Die Grauen Bastarde: Die Wacht im Grenzland

„Schakal und seine Halbork-Rotte patrouillieren durch die karge Wüste der Geteilten Lande und vergießen ihr Blut, um die Sicherheit ihres Volkes zu gewährleisten.“ (Klappentext). Das klappt allerdings nicht so ganz, weil sich eine handfeste Diskussion im Bordell als folgenschwerer erweist als angenommen. „Die Grauen Bastarde“ von Autor Jonathan French ist der Auftakt zur Trilogie „Die Geteilten Lande“. Die Bevölkerung dieser Fantasy-Welt ähnelt zwar der von Mittelerde, aber mit Tolkien hat diese actionreiche, eher robuste Fantasy nix zu tun. Seit Ende Oktober bei Panini Books.

Einst waren die Halb-Orks, Mischlinge mit Ork-Vätern, Sklaven der Menschen im fernen Königreich Hisparta. Doch dann griffen die Orks an, um ihr Reich zu erweitern. Ausgerechnet die ehemaligen Sklaven waren in der Lage die Lastenkeiler zu reiten und den körperlich überlegenen Orks Paroli zu bieten. Quasi zum Dank erhielten die Halborks ihre Freiheit und die Einöde des Grenzgebiets zum Orkreich, die Geteilten Lande, als Territorium zugesprochen. Seither bewachen sie diese Grenze. Die Halborks sind in Krieger-Rotten aufgeteilt, die jeweils eine eigene kleine Gefolgschaft haben und unabhängig voneinander agieren.

Schakal ist ein ehrgeiziger Halbork, der den Anführer Lehmmeister ablösen will. Doch bevor die Machtverhältnisse bei den „Grauen Bastarden“ neu geordnet werden können, nimmt Schakal den Tod eines hispartansichen Rekruten auf seine Kappe, obwohl es seine Kampfgefährtin Augenweide war, die den Menschen tötete.

„Lebe im Sattel.“

In Ungnade gefallen, sieht sich Schakal überraschend mit Konsequenzen konfrontiert, als das Pferd des Hispartaners unerwartet wieder auftaucht. Denn der Rekrut war keineswegs ein verbannter Loser, sondern der einzige Erbe eines Adelshauses. Nun liegt Vergeltung in der Luft. Schakal seinerseits wittert eine Verschwörung.

Er und seine Freunde Augenweide und Vollkorn setzen alles daran, herauszubekommen, was hier geschieht. Dann taucht noch ein mysteriöser Halbork-Zauberer auf und schließt sich den Gefährten an. Doch die Hispartaner sind nicht das einzige Problem der „Grauen Bastarde“. Orks wurden gesichtet, diesseits der Grenze und es wirkt als planen die Unholde etwas.

Okay. Eins vorab: In „Die Grauen Bastarde“ geht es ziemlich derbe und machomäßig zu. Gerade so wie man sich das von harttgesottenen Kerlen auf verlorenem Posten am Arsch der Welt vorstellt. Aber dies ist nicht die „Nachtwache“ dies ist ein Rockerclub. Im Grunde genommen konzipiert Jonathan French seine Halbork-Rotte wie die kuttentragenden Biker in „Sons of Anarchy“. Da gibt es kaum ein Dutzend stimmberechtigte Krieger und einen Haufen Adepten, Anwärter, Prospects, Schlammlinge – you name it.

„Stirb auf dem Keiler.“

Jeder der Halborks hat einen recht einfachen Namen, der auch die Qualität eines Kampfnamen, eines Nom de Guerre, hat. Da muss sich die Leserschaft erst einfuchsen, aber das gelingt flott. Außerdem geht es körperlich zu. Hier wird gekloppt, geliebt und gelebt. Immer mit einem derben Machsospruch auf den Lippen. Es geht überhaupt ziemlich actionreich zu. Die Story wird eher nebenbei und in wohl dosierten Häppchen zwischen den Keilereinen eingestreut. Das ist allerbester Western Groschenroman-Stil oder „Pulp Fiction“, wie der Ami so sagt.

Das ist keineswegs despektierlich gemeint. Dieses Fantasy-Epos hat eine klar umrissen männliche Leser-Zielgruppe. Es ist kurzweilig und auf den Punkt. Die Sprache ist entsprechend knapp und knackig gehalten und selten mal gehen Landschaftsbeschreibungen länger als einen Satz. Anders die Beschreibung der Muskelspielchen der Reittiere der Rotte. Die Keiler sind wehrhaft und keineswegs anmutig wie Pferde oder Dammwild, sie arbeiten, röcheln und walzen wie Motorräder auf Wüstenhighways. Ich finde das ausgesprochen unterhaltsam und freue mich über jedes weitere Puzzleteil, das in die Hintergrundstory dieser rauen Grenzkämpfer eingeflochten wird.

Wie anders ist doch der Ansatz in „Die Grauen Bastarde“ als in der filigranen orientalischen Fantasy-Erzählung „Daevabad“, deren dritter und abschließender Teil zeitgleich bei Panini Books in der Phantastik-Reihe erschien und auf diesen Seiten ebenfalls vorgestellt wurde. Es scheint, als erlebe die moderne Fantasy ein Revival, in dem viele Stimmen und Spielarten eine Berechtigung finden und abenteuerliche Geschichten und atemberaubende Welten vorstellen. Zeit, mehr zu lesen.

„Die Grauen Bastarde“ ist der Auftakt-Band der Fantasy-Trilogie „Die Geteilten Lande“ von Jonathan French. Die Story ist klassische Action-Literatur, die sowohl ihre Western- als auch ihre Rocker-Anteile hat. Die Halbork-Rotte stellt sich selbst zugezogen maskulin dar. Machismo ohne jedes Augenzwinkern. Wer durch die zum Teil derbe Sprache in das Milieu findet, wird mit actionreicher und keineswegs eindimensionaler Fantasy belohnt. Das hat Potential und ich freue mich auf die Fortsetzung.

Roman-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Die Grauen Bastarde – Die geteilten Lande, Band 1
OT: „The Grey Bastards“ – „The Lot Lands“ Book 1, USA, 2018
Genre: Fantasy, Roman,
Autor: Jonathan French
Übersetzung: Helga Parmiter
ISBN: 978-3-8332-4280-9
Verlag: Panini Books, Broschur, 572 Seiten
VÖ: 25.10.2022

„Die grauen Bastarde“ bei Panini