Cum On Feel the Noize – Die Geschichte der Rockmusik

Eigentlich müsste diese Doku-Serie wohl treffender „Die Geschichte des Beat Club“ heißen. Die Macher der Doku-Serie und der daraus abgeleiteten spielfilmlangen Musikdoku durchforsten vor allem die Archive des TV-Senders Radio Bremen, um die Entwicklung der Rockmusik und vor allem des Heavy-Metal nachzuvollziehen. Jörg Sonntag und Thore Vollert haben das seltene Archivmaterial mit aktuellen Interviews aufgepeppt und fertig ist die Serienidee. Daran ist nichts Verkehrtes, nur eben auch nichts Herausragendes. Insofern dürfte „Cum on Feel The Noize“ vor allem für Fans und Nostalgiker interessant sein. Jetzt auf DVD und Blu-ray.

Ich bin mir nicht sicher, was zuerst da war: Das Huhn oder das Ei? Will sagen, ich könnte schwören, die 90 minütige Doku „Cum On Feel The Noize“ schon früher mal im TV gesehen zu haben – ich meine auch mit deutscher Tonspur (siehe Trailer unten). Dann habe ich seinerzeit auf die entsprechende Serie gewartet, von der ich wusste, die aber nicht folgte. Nun ist solche Verwirrung ohnehin obsolet, da die sechsteilige Musik-Serie „Cum On Feel the Noize“ anlässlich des Wacken-Festivals 2019 im TV ausgestrahlt wurde und nun im September auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht wurde. Der gleichnamige Film wurde als Bonusmaterial hinzugefügt. Der Fan bekommt also beides und braucht sich nicht zu wundern. Allerdings ist der Film nur mit englischer Tonspur und zuschaltbaren deutschen Untertiteln zu sehen. Es lohnt sich aber, auch wenn das Material zu weiten Teilen schon in der Serie zu sehen war, aber dazu später mehr.

Wäre Heavy Metal nicht momentan das kommerziell erfolgreichste Rockgenre auf dem Planeten, uns wäre diese Doku wohl entgangen. Die Dokumentarfilmer Jörg Sonntag und Thore Vollert haben sich das Archivmaterial der Kultserie „Beat Club“, die von 1965 bis 1972 bei Radio Bremen Musik für junge Leute präsentierte, vorgenommen und auch das der Nachfolgesendung „Musikladen“ und daraus unter sechs verschiedenen thematischen Schwerpunkten die Entwicklungsgeschichte der harten Rockmusik dargestellt. Den Episodenguide findet ihr unter dem Artikel.

So weit so wenig originell, denn der kanadische Metal-Fan und Dokumentarfilmer Sam Dunn hat bereits 2005 eine ziemlich herausragende Doku zum Thema gemacht, „Metal: A Headbangers Journey“ und Jahre später dann auch an der Serie „Metal Evolution“ maßgeblich mitgewirkt. Zudem gibt es auch noch einen weiteren gelungenen Genreüberblick aus dieser Zeit, der sich der Geschichte des Genres kompetent annimmt: „Heavy Metal – Louder Than Life“. Fraglich also, was „Cum On Feel The Noize“ noch beitragen kann?

Vor allem punkten Serie und Film mit dem TV-Material von Radio Bremen, denn die Bands haben seinerzeit live im Studio gespielt und neben lustigen psychedelischen Kameraführungen und anderen visuellen Effekten war und ist es vor allem der gute Sound, der die Aufnahmen überwiegend zu Kult-Klassikern macht. Kinks-Sanger Ray Davis bringt es auf den Punkt, wenn er sich in einem aktuellen interview erinnert, dass der „Beat Club“ so ähnlich war wie das britische Format „Top of the Pops“ nur dass es Spaß machte in Bremen zu spielen, weil der Sound einfach gut war.

