Davy Jones- Wake the Dead: Album Review

Eilig haben es Davy Jones auf ihrem aktuellen Album „Wake the Dead“. So ist das im Punk Rock: Geschwindigkeit ist ein Momentum, das genutzt werden will. Auch und vor allem, wenn man die Toten aufweckt. Das Trio aus Lennestadt im Sauerland schrubbt seit fast einer Dekade zusammen Riffs und Bühnen der Republik. Und legt jetzt mit „Wake the Dead“ ein flottes zweites Album hin, das Punkrock alter Schule zelebriert. Oder wie Barney von Napalm Death einst mittags von einer dänischen Festivalbühne johlte: „Wake up you f***ing Bastards!“

Punk im weitesten Sinne ist eine der wenigen Musikarten, bei denen physische Tonträger noch auf nennenswerten Absatz stoßen. Insofern macht es für eine Band auch Sinn, ein Album rauszubringen. Selbst wenn es die 30 Minuten Marke nicht ansatzweise erreicht und unter ProgRock-Vorzeichen nicht mal als EP durchgehen würde. Doch wo andere Musikstile gerade 4 Songs unterbringen klöppeln Davy Jones in den 25 Minuten Spielzeit 10 souveräne Punkrocker in den Äther, die ziemlich schnell ins Ohr gehen und dort auch hängenbleiben.

Nun ist Punk nicht eben eine neue Erfindung oder eine hochkomplexe Angelegenheit. Grade wenn er nach alter Schule Beispiel betrieben und mit Straßenattitüde und Hang zum melodischen Mitsingen oder –johlen gespielt. Ich sach‘ nur: ein zwei drei vier. Umso wichtiger, dass der Druck und die Überzeugung stimmen. Beides ist bei „Wake the Dead“ der Fall. Weshalb das Album überzeugt, keinen Ausfall aufweist und spätestens nach dem dritten Durchlauf nach einem Live-Auftritt schreit.

Davy Jones spielen seit 2014 zusammen, wobei es wohl um 2018/19 einen Besetzungswechsel am Bass gegeben hat. Immerhin hat der junge Punk in einer Kleinstadt mit 25.000 Einwohner ohnehin wenig anders zu tun als abzuhängen und zu musizieren. Das merkt man Davy Jones an. Obwohl die Band, die 2016 ihr gleichnamiges Debüt veröffentlichte, sicher nicht die Hauptbeschäftigung der Musiker ist.

Warum denn die Toten aufwecken…

Immerhin, in einer Underground-Szene, in der Bands selten mal mehr als zwei Platten produzieren, bevor sie Geschichte sind, ist es schon eine Leistung beinahe eine Dekade am Start zu sein. Und sei es nur mit lokalem Ruhm. Davy Jones wirken eingespielt und bühnenerprobt, und die Produktion ist reif und rau, so wie sich das gehört. Selten bin ich so druckvoll beschallt worden, von einer Band ähnlichen Status.

Apropos Bandstatus. Es scheint, als wollten Davy Jones es mit dem aktuellen Longplayer jetzt mal wissen. Da wird die überregionale Promotrommel gerührt, im aktuellen OX Fanzine mit die Band auf dem CD-Sampler vertreten und es stehen diverse Auftritte an. Als nächstes wäre dann wohl der Bandcamp-Auftritt dran, auf dem – Stand jetzt – nur drei alte Songs zu finden sind, keine brauchbaren Infos und auch kein Direktvertrieb. Eventuell auch noch mal eine aktuelle Videosingle nachschieben? Nu je.

Leider hat‘s für die Band aktuell auch einen Rückschlag gegeben, als dem Trio im Juni das Equipment aus dem Auto geklaut wurde. So jedenfalls ist es bei Facebook nachzulesen. Kinder, wer macht denn sowas! Gibt es auf der Straße denn keine Solidarität mehr und kein Klassenbewusstsein. Es gibt wenig, das asozialer ist als Musikern die Instrumente zu zocken. („Update: Wie die Band selbst im Kommentar unten klarstellt, handelte es sich um das Gear einer befreundeten Band. Der Rezensent hat schlampig recherchiert, die Botschaft bleibt: das gehört sich nicht.)

