Vorstadtkrokodile: Eine verdammt coole Gang

Nachdem es an dieser Stelle die „Teufelskicker“ gab, lege ich auch gleich die „Vorstadtkrokodile“ nach. Ich erinnere mich noch, dass ich im Kino 2009 wirklich Spaß hatte. Aus dem Archiv: Spektakulär und atemberaubend geht es gleich zu Anfang der „Vorstadtkrokodile“ los: Hannes muss eine Mutprobe bestehen, um in die Bande aufgenommen zu werden. Und das hohe Tempo wird in der Kinoverfilmung des Jugendbuchklassikers durchgehend beibehalten.

Die Mutprobe besteht darin, den Krokodilanhänger, den jedes Bandenmitglied trägt vom Dach der stillgelegten Ziegelei am Stadtrand zu holen. Hannes (Nick Romeo Reimann) ist schon fast wieder auf dem Rückweg, als die Dachpfannen zu rutschen beginnen und Hannes plötzlich an der Regenrinne hängt. Die übrigen Krokodile schauen hilflos zu, doch der neu zugezogene Kai (Fabian Halbig von der Band „Killerpilze“) beobachtet das Ganze von seinem Zimmer aus und ruft die Feuerwehr.

Hannes kommt mit heiler Haut davon und freundet sich mit Kai an. Der sitzt seit einem schweren Unfall im Rollstuhl und möchte nicht auf die Sonderschule, auf die seine Mutter (Maria Schrader) ihn fürsorglich schicken möchte. Falls Kai in den Sommerferien neue Freunde findet, lässt sich die Sonderschule abwenden. Genau wie Hannes möchte auch Kai zu den Vorstadtkrokodilen gehören, doch außer Hannes und Maria haben die anderen keine Lust einen Behinderten mitzuschleppen.

Erst als ein Raubüberfall passiert, bei dem Hannes Mutter (Nora Tschirner) bei der Arbeit im Tante Emma Laden überfallen wird, bekommt Kai seine Chance bei den Krokos, denn er hat drei Verdächtige beobachtet. Die Bande macht sich auf, die Räuber selbst zu fangen, weil die Polizei (Ralf Richter) nichts unternimmt. Leider stellt sich bald die Gang von Franks großem Bruder Dennis als höchst verdächtig raus. Doch wie soll man den jugendlichen Rabauken das Handwerk legen? Den einfallsreichen Vorstadtkrokodilen wird schon was einfallen.

„Die Vorstadtkrokodile“ wurden schon 1977 für das deutsche Fernsehen verfilmt und nun muss sich die aktuelle Kinoversion neben dem Klassiker behaupten. Sicher wird es Stimmen geben, die das moderne Aufbereiten des Romans von Max von der Grün für überflüssig und nicht angemessen halten. Doch der Ansatz der Filmemacher, diese wunderbare Geschichte um Integration und Freundschaft einer neuen Generation von Kids nahezubringen, ist nachvollziehbar und richtig.

Um ein neues Publikum zu erreichen, muss man auch die Sprache der Zielgruppe sprechen. Was dem einen vielleicht vorlaut, hektisch und oberflächlich vorkommen mag, trifft den Nerv der heutigen Jugend. Die Zeiten haben sich gewandelt, Unterhaltung ist actionlastiger und schneller geworden als noch vor dreißig Jahren, dem muss man Rechnung tragen, wenn man die heutige Jugend überhaupt erreichen will. Unterhaltungselektronik ist heute ebenso selbstverständlich wie der Gangsterrapper-Slang, das nicht darzustellen wäre schlicht geheuchelt.

Das Aufrüsten des Rollstuhls zu einem Turbogefährt ist einfach spektakuläre Unterhaltung und schöpft den Rahmen voll aus. Die Besetzung funktioniert, auch wenn man sich entschieden hat Teenie-Stars zu casten. Dem Film kommt das zugute und die schlagfertigen Jungs (und das Mädchen) stehlen den Erwachsenen schon die Schau. Die halten sich im Gegenzug weise zurück, wohl wissend, dass sie nur den Rahmen bilden.

„Vorstadtkrokodile“ bleibt den Grundaussagen des Buches und der 70er-Verfilmung treu, setzt aber an der richtigen Stelle auf Spaß, Spannung und lockere Sprüche. So wird aus dem Lehrstück, das lange zur Pflichtlektüre im Deutschunterricht gehörte, ein zeitgemäßes Kinoabenteuer, das nicht nur die jugendliche Zielgruppe erreicht, sondern auch Erwachsenen Spaß macht.

Die drei Bösewichte sind vielleicht ein wenig zu plakativ und zu dusselig ausgefallen und die Kriminalfall-Dramaturgie fällt ein wenig altbacken aus. Das kennt man von den „Drei Fragezeichen“ schon besser. Doch zwischen den Bildern lauert die eigentliche Botschaft: Die schrittweise Akzeptanz des Rolli-Fahrers Kai in der Bande. Und am Ende, soviel sei verraten, wird alles gut.

Die „Vorstadtkrokodile“ sind ein tolles Kinoabenteuer für die junge Zielgruppe, das den Spagat zwischen actionreicher Unterhaltung und der nötigen Ernsthaftigkeit locker hinbekommt. Ich hatte Spaß im Kino. (Und hier waren auch zwei Fortsetzungen drinne).

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Vorstadtkrokodile
Genre: Jugendfilm, Abenteuer,
Länge: 99 Minuten, D, 2009
Regie: Christian Ditter
Darsteller: Nick Romeo Reimann, Leoni Tepe, Fabian Halbig,
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Constantin
Kinostart: 26-03.2009
DVD- & BD-VÖ: 15.10.2009