Morbius – Held aus der Finsternis

Der lebende Vampir in Marvels Spider-Man Welt bekommt demnächst bei Sony einen eigenen Kinofilm. Nach diversen pandemiebedingten Startverschiebungen kommt „Morbius“ nun voraussichtlich Ende Januar 2022 in die Kinos. Bei Panini Comics gibt es die „Morbius“-Comics, die ebenfalls mit dem Kinostart verschoben wurden, schon demnächst. Die Soloserie „Morbius- Held der Finsternis“ stammt aus dem Jahr 2013 und zeigt den blutsaugenden Antihelden eher als getriebene Seele, denn als notorischen Bösewicht. Autor Joe Keatinge erwähnt in seinem Schlusswort, dass die Serie (OT: „Morbius: The Living Vampire“) nicht nur auf Gegenliebe stieß.

Es kann schon Selbstzweifel auslösen, wenn man bei einem Ausbruch aus einem Superschurkenknast nicht mal als möglicher Helfer in Erwägung gezogen wird, weil einer der Kumpane ausgefallen ist. Aber als Doc Ock aus dem Rifft entflieht, ergreift Michael Morbius die Gelegenheit um selbst die Biege zu machen. Dass die Echse, Kurt Conners, dem lebenden Vampir noch abfällig fragt, was Michael denn da draußen erwarte, wo ihn doch sowieso keiner leiden kann, hält Morbius nicht ab.

Doch so ganz abwegig ist der Gedanke nicht. New York City ist voller Superhelden und zur Ruhe und zu seiner Forschung kommt Michael Morbius ganz bestimmt nicht, während er gejagt wird. Ein Obdachloser schlägt dem lebenden Vampir dann Brownsville als Unterschlupf vor, einen heruntergekommenen und vergessenen Teil von Brooklyn.

Michael Morbius versucht in den Straßen von Brownsville unterzutauchen, aber der örtliche Obergauner lässt dem Vampir keine Ruhe, auch weil sich Morbius in dessen Geschäfte einmischt. Zusammen mit der jungen obdachlosen Künstlerin Becky, versucht Michael daher, das Regiment der Gauner zu durchbrechen und Brownsville so auch wieder lebenswerter zu machen. Was der lebende Vampir nicht weiß: im Hintergrund werden ganz andere Strippen gezogen und jemand Mächtiges hat Brownsville zu seiner Spielwiese für gesellschaftliche Experimente gemacht.

Michael Morbius, der lebende Vampir, erschien Anfang der 1970er erstmals in einer Spider-Man-Geschichte und ist ebenso wie die Echse eher ein missglücktes medizinisches Experiment. Der Wissenschaftler griechischer Abstammung leidet bzw. litt unter einer schweren Bluterkrankung. Auf der Suche nach Heilung schlug ein Selbstversuch fehl und machte Michael Morbius zu einer Art Vampir, der auch am Tag aktiv ist, übermenschliche Kräfte hat aber menschliches Blut trinken muss, um zu überleben.

Immer wieder mal hatte Morbius in der Marvel-Historie seine Auftritte und Solo-Serien, wurde mit anderen Monstern, die im Zuge der Lockerung des amerikanischen Comic-Code Marvels Hefte bevölkerten, zu monströsen Teams ausgebildet und sorgt für Düsternis und Gruselmomente. Dabei ist Morbius wie erwähnt und wie so viele von Spider-Mans Gegenspielern kein ausgesprochener Fiesling, sondern eher jemand, der durch die Umstände in sein Schicksal gedrängt wurde.

Die Solo-Serie „Held aus der Finsternis“ (OT: Morbius: The Living Vampire, 2013) setzt mitten in jener Spider-Man Phase an, als Autor Dan Slott den Netzschwinger in Identitätsprobleme und existentiellen Zoff mit Otto Octavius gestürzt hat. Die Spider-Man Ausgabe, in der Doc Ock aus dem Rifft entkommt, ist der Ausgangspunkt für die Soloserie von Autor Joe Keatinge. Der Schreiber hat für Marvel nur einige Titel entwickelt und ist vornehmlich mit seinen eigenen Kreationen bei Image Comics beschäftigt.