…wenn die Lebenden schon für Verzweiflung sorgen?

Das Album Cover von „Wake the Dead“ erinnert mich an frühe „Clowns“-Outputs und den ersten „Evil Dead“ Film (Deutsch: „Tanz der Teufel“) passt also zum Titel und der Zeichenstil zu Punk wie Faust aufs Auge. Die Songs sind allesamt sehr eingängig und druckvoll. Selten geht’s an die 3 Minuten und immer gibt’s auch mehrstimmige Parts zum Mitmachen. Das hat schon ordentlich Street Punk Power britischer Prägung, ließe sich aber auch im Hochenergie-Rock skandinavischer Machart einsortieren oder bisweilen im Power-Pop amerikanischer Spielart. Ist aber letztlich alles gleich schön.

„No Way Back“ gibt kurz und schmerzlos die Richtung an. Die Shouts und der Gesang verfügen über eine Rauheit die noch nicht bei Leatherface‘s Frankie Stubbs angekommen ist, aber engagiert rüberkommt. „Shadows“ ist melodischer, mit zwei Gesangsparts und sehr gefällig. „Desperation“ wurde bereits 2021 als Videosingle vorab veröffentlicht und ist mehr als ein Lebenszeichen, das in der Pandemie aufleuchtete. Das Trio hier auch mit Gitarrensolo und viel Spaß. „They Move like Robots“ meint wohl die restlichen Untoten.

„Endless Race“ galoppiert anschließend in derbere Hardcore Gefilde, bleibt aber zum Refrain hin gröhlbar und melodisch. Sehr schön. Weiter geht’s mit „My Destiny“. Anschließend zeigt „Dead Mans Town“ auch mal eine Nähe zu den Bostoner Irish Punks von Dropkick Murphys auf. Beim Titelsong „Wake the Dead“ gefällt der verzerrte Bass, der einleitet und später auch nochmal seinen Spot kriegt um Spannung aufzubauen. Das nächste 3-Minuten Stück hat Stadionqualität und hält locker mit einem „Die Toten Hosen“ Knallern mit. Gehobenes Midtempo und diese Refrain-Melodie. „Slavery is gone (done?) when i enter my Throne“. Sag ich ja.

Kurz vor Toreschluss dann mit „On the Run“ nochmal auf die Zielline zusprinten um anschließend in der „Old Town Bar“ noch einen Absacker zu nehmen. Hier kommen alle nach dem glückselig überstandenen Pogo-Pit her, um nochmal in Nostalgie und Gemeinschaft zu schwelgen. Mitsingen wie im Irish Pup inklusive. Feiner Abschluss für ein solides Album.

Mit Punk Rock lassen sich durchaus noch Leute hinterm Ofen hervorlocken. Das zeigen Gigs und Festivals mit beständiger Regelmäßigkeit. Dass dabei das Rad nicht neu erfunden wird, ist allen Beteiligten klar, insofern sind es Leidenschaft, Sound und Überzeugung die auf den Ozeanen der drei Akkorde Songs die Leichtmatrosen von den Piraten trennen. Davy Jones gehören definitiv zu letzteren.

Album-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Davy Jones: Wake the Dead
Genre: Punk,
Länge: 25 Minuten (10 Songs)
Interpret: Davy Jones
Label DJ Records
Vertrieb: Timezone Distribution
Format: Vinyl, Digital, CD
VÖ: 11.08.2023

davy jones auf Instagram

Davy Jones bei Bandcamp

Ein Kommentar

Lummsky 2023/08/14

Davy Jones bedankt sich artig für für dieses tolle und aufwendige Review. Da geht so einiges runter wie Öl.

Der Abschnitt mit dem geklagten Equipment basiert aber zum Glück auf einem Missverständnis. Der Facebookartikel war – zu unserem Glück – bloß von einer befreundeten Band geteilt.