Wer sich die letzten Marvel-Blockbuster im Kino angeschaut hat und mit den Comics weniger vertraut ist, mag sich vielleicht wundern, welche Rolle die ominösen „Infinity Stones“ in diesem Filmuniversum noch spielen mögen. Neu sind diese machtvollen Steine in den kosmischen Abenteuern aber keineswegs: In der 1991 erschienenen Miniserie „Infinity Gauntlet – Die ewige Fehde“ die nun gesammelt bei Panini erscheint, zeigt Autor Jim Sterlin, welche Macht die „Seelensteine“ verleihen, wenn sie denn im Besitz eines Wesens sind; dass ausgerechnet Thanos der Besitzer der Klunker ist, verheißt indes nichts Gutes.
Denn der Titan ist unglücklich verliebt. Lady Death, die Herrscherin über das Totenreich verschmäht den allmächtigen Titanen allerdings ausgerechnet aufgrund seiner Macht. Da braucht es Mephisto kaum, um Thanos Flöhe ins Ohr zu setzen, wie die Gunst der Auserwählten zu erlangen ist, denn in seinen Allmachtsfantasien hört Thanos sowieso auf niemanden. Doch nun will er die Anzahl alles Lebens im Universum soweit dezimieren, dass das Reich des Todes bevölkerter ist als jenes des Lebens. Der Titan hofft, mit der Erweiterung ihres MAchtbereiches auch das Herz der Lady Death zu gewinnen.
Die abstrusen Pläne des durchgeknallten Titanen haben nicht nur auf der Erde ungeahnte Auswirkungen. Aber als der Silver Surfer bei Doc Strange auftaucht und die Menschheit warnen will, scheint es schon fast zu spät. Glücklicherweise bekommen die irdischen Superhelden Unterstützung von Adam Warlock, der in einem der Infinitysteine lebt. Vielleicht gelingt es doch noch, den allsehenden, allmächtigen Thanos irgendwie von seiner Zerstörungsabsicht abzuhalten.
Autor Jim Starlin, der Thanos 1973 selbst erschaffen hat, drückt in seiner abgeschlossenen Miniserie „Infinity Gaunlet“ mächtig auf die Tube und kreiert eine Space Opera die sich gewaschen hat. Der Konflikt ist nahezu klassisch: Da muss sich die Schöpfung selbst gegen ein gottgleiches Wesen verteildigen. Die Auflehnung gegen das Gottheitsprinzip ist ja schon fast ein Symbol für die Abwendung vom Religiösen an sich. Was geschieht mit Göttern, wenn niemand an sie glaubt?
Und so kosmisch wie die Story aufgebaut ist, braucht es gegen die übermächtige Bedrohung auch unorthodoxe Allianzen. Die Menschheit und ihre superheldenhaften Beschützer können das Weltall nicht alleine retten; und während man auf Terra noch diskutiert, ob Victor von Doom wirklich vertrauenswürdig ist, verhandelt Adam Warlock schon mit Galactus und dem Beobachter. Erstaunlicher Weise spielen ausgerechnet die Fantastischen Vier, die ja sonst bei Marvel gerne für die Ausflüge ins Universum zuständig sind, in diesem Event kaum eine Rolle.
Für diese epische, 260 Seiten starke Story finden George Perez und Ron Lim tolle Bilder. Die sind natürlich auch beeinflusst vom damaligen Zeitgeist und der Art und Weise wie man zu Beginn der Neunziger Comics machte, aber das freie Panelling, die kosmischen Szenerien und die schönen kleinen Spielereien machen Spaß und transportieren die ausgefeilte Story mit viel Action und feinen Szenarien. Es liegt in der Natur der Sache, dass etliche Charaktere auftauchen, aber die grafische Umsetzung schafft auch immer Orientierung, wer gerade beteiligt ist und wo die Handlung sich gerade abspielt.
Sterlin hatte die Geschichten um die „Infinity Gems“ zunächst mit der Miniserie „The Thanos Quest“ begonnen, worin der Titan in den Besitz der Steine gelangt, und nach „the Infinity Gauntlet“ folgten in den 1990ern mit „Infinity War“ und „Infinity Crusade“ noch zwei weitere in sich abgeschlossene Abenteuer um die machtvollen kosmischen Klunker. 2002 legte Starlin dann noch „Infinity Abyss“ nach. Vielleicht kommen die Leser ja demnächst noch in den Genuss einer weiteren Wiederauflage. Das alles ist in der englischen Wikipedia schön nachzulesen, wohingegen man in der deutschen Variante mal gerade einen dürftigen Eintrag zu Jim Starlin findet.
„Infinity Gauntlet“ ist definitiv ein Klassiker der Space Opera und man merkt der Story nur gelegentlich an, das sie schon ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel hat. Absolut lesenswert.
Comic-Wertung: (8 / 10)
Infinity Gauntlet – Die ewige Fehde
OT: Infinity Gauntlet 1-6, Marvel Comics 1991
Autor: Jim Starlin
Zeichner: George Pérez, Ron Lim
Übersetzung: Jürgen Petz
Verlag: Panini Comics, Softcover, 260 Seiten,
VÖ: 16.09.2014