Für gute Sci-Fi braucht es nicht unbedingt ein großes Budget. Das französische Endzeitdrama „The Last Journey“ setzt gekonnt auf starke Atmosphäre und wortkarge Mysterien. Eurovideo brachte die Bedrohung der Erde durch einen roten Mond Ende September auf DVD und Blu-ray als Premiere für das klassische Home-Entertainment heraus.
Nachdem die Rohstoffe der Erde ausgebeutet sind plünderte die menschliche Zivilisation auch den „roten Mond“, der sich in die Umlaufbahn geschoben hatte. Nun droht der Mond zu kollabieren und mit der Erde zusammenzustoßen. Wissenschaftler sehen als einzigen Ausweg die Zerstörung des roten Mondes mittels einer bemannten Rakete mit Nuklearsprengköpfen. Diese Mission ist bereits einmal gescheitert und nun ist der Pilot des geplanten zweiten Versuches spurlos verschwunden.
Seit 1000 Tagen hat es nicht mehr geregnet. Paul (Hugo Becker) versucht in einer namenlosen Stadt Ersatzteile für seinen Peugeot zu finden, doch die Überwachungsdronen erschweren es dem schweigsamen Einzelgänger etwas Passendes zu suchen. Paul macht sich auf den Weg durch die Wüste. An einer entlegenen Raststätte wird er von der jungen Elma (Lya Oussadit-Lessser) als der verschwundene Retter der Menschheit erkannt. Elma bittet Paul, sie mitzunehmen. Wohin auch immer er unterwegs ist. Eine Bitte, die der Astronaut schwerlich abschlagen kann. Währenddessen ist man ihm bereits näher auf der Spur als Paul ahnt.
„Hast du einen Plan?“ (Elma zu Paul)
Schade eigentlich, dass „The Last Journey: Die letzte Reise der Menschheit“ nicht auf der großen Leinwand zu sehen war. Es hätte den stimmungsvollen Bildern gutgetan. Doch bereits vor der Corona-Pandemie hatten es Genre-Beiträge jenseits dem Mainstream und der anglo-amerikanischen Produktion schwer, einen begehrten Kinostart zu bekommen. Eventuell wäre „The Last Journey“ was für das Fantasy Filmfest gewesen. Nun denn.
In ruhigen aber atmosphärisch stimmigen Bildern gelingt es Filmmacher Romain Quirot eine spielfilmlange Ausarbeitung seines gleichnamigen Kurzfilms von 2015 zu erzählen. Irgendwo zwischen „Mad Max“, elegischem Familiendrama und klassischem Road Movie kommt auf diesem Trip durch die Wüste eine schillernde Stimmung auf. Zuschauer:innen wissen nie genau, worauf der Film hinausläuft. Da ist das katastrophale Endzeitszenario, das nach einem „Armageddon“-Ritt verlangt, da ist der verlorene Sohn, der sich scheinbar weigert, sein Schicksal anzunehmen, und da ist die junge Provinz-Muse, die unbedingt einen Ausweg aus der Trostlosigkeit braucht.
Vor allem weiß Quirot die Landschaft atemberaubend und wirkungsvoll in Szene zu setzen. Das hat bisweilen etwas Post-Apokalyptisches, etwas Westernhaftes und es braucht gar nicht allzu viel CGI-Spielerei um wirkungsvoll die Zukunft in die filmische Gegenwart zu holen. Wegretuschierte Autoräder und ein paar bliepende fliegende Augen reichen da vollkommen aus. Dazu kommt noch ein nachdenklich müder Jean Reno als alternder Wissenschaftler und so fügt sich das wenige Effektiv zu einem großen Ganzen. Das Franzosen auch Science-Fiction können hat bereits die Mini-Serie „Missions“ gezeigt.
„The Last Journey“ bleibt auch wegen des vergleichbar geringen Budgets genremäßig im Independent-Sektor. Die französische Produktion kann nicht mit „Dune“, „Blade Runner 2049“ oder eben „Mad Max: Fury Road“ mithalten, bewegt sich eher in erzählerischer Nähe zu „The Signal“ oder vielleicht auch „Moon“. Nur eben nicht „Lost in Space“ sondern „durch die Wüste“.
Die Motive, Charaktere, Typen und Szenarien in „The Last Journey“ sind weder neu noch außergewöhnlich, aber wer sich auf die ruhige, etwas mysteriöse Reise des Protagonisten einlässt, wird mit einer erstaunlich offenen Erzählung belohnt, der eine große Schönheit und geradezu transzendentale Ruhe innewohnt. Dieser Trip liegt irgendwo zwischen klassischer Heldenreise und Jim Jarmuschs dadaistischen Sinnsuchern.
Film-Wertung: (7,5 / 10)
The Last Journey: Die letzte Reise der Menschheit
OT: Le dernier Voyage
Genre: Sci-Fi, Drama
Länge: 87 Minuten, F, 2020
Regie: Romain Quirot
Darsteller: Hugo Becker, Lya Oussadit-Lessser, Jean Reno
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Eurovideo
Kinostart: nicht in Deutschland
DVD- & BD-VÖ: 30.09.2021