. Irgendjemand fällt konstant aus dem Rahmen des Angebrachten. die Serie hat keinen Ruhepuls und somit auch wenig Dramatik.
Und im weiteren Verlauf wird es arg lebensbedrohlich. Das hat Strukturen eines organisierten Verbrechens und benimmt sich (auf Soap Opera Niveau) auch so. Da wird spioniert, geklaut, gebrandstiftet und getötet. Immerhin ist viel Geld im Spiel! Niemand gibt sich den Anschein des zivilisierten Umganges, es geht gleich auf die 12 und gleich unter die Gürtellinie.
Das große Ganze
Würden sich Angestellte oder auch Chefs im „echten Leben“ auch nur ansatzweise so benehmen, mensch würde die Geschäftsbeziehung auf der Stelle beenden. Gleiches gilt im privaten Bereich, sobald sich jemand regelhaft daneben benimmt, würde mensch den Kontakt einschränken. Nun denn, wir sind hier nicht beim dänischen Wirtschaftsthriller „Follow the Money“. Da war es bisweilen ermüdend realistisch. Was dieser Lisbet Salander Verschnitt überflüssiger Weise in „der Serie „The Window“ treibt, bleibt auch lange unklar.
Es geht in „The Window“ offensichtlich wenig um Realismus. Es geht stattdessen um Wendungsreichtum, der zum Selbstzweck wird. Es geht um die Sensation, die Eskalation als Unterhaltungsprinzip, als Spannungsersatz. Um da folgen zu können, während im „Scecond Screen“ auf Insta und Co andere Social Media Ablenkungen stattfinden, muss das Format in vielen Bereichen wohl überschaubar bleiben, ergo oberflächlich. Es wundert mich, dass Sportwetten nicht auch noch in den erweiterten Themenkreis aufgenommen wurden.
Selten hat mich ein Serienformat mehr genervt als „The Window“. Möglicherweise entsprechen meine Sehgewohnheiten nicht mehr dem, was eine avisierte junge Zielgruppe als attraktives Storytelling ansieht, aber die Charaktere sind plakativ und bleiben oberflächlich. Spannung entsteht aufgrund der Berechenbarkeit der Figuren so gut wie gar nicht. Dem an sich interessanten Themenfeld fehlt jeder Tiefgang jenseits des Klischeehaften. Der Wendungsreichtum ist vollständig unrealistisch und unterbietet auf diese Art und Weise noch einmal jegliches Soap-Opera Niveau. Ich bleibe dem Amateurfußball gewogen.
Serien-Wertung: (4 / 10)
The Window – Steal the Deal
OT: The Window, Season 1
Genre: TV-Serie, Thriller, Wirtschaft
Länge: 450 Minuten (10 x 45 Min.) + Making Of
Produktion & Idee: Roland Hergert
Story: James Payne
Regie: Adrain Shergold, Claudia Garde, Pieter van Hees
Darsteller:innen: Tommy Bastow, Christina Cole, Teo Yoo, Mel Raido
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: ZDF Studios, Edel Motion
DVD-Start: 01.09.2023
Serien-Hompage (englisch)