Taschengeld-Tipps # 38/2011

reeperbahn-festival-2011-logo-teaserEs gibt so Wochen, da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll: Und jedes Jahr im September ist in Hamburg musikalischer Ausnahmezustand. Reeperbahnfestival. Musik bis zum Abwinken. Da bleibt für den Blick auf die Restrepublik kaum Gelegenheit. Und in der nächsten Woche startet dann das Filmfest Hamburg, da muss ich auch wieder hin. Der Input-Overkill ist vorprogrammiert und ja, ich freue mich drauf! Im Normalfall reichen solche Veranstaltungen dann wieder, um sich das Jahr über mit dem, was man schon kennt, wohlzufühlen. Eigentlich ist das also eine Art Abenteuerurlaub.  Wie auch immer, auch auf den Sektoren Musik, Film und Heimkino tut sich was, das sich lohnt. Hier sind die Wochentipps.

reeperbahn-festival-2011-logoLIVE: Reeperbahnfestival! Mehr als 200 Bands in 3 Tagen. Musik am laufenden Band und dazu noch etliche Events, Veranstaltungen, Kunst und Lesungen. Das alles wird mit Tages-oder 3-Tages-Tickets für kleines Geld ermöglicht. Der Donnerstag, also heute, ist allerdings schon ausverkauft. Band-Infos, die Zeitpläne für die nächsten Tage und was der Fan sonst noch wissen muss, findet sich auf der Reeperbahnfestival-Homepage. Aber nun zum Wesentlichen: Was soll man sich bei der unendlichen Auswahl an Musik denn nun antun? Mein allgemeiner und bewährter Tipp ist eine gesunde Mischung aus Acts, die man kennt und immer schon mal sehen wollte, und unbekannten Nonames, die man mehr oder minder spontan aus dem Programm zaubert. Da ist immer die eine oder andere Überraschung garantiert. Es gibt so viel wunderbare Live-Musik, hier ist die Möglichkeit was auszuprobieren! Die Vorauswahl, die die Festival-Organisatoren getroffen haben, ist an sich schon ein Qualitätskriterium für eine sehenswerte Liveband.

moon-duo-escapeAm Donnerstag bin ich auf die Schweden Friska Valör gespannt, die schon zum vierten Mal dabei sind, Frankreichs Indie-Band Dodoz und Brasstronaut aus Kanada mit experimentierfreundigen Indie-Sounds. Am Freitag würde ich mir ja Turbostaat, Escapado und Triggerfinger ansehen, aber die spielen alle gleichzeitig! Ansonsten ist das Moon Duo aus San Francisco Pflicht! Die Dänen von Reptile & Retarded sind zumindest schräg genug, um sie nicht zu verpassen. Am Samstag spielt das Orchester Herrengraben ihren Bläser-Apocalypso, die mexikanische Künstlerin Ximena Sarinana ist ein Ausnahmetalent, das wohl bald nicht mehr in solch schnuckeligem Ambiente zu sehen sein wird , die Schweden Fatboy liefern Rock(abilly), wie das nur Nordländer können und die Franzosen The Dynamics lassen den Soul los. Bevor ich jetzt noch ganz heißlaufe, lasse ich’s dabei bewenden. Wie gesagt Ausnahmezustand, macht was draus!

Attack the BlockKINO: Die Leinwand-Empfehlungen der Woche kommen beide von den britischen Inseln und wer sich das zutraut und die Gelegenheit hat, sollte sich die Originalversionen gönnen, denn in beiden Fällen machen die Dialoge unglaublichen Spaß. Die Sci-Fi-Komödie „Attack the Block“ war im August schon als Abschlussfilm auf dem Fantasy Filmfest zu sehen und macht einfach gute Laune: Eine Gang von pubertierenden Möchtegern-Gangstern legen sich in einem Londoner Sozialghetto mit einer Horde Aliens an. Produziert wurde die gelungene und keineswegs nur alberne Action-Komödie von den „Shaun of the Dead“ Machern.

