Angesichts der namhaften Star-Besetzung kommt schon die Frage auf, warum “Code Ava – Trained To Kill” hierzulande keine Kinostart bekommen hat. Die Corona-Pandemie bedingten monatelangen Kinoschließungen dürften ihren Teil dazu beigetragen haben, dass „Code Ava“ nun als Home-Entertainment-Premiere bei Eurovideo erscheint. Bei der Sichtung des dramatischen Thrillers zeigen sich dann aber auch ein paar Haken in dem eigentlich interessanten Filmprojekt. An Jessica Chastain in der Hauptrolle einer Profi-Killerin auf Abwegen liegt es weniger, dass „Code Ava“ nicht auf ganzer Linie herausragt.
Als professioneller Killer, der für eine große, global agierende Agentur arbeitet, sollte man sich schon aufs Wesentliche konzentrieren. Es geht um Effizienz und Unauffälligkeit. Da hilft es wenig, dass Ava (Jessica Chastain) ihre Zielpersonen vor der Exekutierung fragt, ob siedenn wüssten, warum sie aus dem Weg geräumt werden sollen.
Das „Management“ der Mörderagentur sieht solches Verhalten nicht sonderlich gerne. Vor allem, weil Ava in der Vegangenheit bereits einmal psychische Probleme hatte. Avas Führungs-Offizier Duke (John Malkovich) legt nach wie vor seine Hand für den Schützling ins Feuer, doch Simon (Colin Farrell), der im Management das Sagen hat, ist nicht überzeugt und lässt Ava weiter beobachten.
Bei einem Auftrag in Saudi-Arabien läuft Ava ins offene Messer: Statt die Tötung eines Militärs diskret zu erledigen, hinterlässt ihre Flucht eine blutige Spur. Ava ist überzeugt, man hat ihr eine Falle gestellt und will sie loswerden. Duke nimmt sie erst einmal aus dem Einsatzplan. Ava taucht in ihrer Heimatstadt Boston unter, nimmt erstmals seit Jahren wieder Kontakt zu ihrer Familie auf und erfährt, dass ihre Mutter (Geena Davis) schwer krank ist. doch das Management beschließt Ava zu eleminieren.
Es ist schnell nachzuvollziehen, warum Jessica Chastain („The Help“, „Zero Dark Thirty“) diese Rolle und dieser Film so sehr interessiert hat, dass sie das Projekt auch gleich mit-produzierte: Für Frauen gibt es wenig anspruchsvolle, vielschichtige, starke Rollen im Action-Genre. Das hat durchaus Potential und hätte eine kraftvolle, dynamische Mischung sein können. Doch die einzelnen Elemente des Films greifen nicht immer gut ineinander und einige Kombinationen funktionieren nicht durchgehend überzeugen.
Nach starkem Auftakt und guter Einführung der Charaktere verlässt sich das Drehbuch von Matthew Newton („Three Blind Mice“) zu sehr auf Genre-Konventionen. Der Plot mit seiner geheimbündlerischen Killerorganisation erinnert doch stark an den Überbau in „John Wick“. Und der bediente sich bereits bei Roman-Autor Donald E. Westlake respektive Jean-Pierre Melvilles französischen Meister-Thriller „Vier im roten Kreis“, um seine stylische Action in ein Gerüst zu packen.
Der Vergleich mit „John Wick“ lässt sich auch auf die Action-Choreografie übertragen. Schnörkellos, auf den Punkt und effizient tödlich sind die Auseinandersetzungen choreografiert. Allerdings stimmen Timing und Spannungsaufbau in den Kämpfen nicht immer. Das liegt weniger an den Darstellern, die ziemlich ordentlich trainiert haben und viele der Szenen auch selbst spielen, als vielmehr daran, dass es Regisseur Tate Taylor („The Help“, „Girl on a Train“, „Get on Up“) nicht so recht gelingen will, ein Händchen für handfeste Action zu entwickeln.
Dabei unterscheidet sich „Ava“ im Ansatz durchaus wohltuend von jenem Typ Thriller, in denen eine Kaderschmiede Killerinnnen heranzüchtet wie in „Red Sparrow“ oder klassicherweise in Luc Besons „Nikita“.
In Sachen Drama und tiefgründige toughe Frauenfigur weiß „Code Ava“ dann allerdings wieder Boden gutzumachen. Sicher, auch die problemlastige familiäre Vergangenheit der Killerin ist nahe am Rollenklischee, wie auch die Flucht in die Army, aber Jessica Chastain, die bereits in „The Help“ mit Tate Taylor drehte, füllt diese Rolle stark aus und verleiht ihrer kampferprobten Ava auch verwundbare Seiten, die glaubwürdig und sympathisch rüber kommen.
Anders als die Probleme von Ex-Freund Michael (Common), der sich mit den falschen Leuten eingelassen hat und aus der Nummer nicht mehr alleine herauskommt. Das ist dann wieder zuviel des Ganzen und befördert den eher zwiespältigen Eindruck, den „Code Ava – Trained to Kill“ hinterlässt.
Der amerikanische Thriller „Code Ava – Trained to Kill“ schickt Hollywood-Star Jessica Chastain als robuste Killerin ins Rennen, die ihren Selbsterhaltungstrieb auspachen muss. Dabei gelingt es „Ava“ mit der stimmigen Kombination von Thriller, Drama und Action nicht immer vollends überzeugend. Das liegt weniger an den Darstellern als an Drehbuch und Inszenierung, die zu sehr an Genrekonventionen kleben. Unterhaltsam ist „Code Ava“ über weite Strecken aber durchaus.
Film-Wertung: (6 / 10)
Code Ava – Trained to Kill
OT: Ava
Genre: Thriller, Drama,
Länge: 96 Minuten, USA, 2020
Regie: Tate Taylor
Darsteller: Jessica Chastain, John Malcovich, Colin Farrell, Geena Davis
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Eurovideo
DVD- & BD-VÖ: 22.10.2020