Das Archivmaterial des „Beat Club“ wurde als Zeitdokument bereits komplett in einer DVD-Box veröffentlicht, „Musikladen“–Aufnahmen gibt es bislang nur als Zusammenstellungen. Sich die Mühe zu machen, die Auftritte zu editieren und mit aktuellen Interviews der damals beteiligten Musiker oder aber anderen prominenten Hard-Rockern wie Metallicas James Hetfield, Twisted Sister’s Dee Snider oder Anthrax’s Scott Ian aufzupeppen und musikgeschichtlich einzuordnen ist ein Heidenaufwand. Das Ergebnis ist ein unterhaltsamer Ausflug in die Rockgeschichte, der weiß, dass die Archivaufnahmen die eigentliche Attraktion an dem Format sind.

In „Cum On Feel The Noize“ wird selten allzu stark in die Songs hineingeredet und man bekommt einen ziemlich guten Eindruck der Sounds und Bands. Die sind freilich nicht immer mit ihren bekanntesten Hits am Start, sondern auch mal mit unbekannteren Aufnahmen. Gelenkt wird die Aufmerksamkeit des Zuschauers durch einen begleitenden Off-Kommentar, der etwas mitreißender hätte ausfallen können. So wirkt es oft als würde jemand ein sachliches Musikreferat halten, das sich bemüht, bloß nichts Falsches zu behaupten. Eigentlich stünde einer FSK Freigabe ohne Altersbeschränkung als Info-Programm also nichts im Wege, außer der gelegentlich bilderstürmenden Präsentation lauter Rockmusik. Daher sind Serie und Film erst ab 12 Jahren freigegeben.

Die Filmvariante der Doku legt den Brennpunkt explizit auf die Entwicklung des Heavy Metal und kann dort auch noch mit einigem Material (aktuellem und Archiv) aufwarten, das in der Serie noch nicht verwendet wurde, auch wurden die Sequenzen anders geschnitten. All das ist für Fans wirklich unterhaltsam und wissenswert, nur eben weder neu noch spektakulär. Überraschend ist jedoch wie viele populäre Musiker die Filmmacher vor die Kamera bekommen. Dass daraus dann ein Abzweig über romantischen Burgenrock in der Tradition des Minnegesangs wird, nur weil Ritchie Blackmore und seine Angetraute gerade für Interviews zur Verfügung stehen, ist eher kurios als musikhistorisch relevant.

Ach übrigens: wer Lust hat den Film im Kino zu genießen hat beim Unerhört – Musikfilm-Fest in Hamburg dazu Gelegenheit. Dort wird die Doku am 09. Novemberb 2019 um 19:Uhr im B-Movie Kino gezeigt.

Wie eingangs erwähnt haben die Macher vor allem TV-Bänder der legendären Musikformate „Beat Club“ und Musikladen“ durchforstet und thematisch editiert. Das ist durchaus unterhaltsam ausgefallen und man bekommt einen Überblick über die Entwicklung der Rockmusik. Die sechsteilige Doku-Serie wie auch die 90minütige Filmdoku haben etwas unterschiedliche Schwerpunkte und auch im Detail abweichendes Archiv- und interview-Material. Daher ist „Cum On Feel the Noize“ wirklich nur für TV-Nostalgiker und Musiknarren zu empfehlen.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Cum On Feel The Noize
Genre: Musik, Doku, TV-Serie,
Länge: ca 270 Minuten (6x 45 Min.), D, 2018, Bonusfilm 90 Minuten, D, 2018
Regie: Jörg Sonntag, Thore Vollert
Mitwirkende: Deep Purple, Manfred Manns Earth Band, Dee Snider, James Hetfield, Black Sabbath, Led Zeppelin,
FSK: ab 12 Jahre
Vertrieb: Studio Hamburg, Radio Bremen
DVD- & BD-VÖ: 13.09.2019

Episodenguide der TV-Serie

  1. My Generation – Als der Beat zum Rock wurde
  2. Good Vibrations – Wie Innovation & Technik den Rock bereichern
  3. Teenage Rampage – Von Glam-Rock und Glitzer
  4. Anarchy in the UK – Punk und Rebellion
  5. Heavy Metal Thunder – Die New Wave of British Heavy Metal
  6. Roundabout – Von Progressive Rock und künstlerischem Anspruch