The Movies – Die Geschichte Hollywoods: Traumfabrik in Dekaden

Die Dokumentar-Serie „The Movies – Die Geschichte Hollywoods“ streift durch die Jahrzehnte amerikanischer Filmproduktion. Mit namhaften Experten, Filmschaffenden und Stars wird die Filmgeschichte anhand von bekannten und beliebten und wegweisenden Filmen beleuchtet. Das ist sowohl informativ wie unterhaltsam. Allein die Menge an Filmen ist erschlagend. Nun hat Studio Hamburg die Doku-Serie als DVD und Blu-ray für das klassische Home-Entertainment veröffentlicht.

Für viele Filmfans auch hierzulande ist Hollywood der Inbegriff einer Traumfabrik, die nie stillsteht. Das amerikanische Filmschaffen hat nach dem zweiten Weltkrieg auch in Europa einen Siegeszug angetreten, der von einheimischer oder europäischer Filmproduktion kaum im Zaum gehalten werden konnte und kann. Die meisten Filme, die hierzulande in den Kinos laufen, stammen immer noch aus amerikanischer Produktion. Das ist nicht immer unbedingt tatsächlich Hollywood, aber oft genug wird die klassische Studiolandschaft bei Los Angeles mit amerikanischen Filmen gleichgesetzt.

Die Doku-Reihe „The Movies“ wurde unter anderem von Schauspieler und Hollywoodstar Tom Hanks mitproduziert und hat sich zum Ziel gesetzt, den amerikanischen Film gerade aus vergangenen Zeiten wieder populär zu machen und aus der Versenkung zu holen. Dabei ist der enorme Output der Filmindustrie selbst ein Teil des Problems, das ältere Filme angesichts immer neuer Leinwand-Attraktionen immer schneller in Vergessenheit geraten.

Aber die Klassiker laufen immer wieder in der Weiterverwertung des Fernsehens, der Home-Entertainment-Veröffentlichungen und zunehmend auch auf diversen Streaming-Plattformen. Es gilt also auch ein kulturelles Erbe zu bewahren und zu präsentieren. Auch Regisseur Marin Scorssese, selbst ein einflussreicher Akteur im Hollywood-Film, engagiert sich bei der Restauration von alten Filmen, damit sie nicht verloren gehen.
Im Prinzip widmet das Serienformat „The Movies“ jedem Jahrzehnt der Filmgeschichte eine Doppelfolge.

Das Ordnungsprinzip geht nicht ganz auf und die Anfänge Hollywooods bis zu den 1950ern werden in „Die Goldenen Jahre“ abgehandelt, so wie auch „Die 2000er“ bis zum Dreh dieser Doku im Jahr 2019 reichen und das aktuelle Filmgeschehen noch abdecken. Im Original heißt das Format auch „nur“ The Movies“ und was bei uns in Doppelfolgen präsentiert wird ist, als spielfilmlange Einheit gedacht.

Das mag auch eines der Mankos der deutschen Variante erklären: der Vorspann ist übertrieben lang und nimmt jedes Mal beinahe drei Minuten in Anspruch. Auch das aus dem Fernsehen bekannte Voice-Over der deutschen Tonspur über das englische Original ist gewöhnungsbedürftig. Untertitel sind mir persönlich lieber als das zweisprachige, aber das ist Geschmackssache. Auch wurden die Episoden in Den USA nicht chronologisch angeordnet ausgestrahlt, aber im Heimkino kann jede Zuschauerin das selbst bestimmen.

