Offseason – Insel des Grauens: Geschlossene Gesellschaft

Klassisch angelegte Gruselfilme habe seit Jahren wieder Konjunktur und bisweilen macht es einfach spökeliges Vergnügen, sich in die lichtlose, verlasse Atmosphäre einer Ferieninsel fallen zu lassen, auf der die Urlaubssaison beendet ist. Marie Aldrich hat allerdings etwas zu erledigen, das sich als nervtötender erweist als gedacht. Pandastorm Pictures bringt den elegischen, amerikanischen Grusel-Thriller als Home-Entertainment Premiere in digitaler Form und auf DVD und Blu-ray heraus.

Es gibt Briefe, die möchte niemand erhalten. So wie Marie Aldrich, die von der Friedhofsverwaltung angeschrieben wird, dass das Grab ihrer Mutter geschändet wurde. Nun ist Marie mit ihren Freund George (Joe Swanberg) auf dem Weg, zu der Insel, auf der ihre Mutter beerdigt wurde. Doch bereits der Weg gestaltet sich als sperrig, denn die Touristen und Gäste sind abgereist und bis zur nächsten Saison wird die einzige Brücke zur Insel geschlossen. Der Brückenwärter lässt Marie nur wegen des dringlichen Schreibens durch.

Der Friedhofswächter ist nirgends aufzutreiben und auch sonst scheinen Insel und Hauptort ziemlich ausgestorben. In der örtlichen Kneipe hängen noch kauzige Gestalten herum und Marie bekommt ein seltsames Angebot von dem „letzten Mann dort draußen“. Nun stellt sich die Frage, was zu tun? Sich um das Grab kümmern oder die Insel unverrichteter Dinge verlassen?

Heraufbeschworene Drohungen

Die vielleicht bezeichnendste Szene in Mickey Keatings Grusel-Thriller kommt etwa in der Filmmitte. In einem Rückblick erinnert sich Marie an die Testamentseröffnung ihrer Mutter, bei der die Anwälte darauf beharren, dass es deren letzter Willen war, auf der Insel von der sie stammt, begraben zu werden.

Dazu wird ein Klaviermotiv gespielt, das in gruseligen Momenten gerne herangezogen wird: „Aquarium“ aus dem Stück „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens. Genrefans werden über diese Musik bereits andernorts gestolpert sein und auch die Inszenierung ist klassisch bis hin zur Uninspiriertheit. Das Böse trägt Anzug und gibt sich unnahbar, während die hilflose Protagonistin als „Problemkind“ diskeditiert wird.

Im Grund ist an der Szene wenig auszusetzen, außer, dass sie so typisch für siebzigerjahre Horror ist und die Infos bereits bekannt sind. Rund ein halbes Jahrhundert später mag das Publikum dies als Hommage an die gute alte Zeit des Genres begreifen, oder eben als arg klassische Inszenierung.

Fluchtversuche bis ins Jenseits

Die Insellage an sich ist schon symbolträchtig. Die Querung von Gewässern weist immer auf veränderte Realität und so wundert es nicht, dass hier dereinst lovcraft’sche Pakte mit bösen Mächten geschmiedet wurden und die junge Frau ihre Familienschuld abtragen muss. Da kommt auch ein bisschen „The Fog – Nebel des Grauens“ vor.

Doch die Fragen bleiben…Warum hier so viel schlechtes Licht eingeschaltet ist, während niemand anwesend scheint? Wo kommt der Nebel her? Auch und immer wieder spielt in verlassenen Räumen ein Radio oder läuft ein Tonband. Zumeist in Dauerschleife oder mit Rillensprung. Das Sounddesign ist entsprechend und weiß Überraschung durch Lautstärke zu untermalen. Handwerklich ist das solide.

Die Stimmung weiß über weite Strecken und trotz des bescheidenen Budgets zu überzeugen. Die junge Marie nimmt das Publikum mit und die Zeitlosigkeit in einer Ära prä Mobiltelefonie gefällt, ob ihrer Schnörkellosigkeit.
Dann aber braucht ein Film von 80 Minuten Spiellänge keine Kapitelunterteilung, die nur den flow hemmt und dann doch nichts auszudrücken weiß. Das war bei dem deutlich moderneren „Arboretum“ ähnlich. Es lässt sich nicht verhehlen, dass der Rezensent bei aller Absehbarkeit überwiegend auch Spaß hatte.

„Offseason –Insel des Grauen“ liefert atmosphärisch gelungene aber doch herkömmliche Genrekost ab. Wer sich in die zeitlose, nebelverhangene Stimmung fallen lassen kann, kommt auf seine Kosten. Wer sich eher von Bilddetails ablenken lässt, sollte seine Zeit anderweitig verwenden.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Offseason – Insel des Grauens
OT: Offseason
Genre: Horror, Mystery,
Länge: 82 Minuten, USA, 2021
Regie: Mickey Keating
Darsteller:innen: Jocelin Donahue, Joe Swanberg, Melora Walters
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Pandastorm
Kinostart: nicht in Deutschland
Digital-VÖ: 14.04.2023
DVD- & BD-VÖ: 28.04.2023