Die weltweit erfolgreiche kanadische TV-Serie um eine Gruppe von Klon-Schwestern geht nun mit der fünften Staffel zu Ende. Polyband veröffentlicht das furiose Finale von „Orphan Black“ im Februar auf DVD und Blu-ray. Fans dürfen sich auf einen ebenso spannenden wie hochklassigen Serien-Endspurt freuen, in dem Tatiana Maslany erneut ihre Emmy-prämierte darstellerische Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellt.
Aber bevor es an die letzte Lobhudelei geht, der Hinweis, dass die Handlung der Serie fortlaufend ist. Das hat zur Konsequenz, dass neue Zuschauer den Einstieg am Anfang von Staffel Fünf kaum sinnvoll hinbekommen werden. Wer keine Lust hat, ganz am Beginn mit Staffel 1 von „Oprhan Black“ zu beginnen, verpasst zwar großartiges, aber mit ein bisschen Mühe kommt man auch mit der vierten Staffel in die Handlung, denn seinerzeit ging die Handlung auf mehreren Ebenen wieder an den Ausgangspunkt zurück.
Die Zweite Konsequenz ist schlicht, das sich in der folgenden Besprechung von Staffel Fünf, Spoiler vergangenener Serienabschnitte nicht vermeiden lassen. Da Netflix hierzulande die Ausstrahlungsrechte von „Orphan Black“ ab der vierten Staffel aufgekauft hat, bleibt abzuwarten, ob und wann das Finale von „Oprhan Black“ im Free-TV zu sehen sein wird. ZDFneo hat sich über die letzten Jahre im Serien-Bereich profiliert und ist sicher ein Kandidat für die Free-TV-Premiere, da der Sender bereits die ersten drei Staffeln ausstrahlte.
“Heart of darkness, Heart of pain”
Wie auch immer: Die Serienmacher Graeme Mansion und John Fawcett, der wie gewohnt auch für einige Folgen die Regie übernimmt, gelingt es das hohe erzählerische Niveau aufrecht zu erhalten. Die Handlung setzt ein, nachdem die böse Klonschwester Rachel auf der Insel, auf die sich die Neolutionisten seit Jahrzehnten zurückgezogen haben, von dem 170-jährigen Gründer der Wissenschaftsjünger, P.T. Westmorland (Steven McHattie), in die Managementebene der Bewegung aufgenommen wird und nun die operativen Geschicke übernehmen soll.
Währenddessen ist sich die kranke Cosima mal wieder nicht sicher, ob sie ihrer Liebe Delphine trauen kann, denn deren wissenschaftliche Mitarbeit bei den Neolutionisten bleibt undurchsichtig. Auf der Neolutionisten-Insel erkennt Cosima allerdings auch, dass hier großangelegte Menschenversuche gemacht werden. Sarah Manning befindet sich derweil auch auf der Insel und versucht verzweifelt zu fliehen. Denn das Interesse der Neolution an ihrer Tochter Kira ist ungebrochen.
“just can’t believe what a stinking horrible motherfucking web I weave around myself“
Die hochschwangere Klonschwester Helena versteckt sich mit Hilfe von Allison und ihrem Gatten Donnie wild campend in einem Nationalpark. Aber die Neolutionisten haben auch die Polizei infiltriert und zwingen Art (Kevin Hanchard) ihnen bei der Suche nach Helena zu helfen.
Es scheint, als würde sich alles gegen die Klon-Schwestern richten, aber Sarahs Mutter Siobhan (Maria Dolye Kennedy) und Bruder Felix (Jordan Gavaris) sind geübt darin, unter dem Schein der Kooperation ihr eigenes Suppchen zu kochen. Und es gibt geheimnisvolle Hilfestellung gegen die Neolutionisten.
“Heart of darkness, Heart of pain”
Wie bereits in der Besprechung von Staffel Vier angeklungen ist, hat die Story-Entwicklung dort einen gewissen Neustart erfahren und die Klon-Schwestern sind direkt auf der Spur der Keimzelle der Neolutionisten. Der Handlung hat das gut getan und die zwischenzeitliche Bewegung zurück zum Nullpunkt ist inhaltlich ebenso stimmig wie spannend.
Nach so vielen Staffeln einer Serie das erzählerische Niveau und das Zuschauer-Interesse hoch zu halten ist eine große Kunst. Und neben anderen auf diesen Seiten besprochenen Serien-Highlights wie etwa „Misfits“, „Sons of Anarchy“ oder „Ripper Street“ gelingt es auch „Orphan Black“ bis zum Ende spannend und überraschend zu bleiben.
