Where’s the Beer And When Do i Get Paid?

Wheres_the_BEER_SprechblasDie Floskel von der brotlosen Kunst ist leider nur allzu wahr. Nur selten gelingt es Künstlern, Schreibern oder Musikern, von ihrer Kreativität auch ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Das Prekariat lässt grüßen. Auch Ruhm und Ehre bezahlen keine Rechnungen, wusste Jimmy Carl Black nur allzu gut. Der 2008 verstorbene Musiker, weltberühmt als Schlagzeuger der Mothers of Invention um Frank Zappa musste bis zu fast zu seinem Tod  als Musiker auf Tour gehen. Dass sich das auch aus der Bayrischen Provinz regeln lässt, zeigt die sehenswerte Doku „Where’s the Beer and When do i Get Paid“ die nun in die Kinos kommt. Dabei ist das Portrait über den Schlagzeuger eigentlich gar kein Musik- sondern eher ein Heimatfilm über Bayern.

Jimmy_Carl_Black_MusicWomit sich die Frage stellt, was Jimmy Carl Black, der fast kein Deutsch sprach, nach Bayern verschlagen hat? Die Antwort ist einfach: in den Neunzigern heiratete Black eine deutsche Frau und zog in die bergige Provinz.  Hier kennen nur die wenigsten den Musiker, der als „der Indianer der Gruppe“ ein Gründungsmitglied der Mothers war. Nun, eigentlich gab es die Gruppe schon vorher, aber nachdem Zappa als Gitarrist eingestiegen war, hat er auch gleich die Bandleitung übernommen.

Aber das sind Randnotizen in diesem Film, der den alternden, an Krebs leidenden Musiker in seiner deutschen Wahlheimat besucht und für einige Zeit begleitet. Jimmy Carl Black bezieht keine Rente und so muss er auch im Alter von fast 70 noch ermüdende Konzertreisen unternehmen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Finanzielle Absicherung gibt es nicht in diesem Mukkerleben, das über Jahrzehnte andauerte und großteils doch immer wieder von vergangenem Ruhm zehrt. Die Überfigur Zappa ist allgegenwärtig, nicht immer nur im positiven Sinne.

Jimmy_Carl_Black__Eugene_ChadbourneDas Filmteam begleitet Black auch auf seiner Amerikatour mit Eugene Chadbourne, einem Seitenvirtuosen, der ebenfalls seit Jahrzehnten an der Schnittstelle zwischen Folk und Jazz  laboriert und wahrscheinlich nur älteren Jazzfans bekannt ist. Ein finanzieller Riesenerfolg ist auch diese Reise mit ihren 40 Auftritten nicht. Im Schnitt verdient Jimmy Carl Black rund 150 Dollar am Abend.

Aber wie eingangs erwähnt, ist „Where’s The Beer and When do I Get Paid?“, benannt nach einem geflügelten Spruch von Jimmy Carl Black zu seiner Mothers-Zeit, kein Musikfilm. Die wenigen Aufnahmen von Auftritten legen den Focus auf die Personenstudie und nicht auf die Musik. Denn zur anderen Hälfte ist die Doku ein Heimatfilm. Und gerade aus dieser Diskrepanz von vermeintlichem Rockstartum und internationalem Musikerleben gegenüber dem provinziell beschaulichen Leben liegt der eigentliche Kern der Doku.

Jimmy_Carl_Black_checks_DrumsticksImmer wieder wird der Musikeralltag gebrochen von Landschaftsaufnahmen und musikalischer Traditionspflege  in Blacks bayrischer Wohnstätte. Das hat seinen Witz, seinen Reiz und seinen Charme. Vor allem, wenn personenlos die Landschaft gefilmt wird und die vorübergehenden Passanten angesprochen werden oder neugierig nachfragen, aber nicht im Bild auftauchen. Die Kommentare aus dem Off  sind bisweilen erheiternd, bisweilen bestätigen sie die gängigen Klischees. Als Stilmittel sind sie aber immer extrem effektiv.

Jimmy Carl Black ist ein grummeliger alter Mann, der allerdings Humor hat und auf eine bärbeißige Art auch im Alter noch charmant wirkt. Damit scheint er zunächst so gar nicht zu der geselligen Trachtenmusik und der klischeehaften bayrisch bierseligen Geselligkeit zu passen. Aber im Grunde fügt sich auch der Kauz in das Bild der Provinz ein und mit Humor glaubt man ihn förmlich sagen zu hören: „Passt scho“.

Jimmy_Carl_Black_DrumsDen Filmmacherinnnen Wiltrud Baier und Sigrun Köhler, die als Produktionsgesellschaft Böller und Brot firmieren, ist das Kunststück gelungen mehrere Dokumentarfilme in einen zu packen. „Where’s the Beer“ ist zugleich sowohl Musikfilm wie auch Heimatfilm, Biopic und soziologische  Impression und das alles mit einem Schuss lebendiger Rockgeschichte. Denn neben Jimmy Carl Black kommen auch noch andere legendäre Musiker zu Wort. Es gibt einen Haufen Anekdoten, einige Skurrilitäten und wie erwähnt auch einigen Humor, und es gibt immer wieder die Reibung am Phänomen Frank Zappa. Eine letzte Fußnote des Films ist, dass der Zappa Trust keine Verwendung von Zappa-Musik genehmigt hat.

Fazit: Der Dokumentarfilm „Where’s The Beer and When Do i Get Paid?“ ist auch für Menschen empfehlenswert, die mit Musik nichts am Hut haben. Zappa-Fans kommen sowieso nicht drum herum, und wer gerade dabei ist, sein Leben als Künstler finanzieren zu wollen, sollte sich das auch ruhig ansehen.

Film-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

PosterWheresTheBeer_Where’s The Beer and Whren do I Get Paid?
Genre: Biographie, Dokumentarfilm
Länge: 82 Minuten, D 2012
Regie: Wiltrud Baier, Sigrun Köhler
Mitwirkende: Jimmy Carl Black, Eugene Chadbourne, Don Preston, Arthur Brown,
FSK: noch nicht geprüft
Vertrieb: Böller & Brot
Kinostart: 29.08.2013
Offizielle Film-Homepage (mit Kinoterminen)