Cobra Kai – Staffel 1: Kinder und Kämpfe

Wer hätte gedacht, das „Karate“ ein weiteres Revival erfährt? Zumindest in den USA und als Serienformat feiert die Fortsetzung des 80er-Jahre Kult-Films „Karate Kid“ ein hochgelobtes Revival. Die Serie „Cobra Kai“ bringt immerhin die beiden Erzrivalen aus den 80er wieder vor die Kamera und schweigt glücklicherweise nicht ausschließlich in Nostalgie, sondern kommt modern und frisch daher. „Cobra Kai“ ist eine Youtube Produktion, die später auch bei Netflix zum Hit wurde. Momentan wird dort die dritte Staffel präsentiert. Nameless Media beschert der ersten Staffel von „Cobra Kai“ hierzulande eine klassische Home-Entertainment-Premiere als DVD und Blu-ray. Also, ab auf die Matten.

Ohne Vorbemerkungen wird es wohl nicht gehen. Ich fasse mich aber kurz, da ich zu Recherche-Zwecken sämtliche „Karate Kid“ Filme wiedergesehen habe und sie demnächst auf diesen Seiten vorstellen werde. Was freilich schwer zu beurteilen ist, bleibt, wieviel Spaß die „Cobra Kai“ –Serie macht, wenn Zuschauer:innen die „Karate Kid“-Filme nicht kennen. Auf alle Fälle wird das Serienpublikum von den Machern gut abgeholt und kann ohne Vorwissen einsteigen, da die wichtigen Szenen aus den Filmen in die Serie eingebunden sind.

Im Jahr 1984 gehörte der Jugendfilm „Karate Kid“ zu den erfolgreichsten Kinofilmen des Jahres. Die Handlung ist schnell umrissen: Der junge Danny LaRusso (Ralph Macchio) zieht mit seiner alleinerziehenden Mutter von New Jersey nach Los Angeles. Doch Danny wird von einer Horde Kids gemobbt, die in einer Karate Schule, einem Dojo, Kampfkünste erlernen. Besonders deren Anführer Johnny Lawrence (William Zebka) hat es auf Danny abgesehen. Der japanische Hausmeister Mister Myagi nimmt sich Dannys an und bringt ihm ebenfalls Karate bei. Es kommt zwischen den beiden Jugendlichen zu einem Showdown beim „All Valley“ Karate Turnier.

Zerschlagene Preise und kaputte Autos

Die Serie „Cobra Kai“ setzt 34 Jahre später ein. Johnny Lawrence (William Zebka) schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Leben. Als Angestellter einer Hausmeisterfirma reicht‘s gerade für die Miete und ein paar Feierabendbier. Er lebt allein und abgehalftert in den heruntergekommenen Stadtteil Reseda. Sein ganzer Stolz ist ein Firebird. Während Johnny betrunken durch die Gegend fährt, schrottet eine Truppe Highschool –Mädels seinen Traumwagen und begeht Fahrerflucht. Der Abschleppdienst bringt das Auto ausgerechnet zu einer LaRusso Werkstatt.

Selbstverständlich begegnet Johnny dort seinem ehemaligen Rivalen Daniel Larusso (Ralph Macchio). Der ist in der Autobranche erfolgreich, ist ein gemachter Mann mit Familie und schickem Haus. Als Johnny dessen Tochter Samantha (Mary Mouser) als eines der Mädchen im Auto wiedererkennt, scheint alles klar: Die Reichen wollen ihn über den Tisch ziehen. Johnny Lawrence beschließt das Karate Dojo, in dem er selbst die Kampfkunst erlernte, wieder zum Leben zu erwecken. In einer abgehalfterten Ladenzeile eröffnet Johnny „Cobra Kai“. Sein einziger Schüler ist Miguel Diaz (Xolo Maridueña), der gerade mit seiner alleinerziehenden Mutter in das Nachbarapartment gezogen ist. Kurz zuvor hatte Johnny den Jungen notgedrungen vor einer Horde Schläger beschützt.

