Invisible Demons: Den Garten ausräuchern

Es gibt Filme, die sich einer Kategorisierung entziehen. So auch „Invisible Demons“ von Rahul Jain. Der indische Filmmacher dreht keine Doku im engeren Sinne, sondern eher eine bildhaftes Essay über die Umweltverschmutzung und Zerstörung in Indiens Hauptstadt Delhi. Die Bilder sind verstörend, doch der Film lässt vieles offen. Ab 3. November 2022 im Kino.

Indiens Hauptstadt Delhi ist eine der größten und schnell wachsenden Metropolregionen der Erde. Seit Beginn der 1990er Jahre wächst die Industrie Indiens ohne Rücksicht auf die Umwelt. Mit verheerenden Folgen für die Landschaft und die Menschen in der Stadt.

Filmmacher Rahul Jain („Machines“) widmet sich dem Thema in essayistischer Weise. Ausgehend von seiner eigenen Lebenserfahrung als jemand, der mit Smog belasteter Großstadtluft aufgewachsen ist und Innenräume von Gebäuden nur mit Klimaanlage kennt, beobachtet Jain Umweltphänomene und Veränderungen in Delhi und Umgebung.

Dazu gehören die zunehmende Hitze des Klimawandels, die auch dazu führt, dass die Regenzeiten schlechter vorhersehbar werden und immer häufiger zu fatalen Überschwemmungen führen. Auch die Verschmutzung der Flüsse, die im Hinduismus immer auch eine heilige Stätte sind, die nach wie vor für Rituale genutzt wird, zeigt „Invisible Demons“.

In der dunklen Zeit des Jahres werden in Delhi die Statuen des Bösen verbrannt

Zusammengehalten werden die Beobachtungen von den Wetteransagen und wetterbezogenen Gesundheitswarnungen einer TV-Journalistin. Gelegentlich wird der einfache Rikscha-Fahrer auf der Straße interviewt oder Jain äußert eine Off-Kommentar.

Es gehört schon Einges dazu, die Bilder der verheerenden Umweltsauereien zu ertragen, die das Leben der Menschen in Delhi immer stärker beeinflussen. Daran besteht kein Zweifel. Auch nicht daran, dass die Zustände katastrophal sind und Abhilfe dringend notwendig ist. Nur leider bewegt „Invisible Demons“ (zumindest mich) nicht dazu, sich damit auch zu befassen. Und mit der kurzen Spielzeit, die kaum jemanden ins Kino lockt, vertut der Film auch eine Chance zu Aufklärung und Umdenken.

Denn der Film betreibt weder Ursachenforschung, noch zeigt er Auswege. Es werden gelegentlich normale Leute befragt, statt Experten zu konfrontieren. Das ist durchaus legitim und hat einen filmischen Ansatz, der an anderer Stelle poetisch wäre. Nur bei diesem Thema führt das ins Nichts. Furchtbare Filmaufnahmen von alltäglichen Umweltkatastrophen werden seit Jahrzehnten gezeigt, oft genug eingebunden in Reportagen.

Mehr als 1,7 Million Todesfälle im Jahr in 2019 in Indien durch Luftverschmutzung

Stattdessen fällt in „Invisible Demons“ der diffuse Begriff „development“ (Entwicklung) und wird nicht näher ausgeführt. Unterschwellig aber als Inbegriff des Bösen kolportiert. Resultierend in der Frage „wie die Welt denn ohne 30 Jahre „Development“ aussähe“? Gefolgt von einer Horde in lichtem Wald äsender Rinder. Auf dem Punkt gebracht, ist das Propaganda.

Mit „Entwicklung“ meint Rahul Jain vermeintlich die industrielle Entwicklung, doch auch die ist nicht notwendigerweise so verheerend wie es sich in Indien darstellt. Doch es gibt auch andere Entwicklungsbegriffe: körperliche, psychische, kulturelle Entwicklung, räumliche Entwicklung, gesellschaftliche. Die Unschärfe des nicht erläuterten, nicht definierten Begriffes wird benutzt, um unterschwellig die Botschaft zu vermitteln, „Entwicklung“ wäre schuld an der Umweltzerstörung und letztlich am globalen Klimawandel. Zurück zur Natur sei ein Ausweg. Das ist schlicht Bullshit.

Trotz der kurzen Spielzeit gelingt es Rahul Jains filmischer Betrachtung „Invisible Demons“ nicht, über Betroffenheit hinaus Wirkung zu erzielen. Denkanstöße oder konstruktive Kritik liefert der Film nicht. Eigentlich ein wichtiges Thema, aber ein eher ärgerlicher Film. Vieles bleibt schlimm anzusehen und katastrophal, aber andernorts weitaus stimmiger und informativer aufbereitet.

Film-Wertung: 3 out of 10 stars (3 / 10)

Insivsible Demons
OT: Invisible Demons
Genre: Doku, Essay, Umweltschutz
Länge: 66 Minuten, IND, D, FIN, 2022
Regie: Rahul Jain
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: GM Films
Kinostart: 03.11.2022

offizielle Filmseite ( mit Kinofinder)