Neustart für Jessica Drew. Superhelden-Comic-Fans kennen das inzwischen: in unregelmäßigen Abständen erfinden die großen Comicverlage ihre Helden und Heldinnen neu, deuten sie um beziehungsweise rebooten sie und eröffnen so neuen Leserkreisen die Möglichkeit, unbekannte Helden zu entdecken und den Kreativen die Chance, sich auszutoben – im Rahmen der Heldinnen-Legenden. Der Neuanfang von „Spider-Woman“ ist eine unterhaltsame und actionreiche Familientherapie, gekonnt in Szene gesetzt von Autorin Karla Pacheco und Zeichner Mattia de Iulis.
Als Superheldin mit kleinem Kind, kann Jessica Drew nicht nur darauf warten, in einem der großen Teams die Welt zu retten oder sich damit begnügen, die Nachbarschaft Schurkenfrei zu halten. Nein, die Familie muss ernährt werden und Jessica geht arbeiten. Die Privatdetektei hat sie allerdings aufgegeben und ist nun im Sicherheitsgewerbe.
Ihr erster Job als Bodyguard hat es aber direkt in sich: Sie bewacht den 16. Geburtstag von Rebecca, der im Rollstuhl sitzenden Tochter des Industriellen Marchant. Doch bei der Superhelden-Mottoparty wird Jessica nicht nur von einem Nerdkid blöde angequatscht, die Party wird auch von einem Entführungskommando gecrasht. Alle Hände voll zu tun…
…und irgendwie hängt das alles mit Jessicas neuem Kostüm zusammen, das sie sich extra für ihre privaten Jobs hat anfertigen lassen, mit ziemlich vergifteten Familienbeziehungen und einem Heilmittel für Geburtstagskind Rebecca. Doch hinter dem sind auch andere hinterher – wie Octavia Vermis.
Für Superhelden-Comics aus dem Hause Marvel ist turbulent und witzig umgesetzte Action schon mal die halbe Miete. Und wenn das von Autorin Karla Pachego („Misty Knight“) auch noch erzählerisch pfiffig aufgearbeitet wird und zeichnerisch von Mattia de Iulis („Jessica Jones – Blindspot“) rasant umgesetzt wird, macht das Abenteuer schon mal viel Spaß.
Die Story wird zunächst in Rückblenden aufgearbeitet, während sich Jessica mit Fieslingen kloppen muss, dann kommen einige Überraschungsmomente ins Spiel und offenbaren Familiengeheimnisse, die die Heldin auf eine harte Probe stellen. Auch deshalb, weil Jessica ihre Superkräfte zunächst in den Dienst der Schurkenorganisation Hydra stellte. In dem Glauben, für die gute Seite zu kämpfen.
Das Artwork kann sich sehen lassen und der dynamische Seitenaufbau das hohe Erzähltempo und die ineinandergreifenden ganzseitigen Panels zum jeweiligen Heftauftakt, der US-Ausgaben sind gefällig und modern ausgefallen ohne dabei stilistische Experimente zu wagen. Das passt zur Figur und auch zur Geschichte.
Insgesamt macht die Storyline, die sich über 5 US-Hefte erstreckt, einen stimmigen Eindruck und eröffnet auch noch genügend Potential, um weiter erzählt zu werden. An den furiosen Story-Run von Dennis „Hopless“ Hallum, der von einer schwangeren Superheldin erzählte, kommt „Familiengeheimnisse“ nicht heran, aber diese Messlatte liegt auch verdammt hoch. „Spider-Woman: Familiengeheimnisse“ ist eine starke Story mit einer toughen Heldin.
Comic-Wertung: (7,5 / 10)
Spider-Woman 1: Familiengeheimnisse
Alternativ: Spider-Woman – Neustart 1: Familiengeheimnisse
OT: Spider-Woman (2020) 1 – 5, Marvel Comics, 2020
Genre: Comic, Superhelden
Autor: Karla Pacheco
Zeichner: Mattia de Iulis et al
Farben: Mattia de Iulis et al
Übersetzung: Carolin Hidalgo
Verlag: Panini Comics, Softcover, 140 Seiten,
ISBN: 9783741619311
VÖ: 16.03.2021