Film-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

the-guard-movie-photo-01Gegen die Konkurrenz noch anzustinken, ist schon eine Leistung, für den irischen Kleinstadtbullen Gary Boyle (Brendan Gleeson) in „The Guard – ein Ire sieht schwarz“ aber kein Problem. Der Typ hat einfach eine ganz eigene Rechtsauslegung und nervt mit seinem charmanten Zynismus eigentlich jeden in der irischen Polizei. Als dann das FBI in Person des schwarzen Agenten Wendell Everett auftaucht, um einen Drogenschmuggel aufzudecken, muss der freundliche Ami ausgerechnet mit dem eigenwilligen Boyle zusammenarbeiten. „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“ zieht seinen Witz aber beileibe nicht nur aus der ungleichen Buddy-Konstellation, sondern rockt mit tiefschwarzem Humor. Brendan Gleeson umwerfend in dieser Paraderolle; und locker vor sich hin philosophierende Dealer sieht man auch nicht so oft. Nicht verpassen! Hier gehts zur Kritik und zum Trailer.

Film-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Benda-Bilili-PlakatDVD: Ja gut, der Blockbuster des Jahres ist jetzt auch für den Hausgebrauch zu haben – „Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten“. Aber mal ehrlich, Captain Jacks (Johnny Depp) Suche nach dem Jungbrunnen erfüllt im Wesentlichen die Erwartungshaltung der Zuschauer. Das allerdings sehr gut. Das Highlight auf dem DVD-Sektor ist aber die mitreißende Musikdoku „Benda Bilili“ die ich schon zum Kinostart ausführlich vorgestellt habe. Der Sound der kongolesischen Band ist einfach genauso mitreißend wie ihr unverwüstlicher Lebensmut. Da die Band aus Straßenkindern und Polio-Versehrten besteht ist das erstaunlich genug. Wer „Benda Bilili“ im Kino verpasst hat, sollte den Film schleunigst nachholen, auch wenn der Sound auf der großen Leinwand naturgemäß besser rüberkommt. Hier geht’s zu Filmkritik und Trailer.

Film-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

MUSIK: Die Nachricht der Woche stammt sicherlich aus dem Lager der Alternativ Pop-Rocker R.E.M., eine der größten Rockbands unserer Tage, gibt still und schlicht das Ende der Band bekannt. Nachzulesen auf der Band-Homepage (allerdings noch nicht auf der deutschen Seite!?). Nach 31 Jahren und immer noch als Freunde geben Michael Stipe, Peter Buck und Mike Mills als Trennungsgrund an, dass ihnen schlicht nichts Neues mehr einfiel, was die Band als solche weiterbringen würde. Das ist mal ein ehrliches Statement. Trotzdem Schade. Thank you for the Musik.

Wilco - The Whole Love [download] - ArtworkDas Album der Woche hingegen zeigt eine Band auf dem Höhepunkt ihrer Kreativität: Die Alternative Country-Rocker von Wilco legen mit „The Whole Love“ eine beachtliche Scheibe hin, die im Rennen um das beste Album 2011 ganz weit vorne liegt – mal wieder, muss man sagen. Seit „Yankee Hotel Foxtrot“ (2002) liefern Wilco ununterbrochen großartige Scheiben ab, die immer wieder den Spagat zwischen großartigen Songs und musikalischem Experiment schaffen. „The Whole Love“ ist eine Spur leichtfüßiger als der Vorgänger „Wilco (the album)“. Umrahmt von zwei überlangen Songgiganten, dem im Gitarreninferno endenden Opener „Art of Almost“ und dem wunderschöne Ausklang „One Sunday Morning“, finden sich zehn weitere großartige Lieder zwischen Eingängigkeit und Vielschichtigkeit, alle mit Hitpotential. Klasse Scheibe.

Album-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Kommt sicher durch die Woche.