Diana Spencer, im Volksmund oft genug „Lady Di“ genannt und als „Königin der Herzen“ tituliert schien in ihrer zu kurzen Lebensspanne von einer gewissen Traurigkeit geprägt zu sein. Eine der Ursachen mag in ihrer unglücklichen Ehe mit dem britischen Prinzen Charles gelegen haben. Der chilenische Filmmacher Pablo Larraín hat nun mit einer großartigen Kristen Stewart ein eigenwilliges Porträt der königlichen Hoheit gefilmt.
Es ist Weihnachten und Lady Diana Spencer (Kristen Stewart) hat sich hoffnungslos verfahren auf dem Weg zum Schloss, auf dem die königliche Familie Windsor traditionell Weihnachten feiert. Die Prinzessin wird nicht nur von der königlichen Familie erwartet, sondern auch von den besorgten Bediensteten.
Allen voran Chefkoch Darren (Sean Harris), der weiß wie sehr Diana diese steifen Veranstaltungen hasst, Kammerzofe Maggie (Sally Hawkins), die der Prinzessin eine Vertraute ist und Zeremonienmeister Alistar Gregory (Timothy Spall), der als Offizier für die Sicherheit der Majestäten auf dem Schloss zuständig ist. Doch auch Dianas Gemahl Charles (Jack Farthing) und die gemeinsamen Kinder erwarten Diana nervös, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
Als Diana in ihrem offenen Porsche Cabriolet mit Hilfe des Kochs endlich das Schloss erreicht, trägt sie den Anorak, den sie einer Vorgelscheuche auf dem Feld abgenommen hat und ist sich nicht sicher, ob sie die Feiertage im Kreise der königlichen Familie übersteht.
„Niemand steht über der Tradition“
Filmmacher Pablo Lorraín erzählt in und mit seinem Film keine herkömmliche biografische Annäherung, sondern versucht in seiner „Fabel nach einer wahren Tragödie“ eine innere Wahrheit der Diana Spencer darzustellen. Die Herangehensweise ähnelt jener, mit der Larraín 2015 mit Natalie Portman in der Hauptrolle „Jackie“ Kennedy portraitierte. Eine konventionellere Filmbiographie namens „Diana“ hatte Regisseur Oliver Hirschbiegl 2013 mit Naomi Watts in der Titelrolle vorgelegt.
Es geht Lorraín vor allem darum die beklemmte Gefühlslage der Hauptfigur darzustellen, hierzu kommen surreal anmutende Sequenzen, visualisierter innerer Monolog und Versatzstücke und Symbole aus Märchen und Fabeln zum Einsatz, die immer wieder in den statischen und reglementierten chronologischen Ablauf der Weihnachtsfeiertage im königlichen Haushalt aufmischen und verstören.
„Drei Tage…allerhöchstens“
Bis auf Dianas Kinder bleiben die weiteren Angehörigen der königlichen Familie dabei seltsam blass, was zum einen sicher der Erzählhaltung geschuldet ist, zum anderen aber auch offenen Konflikte in der historischen Darstellung aus dem Weg geht. Dafür treten die großartig dargestellten Bediensteten das Blickfeld der Prinzessin und damit der Handlung.
Vor allem der Sicherheitsoffizier Gregory nimmt dabei eine ambivalente Rolle ein, einerseits mag er Verständnis für die Nöte und Sorgen der Prinzessin haben, vor allem aber ist er für den reibungslosen Ablauf und die garantierte Sicherheit zuständig. Das ist subtil gespielt, wenngleich das Drehbuch der Figur den einen oder anderen symbolischen Holzhammer hinhält. Etwas die Biographie der Anne Boleyn oder das Zunähen der Zimmervorhänge.
Die winterlich neblige, gespenstisch anmutende Landschaft um das Schloss Sandringham tut ein Übriges, ein mysterös surreal schwermütige Stimmung zu erzeugen. Viele der Außenaufnahmen wurden im nebelverhangenen Deutschland gefilmt. Das Gut liegt im Film zudem in Sichtweite jenes Schlosses, auf dem Diana aufgewachsen ist. Mitte der Neunziger, als sich die Handlung zuträgt, ist das Anwesen der Spencers nur noch eine verwahrloste Ruine, zu der es die Prinzessin immer wieder sehnsüchtig hinzieht.
„Zum Wohle des Landes.“
Mit seiner Verfilmung „Jackie“ heimste Pablo Larraín viel Lob und Zuspruch ein und konnte an der Kinokasse auch das Publikum überzeugen. Mit „Spencer“ wird es sich ähnlich verhalten. Filmisch ist „Spencer“ bis hin zur Score-Musik von Radiohead Gitarrist Johnny Greenwood durchkomponiert. Viele Kameraeinstellungen wirken wie Tableaus, die einem ikonischen Fotomotiv entsprechen sollen, die Darsteller bilden ein ausgesprochen sehenswertes Ensemble und Kirsten Stewart verleiht der Rolle eine fiebrige Nervosität, die der Lebensphase der Prinzessin wohl gerecht werden mag.
Allerdings ist diese Art von Film, diese neurotisch überspannte Nabelschau mit Hang zur Ausstattung nun absolut nicht mein Ding und ich kann schlicht nicht behaupten, den Film gemocht zu haben. Einiges wirkt einfach zu überbordend, anderes zu manieriert und dann ist da die konstante zugrundeliegende psychologische Anspannung, die sich durchaus auf das Publikum überträgt. Um es mit dem Presseheft zu sagen: „Nach elf Gängen und sieben Outfit-Wechseln trifft Diana eine Entscheidung, die alles verändern wird.“
„Spencer“ ist keine herkömmliche Filmbiografie und wird sicherlich nicht allen Lady Di Fans gefallen. Der chilenische Regisseur Pablo Larraín inszeniert ein Drehbuch von Stephen Knight („Peaky Blinders“, Eastern Promises“) und zielt vor allem auf eine subjektive Sicht der unglücklichen Prinzessin in einem eng umrissenen Zeitraum großer seelischer Not. Das ist ebenso handwerklich überzeugend wie speziell.
Spencer
OT: Spencer
Genre: Drama, Biopic
Länge: 117 Minuten, D/GB, 2021
Regie: Pablo Larraín
Darsteller:innen: Kirsten Stewart, Sally Hawkins, Timothy Spall, Sean Harris,
FSK: ab 12c Jahren
Vertrieb: DCM
Kinostart: 13.01.2022