„I live my life like a terminal patient”
Sicher, es ist nicht alles Gold, was glänzt, und einige Aspekte der finalen Staffel sind weniger gelungen ausgefallen, aber im Großen und Ganzen wird das Schicksal der Klone packend und faszinierend weiter erzählt und zu einem überzeugenden Ende gebracht. Etwas schade ist es, dass die Serienmacher schon früher entschieden, die Handlung mit den männlichen Klonen (Ari Millen) der Castor-Linie nicht weiter zu verfolgen. Den wenigen noch verbleibenden Castor-Klonen droht ebenfalls eine tödliche Krankheit, aber die Figuren sind nicht mehr stark ausgebaut. Ebenso ist MK, die finnische Klon-Schwester, die eigentlich aus einer Comic-Episode zu „Orphan Black“ in die TV-Serie kam, nicht wirklich überzeugend integriert.
“I don‘ t make plans just funeral arrangements”
Manchmal wirkt es so, als wollten die Autoren auf keinen Fall einen losen Faden übrig lassen, schaffen es aber (verständlicher Weise) nicht, für alle Figuren jeweils einen supertollen Abschluss herbeizuzaubern. Wichtiger aber ist, dass der Kampf der Klon-Schwestern gegen die Wissenschaftsfanatiker auf furiose Weise zum Ende gebracht wird. Und das ist bei aller Anlehnung an literarische Klassiker der Phantastik wie Joseph Conrads „Das Herz der Finsternis“ und H.G.Wells‘ „Die Insel des Dr. Moreau“ originell und sehr überzeugend gelungen.
Fans wissen, dass „Orphan Black“ aber auch in jeder Staffel einige technische Schmankerl einzubauen versucht. Hier beispielsweise eine ohne Schnitt gedrehte Szene in der zweiten Folge, und an Ausstattung und Effekten immer wieder tolle Details und Knaller aus dem Hut zaubert. Auch die Locations sind hervorragend ausgewählt und so macht es im doppelten Sinne Spaß, auf den Bildschirm zu gucken.
“Heart of darkness – And it’s swimming in my veins.”
Bei lange laufenden Serien-Formaten sind zumeist etliche Regisseure am Werk und es obliegt den Produzenten, für eine gewisse Kontinuität in Look und Dramaturgie zu sorgen. Dass mit John Fawcett ein Autor und Regisseur auch zu den Produzenten gehrt sorgt für diese Kontinuität. Zudem kommt auch Aaron Morton in dieser Staffel zu seiner Regiearbeit. Das mag den meisten nun nichts sagen, aber Aaron Morton ist bei 47 „Orphan Black“-Folgen als Kameramann dabei und in letzten drei Staffeln hat er jeweils auch in einer Folge Regie geführt. Als Anzeichen für ein funktionierendes Produktionsteam mag das ein Fingerzeig sein, aber die Möglichkeiten, sich einzubringen und zu entwickeln bietet nicht jedes TV-Format. Vielleicht macht genau das den kanadischen Touch aus, der „Orphan Black“ weltweit so erfolgreich gemacht hat und eine treue Fangemeinde aufgebaut hat.
Mit der fünften Staffel geht die Klon-Saga um das Waisenmädchen Sarah Manning zu Ende. Schauspielerin Tatiana Maslany sorgt auch zum unausweichlichen Ende hin für großartige, vielschichtige Darstellungen. Hut ab für eine innovative Sci-Fi-Serie, die nicht nur mit Production-Values und zeitgemäßer Story punkten konnte, sondern auch mit einem emanzipierten weiblichen Blickwinkel.
Serien-Wertung (9 / 10)
Orphan Black – ein Klon ist niemals allein – Staffel 5
OT: Orphan Black Season 5
Genre: Serie, Thriller, Sci-Fi, Mystery
Länge: ca. 450 Minuten (10 x 45 Folgen) & ca 60 Min. Bonus
Idee: Graeme Mansion, John Fawcett,
Regie: John Fawcett, et al.
Darsteller: Tatiana Maslany, Kevin Hanchard, Ari Millen, Jordan Gavaris
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Polyband
DVD- & BD-VÖ: 15.02.2018
PS: Zwischentitel aus dem Song „Heart of Darkness“ von der kanadischen Rockband „The Headstones“