Poltergeist (2015): Immer noch Altlasten

Zum Finale des #Gruselsommers 2023, welcher der geneigten Leser- bzw Zuschauer:innenschaft hoffentlich Freude bereitet hat, klopft es aller Orten. Merke auf, es ist nicht unwichtig, wo der Mensch sein Häusle baut. 1982 sorgte „Poltergeist“ für wohlige Schauer an der Kinokasse, 2015 nimmt sich die Neuverfilmung ihre jugendliche Freiheit, um neben dem Original zu bestehen.

Weil Vater Eric (Sam Rockwell) seinen Job verloren hat, muss Familie Bowen umziehen. Das neue Heim freut die jüngste Tochter Madison (Kennedy Clemens), während Teenager Kendra (Saxon Sharbino) die Bude hasst, vor allem, weil sie nicht mehr nahe bei ihren Freundinnen wohnt. Sohn Griffin (Kyle Catlett) hat im neunen Zuhause schlicht und ergreifend Angst und Erics Frau Amy (Rosemary DeWitt) nimmt die neue Situation pragmatisch und klaglos an.

Es dauert nicht lange und seltsame Phänomene sorgen für Unruhe: Madison redet mit eingebildeten Freunden, elektrische Geräte spielen verrückt und Sachen entwickeln ein Eigenleben. Eric und Amy tun in typischer Erwachsenenart die meisten Sachen als infantile Hirngespinste ab. Doch ihen wird mulmig, als sie bei einer Dinner Party hören, dass die ganze Siedlung auf einem ehemaligen Friedhofsgelände erbaut wurde. Keine Bange, die Verstorbenen habe man umgebettet. Wieder zuhause, herrscht Chaos und Madison ist verschwunden.

Umzug aus finanzieller Not

In ihrer Not wenden sich die Bowens an das Uni-Institut für Paranormale Phänomenen. Doktor Brooke Powell (Jane Adams) holt sich Hilfe beim Geisteraustreiber Carrgan Burke (Jared Harris). Der wirbt mit dem markigen Spruch „This House is Clean!“ TV wirksam. Sein Job: Verfluchte Gebäude von Geistern befreien.
Ehrlicher Weise finde ich, dass im Grunde niemand ein Remake von „Poltergeist“ braucht. Das Original weiß – anders als viele Horror-B-Movies aus den Siebzigern und Achzigern – auch heute zu beeindrucken. Doch „Poltergeist“ anno 2015 nimmt dies als Chance und kommt extrem kurzweilig und höchst vergnüglich daher. Vor allem stimmt der Sound der Story und sorgt für Gänsehaut-Atmosphäre.

Rückblick auf die Achtziger: 1982 war „Poltergeist“ der erfolgreichste Horrorfilm des Jahres und für mehrere Oscars nominiert. MGM machte daraus eine Fortsetzungsreihe, die aber weder Klasse noch den Erfolg hatte. „Poltergeist“ gehört auch ohne unmäßige Blut und Eingeweide-Sequenzen zu den gruseligsten Filmen Hollywoods. Vor allen die kindlichen Darsteller wussten zu überzeugen und sorgten für Gansehaut. Im „Remake“ von Gil Kenan ist das kaum anders. Der Horror funktioniert auch deshalb wieder, weil die Kinder ihre Rollen so überzeugend spielen.

Billiges Bauland mit Altlasten

Poltergeist war in den Achtzigern aus mehreren Gründen in den Schlagzeilen. Unter anderem ist bis heute nicht geklärt, wer beim ersten Film Regie führte. Die Story stammt von Spielberg, der wegen der Produktion von „E.T.“ keinen anderen Film drehen durfte. Toby Hooper („Blutrausch in Texas“, OT: Texas Chainsaw Massacre“) übernahm die Regie. Ob sich Spielberg aber in den Dreh eingemischt hat und welchen Anteil der Storyboards Hooper letztlich einbrachte, lässt sich nicht sagen. Dazu divergieren die Aussagen der Beteiligten zu sehr. Das Original ist auf jeden Fall ein Klassiker.

2015 hält sich das von David Lindsay-Abaire überarbeitete Spielberg-Script weitgehend an die damalige Dramaturgie und die Schockmomente. Unterschiede finden sich eher in Details. Das kann das Publikum einfach als Hommage an einen extrem beeindruckenden Gruselfilm verstehen. In dieser Hinsicht weiß „Poltergeist“ in seiner aktuellen Variante durchaus spannend und ziemlich gruselig zu unterhalten. Das 3D von Gil Kenans Film überzeugt nicht immer und setzt auch auf genreübliche, auf den Zuschauer zufliegenden Objekte. Stimmung und Besetzung machen das wieder wett.

Fast vierzig Jahre ist es inzwischen her, dass die schlaflosen Seelen in „Poltergeist“ einer amerikanischen Familie publikumswirksam das neue Heim vergällten. Wie so vielen einst erfolgreichen Horror- und Gruselfilmen hat auch „Poltergeist“ das Remake-Schicksal ereilt. Produzent Sam Raimi hat bereits mit „Evildead“ bewiesen, dass er weiß, wie man kultige Horrorstreifen in die heutige Zeit schubst. „Poltergeist“ 2015 – unter der unstrittigen Regie von Gil Kenan – weiß spannend zu unterhalten, ohne dem Original jemals seinen Rang streitig zu machen.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Poltergeist (2015)
OT: Poltergeist
Genre: Horror
Länge: 93 Minuten, USA, 2015
Regie: Gil Kenan
Darsteller:innen: Sam Rockwell, Jared Harris, Rosemarie DeWitt,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: 20th Century Fox
Kinostart: 28.05.2015
DVD- & BD-VÖ: 22.10.2015