Das Wunderbare daran, wenn Comic-Klassiker wieder aufgelegt werden, beziehungsweise wie „Batman Niemandsland“ zum Teil erstmals auf Deutsch erscheinen, ist, dass man nicht Ewigkeiten warten muss, bis die Story fortgesetzt wird. 1999 erschütterte nicht nur ein verheerendes Erdbeben Gotham City, sondern das Crossover-Thema „Niemandsland“ zog sich fast ein Jahr lang durch alle Batman-Veröffentlichungen. Und wie der 300 Seiten starke Auftakt zu „Batman Niemandsland“ zeigt: Die Story liest sich auch heute noch großartig und hat von ihrer finsteren Faszination nichts verloren.
Nachdem zunächst ein tödliches Virus die Bevölkerung von Gotham City dezimiert hat, sorgte in Erdbeben dafür, dass die letzte funktionierende Infrastruktur der Stadt vor die Hunde ging. Allerdings nicht vor die Flughunde, denn die Fledermaus, die Gotham beschützt hat, ist wie vom Erdboden verschwunden. Die Regierung und die Armee haben Gotham sich selbst überlassen und das Stadtgebiet zur Sperrzone erklärt. Innerhalb dieser Sperrzone haben Gangs die Straßenzüge untereinander aufgeteilt. Der Schwarzhandel blüht und es mangelt an allem. Wenn es tatsächlich mal einem Flugzeug gelingt, die Stadt zu überfliegen und Proviant und Medikamente abzuwerfen, stürzen sich die Einwohner wie gierige Hunde darauf.
Während Barbara Gordon, die Tochter des Police Commissioners Jim Gordon im Rollstuhl sitzt und ihrer Rolle als Superhackerin „Ocacle“ nicht mehr nachkommen kann, weil es keine Technik mehr gibt, benimmt sich die verbliebene Polizei von Gotham genau wie eine Gang und erobert Straßenzug um Straßenzug. Allerdings, um die Bewohner hinterher zu beschützen, und nicht, um sie auszubeuten. Batman wird an allen Ecken und Kanten schmerzlich vermisst und so macht sich eine junge Frau daran, kostümiert die Lücke des Beschüzers von Gotham zu übernehmen. Wer weiß, ob Batman überhaupt jemals zurückkehrt.
Keine Bange, Bruce Wayne alias Batman hat seiner Heimatstadt keinesfalls endgültig den Rücken gekehrt. Er war nur verhindert. In seiner düsteren postapokalyptischen Stimmung erinnert das Crossover „No Man’s Land“ ein bisschen an die verwahrloste Gefängnisinsel Manhattan in John Carpenters Sci-Fi-Klassiker „Die Klapperschlange“. Eventuell hat der Film ja auch für die Batman –Story Pate gestanden, es ist ja ein offenes Geheimnis, das Gotham eigentlich dem realen New York entspricht. Und auch das Bürgerkriegsszenario das Brian Wood in seiner hochgelobten Comic-Serie „DMZ“ von 2006 bis 2012 auslotete, ist definitiv von dem selben düsteren Geist durchdrungen wie Batman- Niemandsland.
Der erste deutsche Sammelband enthält dabei zwei größere Storybögen, die jeweils über vier US-Ausgaben laufen, eine kürzere Geschcihte, die über zwei US-Hefte läuft und zwei Einzelausgaben der Azrael-Serie, die jeweils zwischen den längeren Stories für einige Zusatzinfos sorgen. Die Azrael-Stories wissen allerdings weder von der Handlung noch von der Optik zu überzeugen und sind kaum mehr als unterhaltsame Episoden. Die vierteilige Auftakt-Story „Niemandsland: (Un-)Recht und (Un-)Ordnung“ allerdings ist ganz großartiges und düsteres grafisches Erzählen, dass so ziemlich alle optischen Elemente beinhaltet, die der Leser an abgründigen Batman-Stories liebt, nur dass die Fledermaus selbst nicht vorkommt. Der zweite längere Storybogen “Vertrauenskrise“ bringt langsam wieder etwas Hoffnung nach Gotham und auch diese Story weiß vollauf zu überzeugen. Hier gehen grandioses Storytelling und starke Neunziger-Jahre-Actionzeichnungen Hand in Hand.
Nicht umsonst ist die epische Geschichte „Batman Niemandsland“ ein Klassiker. Eine der berühmtesten Batman-Stories aller Zeiten hat seit ihrem Erscheinen 1999 nichts von ihrer düsteren Faszination verloren. Batman wie ihn seine Fans lieben, abgründig und düster. Fortsetzung kommt.
Comic-Wertung: (8,5 / 10)
Batman: Niemandsland – Band 1
OT: No Man’s Land 1, Shadow of the Bat 83-85, Batman 563-564, Detective Comics 730-731, Legends of the Dark Knight 116-117, Azrael 51-52, DC Comics, 1999
Autoren: Dennis ONeill, Bob Gale, Devin Grayson
Zeichner: Alex Maleev, Roger Robinson, Dale Eaglesham
Farben: Demetrius Bassoukos, D’israeli, Dave Stewart, et al.
Übersetzung: Marc Hillefeld, Ralph Kruhm
Verlag: Panini Comics, Softcover, 300 Seiten
VÖ: 25.07.2017