Wer kann das nicht nachvollziehen? Die Zeiten werden härter, die Witrschaftskrise wird spürbar und der Schuhverkäufer und Tango-Musiker Julio denkt ans Auswandern. Aber dann spielt das Leben auch in Argentinien so wie es will und es kommt zunächst etwas oder jemand dazwischen. Nach seiner hinreißenden Tango-Doku „Der letzte Tango“ gibt Filmmacher German Kral hier sein Spielfilm-Debüt. In den Kinos ab 11. Mai 2023.
Julio Färber (Diego Crimonesi) hat einen kleinen Schuhladen, der länger schon nicht besonders gut läuft. In Buenos Aires im Jahr 2001 ist die Wirtschaftskrise deutlich zu merken und Julio will nach Deutschland auswandern. In das Land seiner Mutter. Doch die 14-Jährige Tochter des Alleinerziehenden ist wenig begeistert, hat sie sich doch gerade verliebt.
Auch die Bandkollegen, mit denen Julio als Bandoneon-Spieler in einer Tango-Kapelle musiziert, müssen noch informiert werden. Doch dann wird Julio auf dem Weg zur Probe in einen Autounfall verwickelt und die beteiligte Taxifahrerin (Maria Bellati) bestreitet jede Schuld und haut ab. Bei der Probe haut der Sänger in den Sack und die Musiker stehen ohne Poeten da.
„Bloß da zu sein, während die Zeit verrinnt, bedeutet zu vergehen, nicht zu leben“ (Liedtext Honrar la vida“)
Erstaunlicherweise erweist sich die Schnapsidee, den alt gewordenen Tango-Star Ricardo Torotella (Mario Alarcon) zu reaktivieren als funktionierend. Der Mann ist froh aus dem Altenheim verschwinden zu können. Und Julio macht auch die Taxifahrerin ausfindig. Mariella handelt Fahrdienste für die Musiker aus, um dem Schaden auszugleichen. Und siehe da, die Frau kommt Julio ganz attraktiv vor.
Es sind die kleinen Geschichten, denen sich der Filmmacher German Kral in seinem Spielfilmdebüt zuwendet. Die beschauliche Händlerexistenz, das Teenagerproblem, das trostlose Dasein im Altenheim und der Tango als Trost der kleinen Leute. Zum Glück gibt es Freunde und so lässt sich das Leben auch in der Wirtschaftskrise mit einem bisschen Freude bewältigen.
Daran ist nichts verkehrt, die Botschaft und das soziale Milieu stimmen. Vor allem aber weiß die Musik in „Adios Bueonos Aires“ zu gefallen. Im Grunde geht es German Kral beinahe darum, eine Handlung um die Tangotexte zu ersinnen, die so einen gewisses Lebensgefühl vermittelt, das auch ein Stück weit die argentinische Seele spiegeln mag. Das hat schon sehr schöne musikalische Szenen.
Allein etwas Neues präsentiert der aus Argentinien stammende und seit 30 Jahren in Deutschland lebende Filmmacher nicht. Diese Phase in der jüngeren Argentinischen Geschichte wurde schon eindringlicher inszeniert und auch Sozialdramen im Arbeitermilieu wurden schon zwingender in Szene gesetzt. Für die große Leinwand mag das etwas wenig sein, aber der Film ist sehr stimmig.
Gerade der leichte Ton und auch die kleinmaßstäbliche Betrachtung, die sehr persönliche Geschichte haben auch eine Unterhaltungsqualität, die in dem melancholischen Tango einen Wiederhall findet. Das kann das Publikum durchaus genießen.
Film-Wertung: (6 / 10)
Adios Buenos Aires
OT: Adios Buenos Aires
Genre: Drama, Komödie, Romanze
Länge: 90 Minuten, D/ ARG, 2023
Regie: German Kral
Darsteller:innen: Diego Crimonesi, Maria Bellati,
FSK: ohne Altersbeschränkung, ab 0 Jahren
Vertrieb: Alpenrepublik
Kinostart: 11.05.2023