Not Fade Away: Rockstar-Träume in der Provinz

Filme beziehen sich immer wieder auf die musikalischen Sechziger Jahre, weil diese Zeit so bahnbrechend war. So auch David Chases Hommage „Not Fade Away“. Der „Sopranos“-Produzent David Chase gibt mit 67 quasi sein Debut als Regisseur und Drehbuchautor. Seine persönlich gefärbte Hommage fängt den Geist der Zeit und den Geist der Musik wunderbar ein.

Douglas Damiano (John Marago) wächst in einer Kleinstadt in New Jersey auf, spielt Schlagzeug und wäre auch gerne in einer Band. Das geschieht allerdings erst, als der angestammte Drummer in der Cover-Truppe von Kumpel Eugene (Jack Huston) ausfällt.

Die Band bringt es bald zu lokalem Ruhm und Doug endlich auch die Aufmerksamkeit seiner heimlichen Jugendliebe Grace (Bella Heathcote). Die Freunde hoffen auf einen Plattenvertrag, sind sich aber über ihre Zukunft uneins: Während Eugene lieber in seiner Heimatstat den Ruhmgenießen will, zweifelt Gitarrist Wells (Will Brill) ständig an der musikalischen Qualität. Doug hingegen verschreibt sich voll und ganz einem Musikerleben. Das führt auch zu familiären Konflikten mit Vater Pat (James Gandolfini) und zu bandinternen Reibereien.

Gleich zu Beginn erzählt Dougs jüngere Schwester Evelyne (Meg Guzluescu) von einer für die Pophistorie schicksalhaften Begegnung zweier englischer Teenager im Zug: Mick Jagger und Keith Richards entdecken ihre Leidenschaft die neuesten R’n’B-Scheiben aus den USA. Der Erfolg der Rolling Stones und der Beatles befeuert Teenagerfantasien in der gesamten westlichen Welt und so auch in einer amerikanischen Kleinstadt. Evelyn erzählt auch weiter von ihrem großen Bruder und fokussiert sich nicht nur auf das Musikgeschehen, sondern auch auf die Familie, die Kleinstadt und den Zeitgeist.

Der „Sopranos“-Produzent David Chase gibt mit 67 quasi sein Debut als Regisseur und Drehbuchautor und die Geschichte über einen Jungen aus New Jersey, der von einer Leben als Rockstar träumt, ist auch von seiner eigenen Jugend in New Jersey geprägt. Vielleicht war die „Sopranos“-Zusammenarbeit auch ein Grund, dass der 2012 schon viel zu bekannte James Gandolfini hier noch eine kleine aber feine Rolle übernahm.

Ein weiterer Star aus dem Sopranos-Umfeld ist für die musikalische Ausrichtung zuständig: Auch Steven van Zandt, besser bekannt als Little Steven aus Springsteens E-Street Band, hat Verbindungen nach New Jersey und sorgt als musikalischer Supervisor für einen klasse Soundtrack.

Über allem schwebt der musikalische Aufbruchsgeist der Sechziger Jahre und Doug wandelt sich vom schüchternen Teenie zu einem linken Studenten und zu einem ambitionierten Musiker. Die Musik gibt dem Film eine gelungene und dramaturgisch funktionierende Rhythmik. Dass „Not Fade Away“ zu der Sex Pistols-Version des Jonathan Richman Songs „Roadrunner“ ausklingt, fällt zwar zeitlich aus dem Rahmen, weißt aber auf zukünftige musikalische Entwicklungen hin: Anti-Folk und Punkrock.

Auch wenn „Not Fade Away“ etwas nostalgisch verklärt beginnt, schafft das Ensemble es relativ schnell, eine eigenständige Geschichte zu erzählen und nicht in den Klischees zu verharren, die die Sechziger so oft hervorrufen. Während Doug und seine Band exemplarisch die damalige Rockkultur vertreten und sich im Vater-Sohn-Konflikt die gesellschaftlichen Brüche abzeichnen, ist Grace die Kunstsinnige, die auch die intellektuellen Strömungen der Zeit einbringt.

Die Familiengeschichte ist in „Not Fade Away“ überzeugend eingebettet. Schön die Szene, in der Doug mit dylanartiger Wuschelfrisur zu Hause auftaucht, und sich wütende Kommentare anhören muss, während seine Mutter mit Lockenwicklern und Bademantel im Vorgarten flaniert.

„Not Fade Away“ ist kein Film der großen Gesten, sondern eine gelungene Hommage an die Sechziger, ihre Aufbruchsstimmung und ihre bahnbrechende Musik, voller Zwischentöne, gesellschaftlicher Konfliktlinien und sehr feiner Szenen.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Not Fade Away
OT: Not Fade Away
Genre: Drama, Musik,
Regie: David Chase
Darsteller: John Marago, Jack Huston,Bella Heathcote, James Gandolfini
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Paramount,
Kinostart: 26.09.2013
DVD- & BD-VÖ: 23.01.2014