Radler Rudi geht zum zweiten Mal ins Rennen, radelt durch Rom und wird als Hilfspolizist ehrenhalber eingesetzt, um unter den Obdachlosen am Tiberufer zu recherchieren. Bereits 2007 hatte der Journalist Manfred Poser im „Mörderisches Rom“ seinen Helden mit dem Rad durch die italienische Hauptstadt geschickt, um Geld für eine Fahrradinitiative in Afrika zu sammeln. „Tod am Tiber“ will ein 3in1Buch sein: Kriminalroman, alternativer Radreiseführer und ein Fahrrad-Buch für ambitionierte Radler. Also, rauf aufs Zweirad.
Rudi ist passionierter Fahrradfahrer, musikbegeistert und lebt in Rom. Leider hat ihn seine Freundin vor einigen Wochen quasi vor die Tür gesetzt, weswegen der Deutsche nun in einer leerstehende Schule haust. Geregelter Arbeit geht der Journalist, der seinen letzten Auftraggeber auch gerade wegen logistischer Probleme vertröstet hat, eigentlich nicht nach. Stattdessen erkundet er die italienische Hauptstadt mit dem Fahrrad und trifft so auf einige Gestalten, die man sonst nicht unbedingt im Stadtbild findet.
Als ein polnischer Obdachloser in seinem Wohnwagen verbrennt und bei der Leiche eine Buchseite mit deutschem Text gefunden wird, wird Rudi vom Kommissar Paolo kurzerhand zum Aushilfsermittler benannt. Rudi soll rausfinden, was es mit dem Text auf sich hat und ob in Rom jemand systematisch Obdachlose umbringt, denn es wurde schon eine Leiche gefunden. Also macht sich Rudi mal auf die Suche nach Anhaltspunkten, ohne dabei seine Leidenschaft fürs Radeln zu vernachlässigen. Jeder Mensch hat schließlich sein eigenes inneres Tempo.
„Auf Ritter! Von links und rechts aufs Korn genommen von vierrädrigen Feinden schießt er hindurch durch das schöne weiße Steintor mit dem Wappen des Vatikan.“ (S. 120.)
Dass Manfred Poser von Haus aus Journalist ist, merkt man seinem Roman zu jede Zeit an. Der Stil. mit dem er seinen Protagonisten aus der Ich-Perspektive berichten lässt, ist solides Reportagehandwerk mit Hang zur Fabulierlust. Das liest sich gefällig und ist vollgespickt mit Lokalkolorit, Insiderwissen und Wissenswertem. Beizeiten wirkt das allerdings zu detailliert und ist etwas zu viel des Guten. Vor allem an jenen Stellen, wo Rudi nicht beschreibt oder recherchiert, sondern der Anblick der Engelsburg den Radler dazu veranlasst, in seinem Bildungsbürgerwissen zu kramen und sich selbst (und dem Leser) erst einmal die Historie dieser Bauwerks zu vergegenwärtigen. Weniger wäre dramaturgisch vielleicht flüssiger gewesen.
„Ich sollte morgen ins Zentrum fahren, um mich zu vergewissern, dass ich tatsächlich in Rom bin.“ (S. 161)
Überhaupt lässt das Kriminalistische in „Tod am Tiber“ eine gewisse Grundspannung vermissen. Sicher liegt das auch bewusst am Protagonisten, der ja eben kein ausgebildeter waffennärrischer Gefahrensucher und Kriminalist ist, aber teilweise verhindert auch die Art der Prosa den szenischen Spannungsaufbau eines nervenzerfetzenden Thrillers. Das macht der Roman dann mit humorigen Einwürfen wieder wett. Vergleicht man das allerdings (hinterhältiger Weise) mit den detektivischen Entgleisungen des Tischtennispunks Onno Vietz, den Frank Schulz 2012 ins Rennen schickte, bleibt Radler Rudi ein wenig auf der Strecke. Als alternativer Rom-Stadtführer ist „Tod am Tiber“ allerdings absolut brauchbar und auch die eingeflochtenen Fahrradstrecken machen Lust, dort einmal selbst in die Pedalen zu treten.
Letztlich ist gerade die Verquickung von Radbuch, Krimi und Reiseführer, die das Buch ausmacht, auch dessen Krux. Vor allem der Krimianteil weiß nicht wirklich zu fesseln.
Autor: Manfred Poser
Verlag: Edition Nautilus, Taschenbuch, 224 Seiten
VÖ: September 2014
Tod am Tiber bei Edition Nautilus (mit Leseprobe)