Freaks Out: mit Metawesen zum Endsieg

In Gabriele Mainettis epischen Fantasyspektakel „Freak Out“ sucht ein Nazi nach Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, um den Kreig zu gewinnen. Wo ließe sich besser nach Superhelden und Freaks fahnden als im Zirkus. Ganz so kriegsentscheidend gestaltet sich die Jagd dann aber doch nicht. „Freaks Out“ wurde beim Filmfest in Venedig 2021 ausgezeichnet und war bereits beim Fantasy Filmfest 2022 zu sehen. Nun bringt Square One das Action-Abenteuer zunächst am 15. Juni digital und am 22. Juni 2023 für das klassische Home-Entertainment auf DVD und Blu-ray auf den Markt.

Im Rom des Jahres 1943 wird der kleine Zirkus von Direktor und Impressario Israel (Giorgio Tirabassi) durch Luftangriffe zerstört. Die Artisten und ihr Mentor beschließen nach Amerika zu gehen. als Israel sich auf den Weg macht, um die Überfahrt zu organisieren, verschwindet er spurlos. Plötzlich stehen Wolfsmensch Fulvio (Claudio Santamaria), der magnetische Zwerg Mario (Giancarlo Martini), Insektenflüsterer Cencio (Pietro Castelitto) und das elektrische Mädchen Matilde (Aurora Giovinazzo) alleingelassen da und beschließen ihr Glück woanders zu versuchen.

Eventuell kommen die Artisten im Zirkus Berlin unter, der von dem Nazi und begnadeten Pianisten Franz (Franz Rogowski) geleitet wird. Nur Matilde will nach Israel suchen gehen. Doch da sind die deutschen Truppen den Vagabunden und Freaks schon auf der Spur und die Artisten werden gefangen genommen.

Franz, der Visionen einer möglichen Zukunft empfängt, leitet den Zirkus vor allem um Menschen mit Superkräften suchen, die Hitler zum Sieg verhelfen sollen. Doch auch Franz bekommt ein Ultimatum gestellt: binnen einer Woche muss er Ergebnisse liefern, oder er wird an die Front geschickt.

Der Zwölffinger-Nazi

Superhelden scheinen das Thema von Regisseur Gabriele Mainetti zu sein. Bereits mit seinem ersten Spielfilm „Jeeg Robot“ entwarf er eine trashige, italienische Superhelden-Variante, die begeistern konnte. Nun ist das Budget höher und die Schauwerte sind Leinwand füllend. Auch das Setting im historischen Zusammenhang hat einen Charme, der die Mutanten-Idee variantenreich weiterspinnt.

Nur leider hapert es bei „Freaks Out“ an anderer und entscheidender Stelle. Die Story ist etwas arg belanglos ausgefallen. Ein Nazi, der selbst Außenseiter und Getriebener ist, sucht seine Existenzberechtigung im Verrat an Seinesgleichen. Das ist ebenso diabolisch wie plakativ und auch nach diversen X-Men-Verfilmungen abgenutzt. In gewisser Weise ist „Freaks Out“ schlicht zu spät unterwegs, um mit Superhelden-Fantasy zu begeistern.

Artisten zwischen Diasopra und Exil

Das Setting im Krieg erinnert stark an den Auftakt der zweiten X-Men-Trilogie als sich der junge Magneto im Konzentrationslager wiederfindet. Andere Elemente im überlangen Film erinnern an Tarantinos „Inglorius Basterds“ die Experimente mit den vermeintlichen Metawesen könnten auch aus „The Shape of Water“ stammen. All das ist durchaus stimmig zusammengefügt, nur leider auch etwas absehbar und mit einigen dialogischen Plattitüden.

„Freaks Out“ nimmt sich geschlagenen 20 Minuten Exposition, in denen die Zirkusvorführung in Israels Manege gezeigt und die Charaktere eingeführt werden. Dann erst tritt die Welt in den Film ein und zerstört mit unbändiger Macht die fantastische Realitätsflucht. Der erste Satz der dann gesprochen wird, zitiert einem Literaturklassiker: „Nennt mich Israel“. Später dann auf dem Höhepunkt des finalen Gefechts ruft der befehlshabende Nazi aus „Haha! Wir gewinnen.“ Wie ein Kind, dass beim Kriegspielen die Oberhand bekommt. Das mag Methode haben, so wie die Zeichnungen im Abspann, die Franz‘ Visionen illustrieren, aber es ist doch auch gewaltig platt.

So bleiben am Ende vor allem die Schauwerte, die „Freaks Out“ unterhaltsam machen, während das Publikum, den Eindruck nicht los wird, dass der Film trotz seiner Länge etliches am Möglichkeiten verpasst hat. Eine cineastische Festivaljury mag das beeindrucken, Zuschauer:innen, die sich durch diverse Marvel und DC-Filme geglotzt haben, wohl eher weniger. Aber das mag jede:r selbst sehen.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

Freaks Out
OT: Freaks Out
Genre: Fantasy, Abenteurer, Action
Länge: 142 Minuten, I, 2021
Regie: Gabriele Mainetti
Darsteller:innen: Aurora Giovinazzo, Claudio Santamaria, Franz Rogowski,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Square One
Kinostart: nicht in Deutschland, FFF 2022
Digital-VÖ: 15.06.2023
DVD-& BD-VÖ: 23.06.2023