Die Story hat einige starke Elemente: Etwa das Setting im verlotterten Brownsville, das dringend einen Helden braucht, auch die verschwörungsartigen Machenschaften im Hintergrund sind solide und vor allem macht es Spaß einen vermeintlichen Bösewicht mit Kaputzenpulli zum slackerartigen Helden wider Willen zu machen. Der Sidekick wäre nicht nötig gewesen und das menschelnde Element der alleinerziehenden Mutter, die Michael an die eigene Kindheit erinnert, meinethalben auch nicht. Auch hat die Leserschaft schon überzeugendere und furchteinflößendere Gauner gesehen als „Rose“ und „Noah St. Germain“, aber was soll‘s.

Das Artwork für das im Wesentlichen Richard Elson als Zeichner und Tuscher zuständig ist, ist gefällig und dynamisch. Es hat viel von der Superheldenaction, die Marvel Comics so ausmachen, aber eben auch einige Elemente aus eher erzählenden Comic-Formen. Ruhigerer Seitenaufbau bringt mehr Text und Information unter und Keatinge kann mehr Aspekte und Wendungen in der Story ausbauen.

An Charakterdesign des lebenden Vampirs, der mit Kinnbart und Hoodie etwas grunge-mäßig rüberkommt, werden sich gewiss die Geister scheiden. Ich finde das ganz erfrischend und es zeigt, dass die Macher bemüht waren, etwas Eigenes, Zeitgemäßes hinzulegen. In Heft 7 sorgt Felix Ruiz sogar für einen noch alternativen Strich.

Die Farbgebung von Antonio Fabela ist handelsüblich wie vor einer Dekade eben koloriert wurde. Das hat sich im Mainstream-Superheldenbereich seit den 1990ern nicht wesentlich geändert. Allerdings gewinnt Fabela der ranzigen Brownsville einige schöne düstere Schattierungen ab und wenn die Action zurückgenommen wird, sind die Hintergründe nahezu filigran ausgestaltet und von eleganten Schattierungen untermalt.

„Morbius – der Lebende Vampir“ macht als „Held aus der Finsternis“ im Großen und Ganzen eine gute Figur und die Geschichte aus der „Marvel Now“-Ära, die hierzulande bislang unveröffentlicht ist, lässt sich locker und flockig lesen. Das sollte auch für Neuleser:innen einen soliden Einstieg im die Figuren-Mythologie ermöglichen.

Mit „Morbius: Held aus der Finsternis“ erzählt Keatinge von einem Außenseiter, der eigentlich nur seine Ruhe haben will, dann aber unfreiwillig zum Hoffnungsträger wird. Da wird die Figur etwas gegen den Strich gebürstet, aber die Story ist unterhaltsam umgesetzt und überzeugt vor allem mit einer düsteren Stimmung. Die Bösewichte in dieser Story gehören zwar nicht zu den epischen Marvel-Charakteren, aber Michale Morbius hält sich wacker in dem Bestreben, seinem unstillbaren Blutdurst zu unterdrücken.

Comic-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Morbius – Held aus der Finsternis
OT: Amazing Spider-Man 699.1, Morbius the Living Vampire 1-9
Genre: Comic, Action, Superhelden
Autoren: Joe Keatinge, Dan Slott,
Zeichner: Marco Checchetto, Richard Elson, Valentine De Landro
Farben: Antonio Fabela
Übersetzung: Bernd Kronsbein
ISBN: 9783741616273
Verlag: Panini Comics, Hardcover, 231 Seiten
VÖ: 23.11.2021

Morbius – Held aus der Finsternis bei Panini Comics

Morbius in der englischen Wikipedia