The Assassin: Tödliche Liebe

the assassin-06-vorschauMartial Arts und Arthaus? Geht das zusammen? „The Assassin“ zeigt das diese Kombi in historischem chinesischem Kontext durchaus funktioniert. Filmmacher Hou Hsiao-Hsien ist einer der wichtigsten und renommiertesten asiatischen Regisseure und in Cannes lief sein Film im vergangenen Jahr mit tollem Erfolg und Auszeichnung. Nun kommt „The Assassin“ auch bei uns ins Kino.

In der Mitte des 9. Jahrhunderts ist das Machtgefüge in China im Umbruch: Viele Fürsten rebellieren gegen das Kaiserhaus der Tang-Dynastie. Nie Yin-Niang (Qi Shu) wurde als Kind in eine Kloster geschickt, obwohl das Mädchen eigentlich schon zur Heirat versprochen war. Dort wird das Mädchen von einer Nonne, die auch die Schwester des Kaisers ist, zur Attentäterin ausgebildet. Als junge Frau bekommt Nie Yin-Niang dann den Auftrag, ihren einstigen Bräutigam Tian Jian (Chen Chang), nun mächtiger Gouverneur, zu töten und kehrt in ihre Heimatprovinz Weibo zurück.

The_Assassin02_c_Delphi_FilmverleihEs dauert ein bisschen, bis beim Zuschauer die Orientierung einsetzt: Zur Fülle an Informationen über das China in der Mitte des 9. Jahrhunderts, die kurz eingeblendet, vor allem aber in der detailfreudigen Ausstattung zu finden sind, gesellen sich wie so häufig im asiatischen Kino nur wenige Dialoge. Dabei zeigt schon der in Schwarz-Weiß gedrehte Vorspann, wohin der Hase läuft – beziehungsweise die Attentäterin.  Regisseur Hsiao-Hsien ist nicht auf ein Martial Arts -Spektakel im Stil des Wuxia-Genres aus, sondern auf hohe Filmkunst.

Nie yin niang004Der Film zelebriert seine aufwändig komponierten Szenen mit großartiger Kameraführung und langen Tableaus. Dadurch entfaltet „The Assassin“ eine beinahe meditative Wirkung. „The Assassin“ erzählt vor allem eine romantische und irgendwie tragische Liebesgeschichte. Denn diese Attentäterin ist keineswegs nur ein williges Instrument derer, die sie ausgebildet hat, sondern verweigert ein ums andere Mal den Tötungsbefehl. Hinter dem ebenmäßigen schweigsamen Gesicht der Nie Yin-Niang verbirgt sich eine leidenschaftliche Frau. Die wenigen fein choreografierten Kampfausbrüche verweigern sich daher auch jedweder Action-Dramaturgie und enden ebenso abrupt wie sie begonnen haben. In gewisser Weise thematisiert der Film das Erwachsenwerden der Killerin.

The_Assassin01_c_Delphi_FilMVERLEIHLose basiert „The Assassin“ auf einer Geschichte des chinesischen Dichters Xing Pei aus dem neunten Jahrhundert. Die Fertigstellung dauerte Jahre, aber das Warten hat sich gelohnt: detailreichen und farbenfrohen Szenen, bildschönes und fein choreografiertes, historisches Kino, das vor allem von seinen Sequenzen der Langsamkeit lebt und genau dort zu atmen beginnt, wo das Martial Arts Spektakel sich in Action verlieren würde.

Solche Bildgewalt und detaillierte Bildkomposition verlangt adäquate  musikalische Begleitung. Der Musiker, Soundtüftler und DJ Lim Giong gehört zur experimentelle Techno-Szene Taiwans und liefert einen gleichsam archaischen und ungewöhnlichen Score ab, der die Bilder aber auf nahezu perfekte Weise zu grandioser Eleganz ergänzt.

Mit „The Assassin“ legt der taiwanesische Regisseur Hou Hsiao-Hsien  ein historisches Drama von elegischer Schönheit vor.

Film-Wertung:8 out of 10 stars (8 / 10)

the-assassin-plakatThe Assassin
OT: Nie Yin-Niang
Genre: Historiendrama, Wuxia
Länge: 105 Minuten, ROC/VRC/HK/F, 2015
Regie: Hou Hsiao-hsien
Darsteller: Shu Qi, Chang Chen
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Delphi Filmverleih
Kinostart: 30.06.2016