In den USA gab und gibt es in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine große gesellschaftliche Debatte über die Vorherrschaft „weißer“ Meinungsbildung. Jüngst gaben viele Schauspieler ihre Golden Globes zurück, weil die Jury der Foreign Press Association immer noch ein Club alter weißer Männer sei, denen es an gesellschaftlicher Diversität fehle. Zu wenig Frauen, zu wenig nicht-heterosexuelle Lebensweisen, zu wenig Menschen anderer Hautfarbe (People of Color). In „The Movies“ ist das Bemühen um gesellschaftliche Diversität stets sichtbar. Es gibt afroamerikanische Film-Experten und Filmschaffende, für fast jedes Jahrzehnt bekommt das farbige Filmschaffen eine eigene Darstellung. Das ist sowohl löblich als auch wichtig. Es führt nur teilweise dazu, dass Zuschauer:innen den Eindruck bekommen, das afro-amerikanische Filmschaffen der Vergangenheit wäre weit präsenter im Mainstream und an der Kinokasse gewesen als es tatsächlich war.

Inhaltlich werden die prägenden Filme der jeweiligen Dekade, die zumeist auch die erfolgreichen und bekannten sind, in Ausschnitten vorgestellt und von filmaffinen Experten erklärt beziehungsweise ihr Einfluss auf die jeweilige Person wird betont. Das ist sowohl unterhaltsam, weil Filmfans auch immer etwas über die Vorlieben ihrer Stars lernen als auch spannend, weil Regisseure beispielsweise auf ganz andere Details achten als der normale Filmfan und so auf wichtige Techniken hinweisen und den Blick schulen können. Oft genug geht es aber vor allem um wirkmächtige Macharten und große Schauspieler:innen, die Filme prägen.

Auch haben es die Macher in ihren Lobeshymnen auf Kreativität der Traumfabrik nicht so mit der kritischen Betrachtung. Da kommt dann mal eine Nebenbemerkung, das auch nicht alles so toll war, wenn im Abspann die unendlichen Mengen nicht betrachteter aber bekannter Filme im Namedropping durchgeschleust werden. Mehr aber auch nicht.

Sogar die Exzesse des New Hollywood in den 1970er Jahren werden als kreative Findungsphase im Wesentlichen positiv betrachtet. Monströs gescheiterte Projekte wie Dennis Hoppers „The Last Movie“ eher nicht erwähnt als kritisch hinterfragt. Tatsächlich aber sind gerade die 1970er ein sehr spannendes Jahrzehnt für den amerikanischen Film wie auch die 1990er, in denen der unabhängige Autorenfilm mit dem von Robert Redford initiierten Sundance Festival eine große Bühne und mehr und mehr Einfluss auf das klassische Hollywood bekommt. Aber letztlich hat jedes Filmjahrzehnt seine Höhepunkte und ein kluger Filmschaffender hat mal gesagt, das jede Zeit die Filme bekäme, die sie verdient.

Nicht nur Filmfans werden an dem Format große Freude haben. Selbst wenn viele der vorgestellten Filme bekannt sind, so sind doch immer wieder auch vergessene Filmperlen zu finden. Die Aufteilung der Episoden in Jahrzehnte ist in sich stimmig und verschafft eine umfangreichen Überblick. Die Serienmacher versuchen die Blickwinkel zu öffnen, haben immer auch das afroamerikanische Filmschaffen im Blick. Bisweilen mangelt es an kritische Haltung und dem hinterfragen der Mechanismen der Filmindustrie. Aber in einer typisch amerikanischen Lobeshymne war das vielleicht auch nicht zu erwarten. Trotz allem ein empfehlenswerter, kompetenter Überblick über amerikanische Filmgeschichte.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

The Movies – die Geschichte Hollywoods
OT: The Movies
Genre: TV-Serie, Dokumentation
Länge: 540 Minuten (12 x 45), USA, 2019
Mitwirkende: Tom Hanks, Steven Spielberg, Paul Thomas Anderson, Holly Hunter,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Studio Hamburg Enterprises
DVD- & BD-VÖ: 04.06.2021

Episodenübersicht

Disc1:
Die Goldenen Jahre (Teil 1&2)
Die 60er (Teil 1&2)
Disc 2:
Die 70er (Teil 1&2)
Die 80er (Teil 1&2)
Disc 3:
Die 90er (Teil 1&2)
Die 2000er (Teil 1&2)