Joe Hill: Sea Dogs – Blutige Wellen

Eine neue Geschichte von Joe Hill verspricht immer gute Horror-Unterhaltung. In „Sea Dogs – Blutige Wellen“ schickt der Sohn von Stephen King, der selbst schon längst erfolgreicher Autor und Comic-Szenarist ist, Werwölfe aus, um die Geschicke im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu wenden. Das Kriegsglück ist nicht mit den Tapferen, sondern mit den Lykanern. Ab Ende Januar 2023 bei Panini Comics.

Im Mai 1780 tragen sich auf einen geheimen Stützpunkt in Staate New York folgenreiche Versuche zu. Daraufhin beschließt der amerikanische Geheimdienstchef Bolton, die Flotte der Briten entscheidend zu schwächen. Er will Geheimagenten an Bord des kampferprobten britischen Flagschiffs „Havoc“ bringen. Die „Havoc“ unter dem Kommando von Merlin Wolstencroft sorgt beinahe im Alleingang dafür, dass die Amerikaner von Nachschublieferungen der französischen Flotte abgeschnitten sind. Es gilt die Seeblockade zu brechen, oder zumindest empfindlich zu stören.

Die Geheimagenten, bei denen es sich um Werwölfe handelt, gehen auf der Karibikinsel St. Lucia an Bord der „Havoc“; zusammen mit etlichen neu rekrutierten Matrosen, einem jungen Leutnant, einem jungen Schiffsarzt und dessen Assistenten. Es dauert nicht lange, bis die Mannschaft des Schiffes Nacht um Nacht dezimiert wird. Unter der Besatzung bricht Angst und Schrecken aus. Nur der Indianer Konkapot scheint keine Furcht zu kennen.

„Werwölfe auf hoher See“

Das Szenario für diese historische Horrorgeschichte ist sorgsam recherchiert. Das zumindest vermittelt das lesenswerte Nachwort des amerikanischen Historikers und Comic-Fans Reed Beebe. Dabei hat sich Joe Hill eine Phase des Unabhängigkeitskrieges ausgesucht, die gemeinhin nicht sonderlich viel Erwähnung findet und somit Raum für Spekulationen bietet.

Es hat schon seinen Reiz, Geschichte mit der Anwesenheit von Kreaturen der Nacht zu verzieren. Davon zeugen die „American Vampires“-Comics, deren „1976“ auf diesen Seiten vorgestellt wurde, ebenso wie der Fantasy-Film „Abraham Lincoln – Vampirjäger“ von Timur Bekmambetov. Allerdings will das Grauen auch stilvoll und überzeugend eingebaut sein.

In Joe Hills („Schiff der lebenden Toten“) „Sea Dogs – Blutige Wellen“ ist das Setting ziemlich überzeugend und gerade der Beginn der Geschichte mit seinen Seekarten, Besprechungen und der dezidierten Darlegung der Seeschlachten sorgt für eine stimmige Atmosphäre und ein stimmungsvolles Seefahrer-Abenteuer. Ganz so wie es die Piratenfilme aus den 1950ern vermitteln, oder auch die Hornblower-Romane und Ridley Scotts Abenteuerfilm „Master and Commander“.

Das Artwork in „Sea Dogs“ weiß zu überzeugen und die blutrünstigen Details, die dafür sorgen, dass der Titel bei DCs „Black Label“ erschienen ist, gehen in dem historischen rahmen bisweilen fast unter. Die Panels und Szenarien sind voller Details, Hintergründe und Perspektivverschiebungen bis hin zur Unübersichtlichkeit.

„Das explosive Finale ist in Sicht! Nur noch zwei Kapitel!“

Das eigentliche Problem der „Sea Dogs“ ist allerdings das Episodenhafte. Die gesamte Geschichte wird in dem Sammelband auf 100 Seiten ausgebreitet, aufgeteilt auf vier US-Einzelausgaben. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit, den ursprünglich waren die Episoden und Kapitel der „Sea Dogs“ jeweils über fast sämtliche Joe Hill Comics der Jahre 2019 und 2020 verteilt.

So erklärt sich auch die Kapitelstruktur, die fast immer nur eine Doppelseite umfasst. Eingeleitet mit einem Auftakt Textpanel und beendet mit einer Überleitungsgrafik. Allein damit zitiert die Geschichte auch Comic-Historie, denn viele große Comic-Geschichten waren Fortsetzungen in Tageszeitungen etwa „Die Spinne“ oder auch „Karl der Wikinger“.

Doch anders als in den alten Comics fehlt es in „Sea Dogs“ schlicht an Story, stattdessen werden vor allem Action-Sequenzen in Szene gesetzt, was seinen schlichten Reiz hat, aber eben auch in anderer Hinsicht oberflächlich bleibt. Schade eigentlich.

Letztlich kommt in „Sea Dogs“ keine Spannung und kein Erzählfluss auf. So reizvoll es ist, die Geschichte anzulegen wie eine Fortsetzung in einer Tageszeitung und damit auch Comic-Geschichte zitieren, so unpassend scheint das im Horror-Genre zu sein, denn Gruselmomente und morbide Action brauchen eine entsprechende furchtsame Stimmung. In den episodenhaften Doppelseiten ist jedoch selten mehr zu inszenieren als blutige Seefahrer-Action. Und die bleibt oberflächlich und etwas marktschreierisch.

Comic-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

Joe Hill: Sea Dogs – Blutige Wellen
OT: Sea Dogs TP, 2020, DC Black Label,
Genre: Comic, Horror,
Autor: Joe Hill
Zeichnungen: Dan McDaid
Farben: John Kalisz
Übersetzung: Bernd Kronsbein
ISBN: 9783741622694
Verlag: Panini comics, Softcover, 100 Seiten
VÖ: 31.02.2023

Sea Dogs bei Panini Comics