Als Daniel LaRusso zufällig mitbekommt, dass es wieder ein „Cobra Kai“-Dojo gibt, erinnert er sich an dessen unsportliche und brutale Kampf-Philosophie und beschließt etwas gegen das Dojo zu unternehmen. Daniels Frau Amanda (Courtney Henggeler) lässt den Gatten gewähren. Und während Johnny Ausschau nach neuen Schülern hält, will sein Sohn Robby Keeene (Tanner Buchannan) seinem Alten eins auswischen und fängt bei LaRussos Autosalon als Aushilfe an.

Fehlende Väter

In den ersten Folgen müssen die Charaktere der Serie zunächst etabliert werden. Dabei wird schnell deutlich, worauf es in „Cobra Kai“ hinausläuft: Die alten Rollen sind vertauscht, es gibt kein eindeutiges Schwarz-Weiß, das Leben besteht aus Schattierungen von Grau. Für das Funktionieren der Serie ist ebenfalls ganz wichtig, dass die alten Rivalen nicht mehr allein im Mittelpunkt stehen. Auch und gerade die Generation der Kinder im Teenager-Alter trägt das Serien-Geschehen – und die jungen Leute ticken einfach anders.

Dabei gelingt es den drei Serienmachern Josh Heald, Jon Hurwitz und Hayden Schlossberg die Charaktere zweideutig zu halten, ohne dabei unrealistisch zu werden. Die beiden Hauptdarsteller sind auch Co-Produzenten der Serie, ebenso wie Will Smith und sein Schwager Caleb Pinkett, Selbstverständlich war Danny LaRusso früher mal der Sympathieträger und er ist immer noch ein netter Mensch, aber als Vater hat er auch einen übertriebenen Beschützerinstinkt und als angesehens Gemeindemitglied ist er nicht bereit den ehemaligen Rivalen eine zweite Chance zu geben.

Selbständige Kinder

Auf der anderen Seite kommt der Alte Johnny Lawrence zwar abgehalftert, aber auch gereift rüber. Tatsächlich will er Miguel helfen, sich zu wehren und übernimmt damit eigentlich den Platz von Mister Myagi, der seinerzeit Danny geholfen hat. Dass Johnny dabei auf Methoden zurückgreift, die ihm früher selbst geholfen haben, ist mehr als nachvollziehbar. Dabei weiß der neue Sensei um den Wert einer zweiten Chance und versucht das Schlechte aus der „Cobra Kai“ Kampfhaltung herauszubekommen. Selbstredend gipfelt alles in einem Kampf beim All Valley Turnier.

Alte Fans wird vor allem der witzige und selbstironische Ton ansprechen, mit dem die 80er hier präsentiert werden. Johnny scheint in dem Jahrzehnt stecken geblieben und hat von Internet und Smartphones keinen Schimmer. Junge Fans dürfen sich vor allem auf einen sympathischen und cleveren Miguel freuen, der als enthusiastischer Karate-Neuling eine zweite Ebene der Handlung zu schultern weiß. Und wie das seit Shakespeares „Romeo und Julia“ so üblich ist, verlieben sich die Sprößlinge aus verfeindeten Häusern gerne mal ineinander. Aber dass kann jede:r selbst sehen.

Es dauert nicht lange, bis „Cobra Kai“ seinen Charme entfaltet und mit einer unterhaltsamen Mischung aus Nostalgie und Selbstironie, verbissenen Vätern und kicklustigen Kids für sehr kurzweiligen und wendungsreichen Serienspaß sorgt. Zum Glück gibt‘s Nachschub.

Serien-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

Cobra Kai – Staffel 1
OT: Cobra Kai Season 1
Genre: TV-Serie, Action, Drama
Länge: 285 Minuten (10 Folgen), USA, 2018
Idee & Drehbücher: Josh Heald, Jon Hurwitz, Hayden Schlossberg, et al.
Regie: Josh Heald, Jon Hurwitz, Hayden Schlossberg, et al.
Darsteller: Ralph Macchio, Mary Mouser, Tanner Buchannan, Xolo Maridueña, William Zabka,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Nameless Media, Eurovideo
DVD- & BD-VÖ: 17.12.2020

Cobra Kai bei Nameless Media