Eine populäre Frage nach scheinbar vergessenen Promis lautet: Was macht eigentlich der und der? Im Fall der italienischen Schauspielerin Anna Falchi, die in Lamberto Bavas „Die falsche Prinzessin“ erneut die junge, verliebte Unschuld mimt, lässt sich das leicht beantworten: die in Finnland als Anna Kristiina Palomäki geborene Darstellerin dreht fleißig Filme und Serien. Und auch so manch anderer, den man als Zuschauer in der 1998 entstandenen TV-Verfilmung zu sehen bekommt, dürfte einem inzwischen bekannt vorkommen. Allerdings sind in der Bava‘schen Märchenfabrik leichte Ermüdungserscheinungen auszumachen.
König Hamil (Mathieu Carrière) braucht dringend einen Thronfolger, denn ansonsten geht das Reich nach seinem Tod an den machtgierigen und ruchlosen jüngeren Bruder Migal (Thomas Kretschmann). Aber die Königin kann keine Kinder bekommen und so wendet sich der verzweifelte Herrscher an den Zauberer Gamesh (Simone Ascani). Der sorgt auch für einen Thronfolger, aber sein böser Widersacher Epos (Max von Sydow) bringt den Säugling in Gefahr. Verzweifelt wechselt der König seinen Sohn mit der Tochter eines Bauern und präsentiert dem Volk eine Prinzessin.
Jahre später ist Mirabella (Anna Falchi) eine schöne, junge Frau geworden, während der wahre Prinz Ademaro (Nicholas Rogers) mit seinem vermeintlichen Bruder Leonardo (Lorenzo Crespi) zusammen in bäuerlichen Verhältnissen aufwächst. Bei einem Volksfest zu dem die Prinzessin ausgebüxt ist, verliebt sich der draufgängerische Leonardo in die verkleidete Prinzessin, während diese sich in Ademaro verguckt. Die Liebe ist sowieso schon ein seltsames Spiel und auch der finstere Migal hat ein Auge auf Mirabella und vor allem den Thron geworfen, als dann aber auch och die beiden Zauberer in die Geschicke der jungen Leute eingreifen, kommt es zu wilden Verwicklungen.
Kinder bei armen Leuten verstecken
„Da geht noch was!“, mögen der italienische Regisseur Lamberto Bava und Drehbuchautor Gianni Romoli gedacht haben, als sie 1991 mit der ersten TV-Verfilmung ihres epischen Märchens „Prinzessin Fantaghirò“ so gute Quoten hatten, dass die Filmschaffenden in den kommenden Jahren nicht nur vier weitere märchenhafte Abenteuer der Prinzessin auf den Bildschirm zauberten, sondern gleich noch drei weitere Märchenfilme nach ähnlich fantastischem Strickmuster: „Der Ring des Drachen“ und „Die falsche Prinzessin“ sind nun wie auch die komplette „Fantaghirò“-Edition bei Studio 100 neu herausgebracht worden. Warum „Prinzessin Alesia“ (1996) nicht wiederveröffentlicht wurde, bleibt mir ein Rätsel.
Aber jetzt zu „Die falsche Prinzessin“: Das Team Bava und Romoli hatte diverse Markenzeichen der modernen italienischen Märchen etabliert, die sich auch widerholen: Eine Romanze darf ebenso wenig fehlen wie ein Ränkespiel und die Macht. Zauberei spielt in dieser Fantasie-Welt ebenfalls eine wichtige Rolle, häufig genug in Gestalt von sprechenden Puppen, verzauberten Tieren oder aber richtig fiesen Magiern. Das sorgt dann auch für den Einsatz von visuellen Effekten. Dabei steht immer eine schön, junge Dame im Mittelpunkt des Interesses, in die sich das vornehmlich anvisierte weibliche Teenagerpublikum hineinträumen kann.
Bekannte Darsteller:innen in frühen Rollen
Bei „Die falsche Prinzessin“, die durchaus namhaft besetzt ist, kommt auch noch ein wenig Humor dazu, eventuell nicht immer ganz freiwillig. Und vielleicht liegt darin auch der Grund, warum das moderne Fantasy-Märchen nicht so gut funktioniert, wie die anderen Kooperationen von Bava und Romoli. Aber auch die Handlung ist deutlich weniger „komplex“ und lässt sich auf das romantische Dreieck mit all seinen Verwirrungen reduzieren. Denn letztlich bleiben Thomas Kretschmann, der hier mit Hingabe den Bösewicht gibt, vergleichsweise blass, einfach, weil er zu wenig und zu kurze Auftritt hat. Immerhin kam Kretschmanns („Wanted“, „Immortal“) internationale Karriere anschließend etwas besser ins Rollen.
Als klischeeorientiere Romanze funktioniert „Die falsche Prinzessin“ mit den beiden männlichen Darstellern Lorenzo Crespi und Nicholas Rodgers, die um Anna Falchis Gunst buhlen. Dafür hapert es allerding an fast allen anderen filmischen Ecken. Die fantastischen Kulissen der Zaubererhöhle wirken nicht überzeugend, und so sehr sich der überschminkte Max von Sydow („Der Exorzist“, Pelle der Eroberer“) auch ins Zeug schmeißt, gegen seinen Zauberlehrling spielt sich schlecht an, wen der nicht nur im Kindskörper gefangen ist, sondern auch von einem Kind dargestellt wird. Das hat auch seine unterhaltsamen Seiten, aber so richtig finster wirkt der böse Zauberer leider nicht.
Badeszenen und kultige Effekte
Wer nun meint, dass es Bava auf kindgerechte Märchenunterhaltung abgesehen hat, wird spätesten dann eines besseren belehrt, wenn die verkleidete Prinzessin Mirabella nach einem unfreiwilligem Bad im See als tropfnasses Teenager-Pin-up in Szene gesetzt wird. Das ist zwar recht harmlos, aber eben auch nicht kindgerecht. So richtig mag sich das alles in „Die falsche Prinzessin“ nicht zusammenfügen. Da reißen weder der Schwerkampf zwischen Migal und Leonardo noch die anstehende Hochzeit Mirabellas mit dem bösen Zauberer Epos etwas heraus.
An den visuellen Effekten hätte Ray Harryhausen (1920-2013), die Hollywood- Legende für Special Effekts („Clash of the Titans“, 1981, „Sindbad und das Auge des Tigers“, 1978) seine wahre Freude gehabt. Positiv formuliert: Bava macht aus den zur Verfügung stehenden Mitteln eine solide Show, die aus heutiger Sicht durchaus auch ein wenig trashig wirkt. Das aber sollte man durchaus berücksichtigen, wenn man sich die im 4:3 Format gedrehte Romanze in der deutshcne Synchronfassung anschaut, die seinerzeit bei Sat 1 ausgestrahlt wurde und nun auf der DVD enthalten ist.
Anders als „Prinzessin Fantaghirò“ und „Der Ring des Drachen“, die auch heute noch einen durchaus eigenen, naiven Charme haben, ist die Magie in „Die falsche Prinzessin“ verflogen. Die Romanze hält dem Zahn der Zeit gerade eben noch stand, aber das Fantasy-Element wirkt ausgereizt.
Film-Wertung: (5 / 10)
Die falsche Prinzessin
OT: La principessa e il povero
Genre: Fantasy, Märchen
Länge: ca. 180 Minuten, Italien, 1998
Regie: Lamberto Bava
Darsteller: Anna Falchi, Lorenzo Crespi, Nicholas Rogers, Thomas Kretschmann, Max von Sydow,
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Studio 100, Universum
DVD-VÖ: 07.10.2016