Batman: Damned – Sammelband

Als Autor Brian Azzarello und Illustrator Lee Bermejo 2008 eine abgeschlossene „Joker“–Miniserie vorlegten, war die Begeisterung ebenso groß wie die Verblüffung. Es dauerte ein Jahrzehnt, bis das Kreativduo mit der eigenständigen Miniserie „Damned“ nachlegte. Im Nachwort des nun bei Panini erschienen Sammelbandes „Batman: Damned“, knüpft Azzarello die losen Enden und Gedanken zusammen zu diesem Titel, der seinerzeit 2018 das neuen DC Black Label für erwachsenerer Leser eröffnete. Machen wir es kurz: „Batman: Damned“ ist jetzt schon Kult und gehört – wie „Joker“ – in jedes Comic-Regal.

Manchmal kommt man einfach zu spät. So wie ich voraussichtlich mit dieser Comic-Besprechung. Fans und Leser:innen, die die Neuheiten regelmäßig beobachten, werden bereits zum US-Start oder spätestens zur Einzelveröffentlichung der drei Hefte bei Panini Comics auf diese grandiose, alleinstehende Batman-Geschichte gestoßen sein.

Ich gestehe, dass mit die Einzelhefte mit ihren 60 Seiten seinerzeit zu kurz waren, um sie einzeln vorzustellen. Jetzt also liegt „Batman: Damned“ als deutsche Sammelausgabe vor und Leser:innen könnten sogar erwägen, den Titel nicht nur aufgrund seines außergewöhnlichen Formates (21.9 x 1.5 x 27.7 cm) als Hardcover zu erwerben. Der Inhalt ist es allemal wert.

Batman kommt in einem abgehalfterten Hotel zu sich, erinnert sich nur langsam, was passiert ist und wie er dorthin gekommen ist. Batman erinnert sich an einen Kampf auf einer Brücke, einen Sturz. Doch Erinnerung verschwimmt und mischt sich mit Kindheitsträumen, mit unbewussten Schnipseln, die an die Oberfläche der Wahrnehmung treiben. Und dann taucht da dieser Gedanke auf: Der Joker tot?

„Da war was mit nem Sturz.“

Batman treibt die Suche nach Gewissheit an, die Frage nach Beteiligung oder gar Schuld. Und er streunt durch die Stadt. Dabei trifft er auf den Hellblazer, John Constantine, der mehr zu wissen scheint, als er preisgeben will. Nur mühselig und qualvoll kommt Batman dahinter, was passiert ist.

Wie schön, mögen Fans gedacht haben, als Brian Azarello und Lee Bermejo mit „Damned“ ihre fulminante „Joker“-Geschichte wieder ans Licht zerrten und auf deren Ruinen eine neue, finstere Batman-Geschichte erzählen. Wie schön auch, dass der Hellblazer mal wieder kettenrauchend auftritt und schnodderig von einem in Szene gesetzt wird, der weiß, was er da macht. Schließlich war Azzarello langjähriger „Hellblazer“-Autor. Doch die Fan-Freunde zog sich beim US-Start wie Kaugummi und der abschließende dritte Band der Story wurde satte fünf Mal verschoben. Auch deshalb, weil das aufwändige Artwork allein von Lee Bermejo geschaffen wurde. Der Mann macht Zeichnung, Tusche und Kolorierung gleichermaßen, was nachvollziehbarerweise länger dauert als wenn drei Künstler am Werk wären.

„Ich bin der unzuverlässigste von allen Erzählern.“

Schließlich ist geschafft, was heute schon ein moderner Comic-Klassiker ist – oder sein sollte, der seinesgleichen sucht. Wie bei vielen herausragenden Superhelden-Comics fällt auch „Damned“ aus der Batman-Chronologie und hantiert sehr frei mit der Mythologie des Fledermaushelden. Dabei merkt man der Geschichte noch an, dass sie ursprünglich ganz woanders hin laufen sollte. Hier ist die „Justice League Dark“ komplett einbezogen und sollte wohl vom Dunklen Ritter Starthilfe zur eigenen Serie bekommen. Aber dann verselbständigt sich so eine Erzählung und wird zu etwas völlig anderem, das aber sehr wohl weiß, dass es gut ist.

Die Szene auf dem Friedhof, in der Swamp Thing den Batman wieder unter der Erde hervorholt, zeigt wie sehr die Künstler dem Medium Comic und der bebilderten Detektive-Geschichte verbunden sind: Wenn das keine selbstbewusste Hommage an Will Eisners „Der Spirit“ ist, wie Constantine – mit Augenbinde – rauchend auf dem Grabstein hockt, weiß ich es auch nicht. Aber das ist nur eine Randnotiz.

So abgründig, vielschichtig und mysteriös diese Batman-Geschichte ist, so großartig, majestätisch und kunstvoll ist das Artwork von Lee Bermejo. Jedes einzelne Panel, jede Seite ein düsteres Kunstwerk von großer Eigenständigkeit. Modern American Gothic par Excellence. Etliche Panels kommen ohne schwarze Konturen aus. Oft sind die detaillierten Panels von gemäldehafter Qualität, die sich stilistisch ganz erheblich von Superhelden-Comic-Serien abheben. Dabei sind die Close-ups ebenso expressiv wie die Totalen. Die Kolorierung ist sensibel und variabel zugleich und fangen die düstere Atmosphäre bildstark ein. Straßenschluchten, in denen Tod und Trauma lauern, finstere Gestalten überall und immer dieses Unwissen, dieser Fleck auf der Seele.

Autor Brian Azzarello hat bereits so viele bleibende Fußabdrücke in der Comic-Szene hinterlassen, dass es erstaunlich ist, wie viel Kreativität der Mann noch auf die Seiten bringt. Die Zusammenarbeit mit den meisterhaften Illustrator Lee Bermejo ist schlicht kongenial und steht der Paarung Azzarello / Risso in kaum etwas nach. „Batman: Damned“ ist hinreißend düster, abgefeimt abgründig und zum niederknien packend.

Comic-Wertung: 10 out of 10 stars (10 / 10)

Batman: Damned – Sammelband
OT: Batman: Damned 1-3, DC Comics, 2018-19
Genre: Comic, Superhelden, Thriller,
Autor: Brian Azzarello
Zeichner & Farbe: Lee Bermejo
Übersetzung: Joseph Rother
Verlag: Panini, Softcover, 180 Seiten,
VÖ: 19.01.2021

Batman: Damned bei Panini-Comics