Es ist müßig, sich zu fragen, wie die Welt heute aussehen würde, hätten gesundheitliche Gründe den Musiker und Künstler Frank Zappa 1990 nicht gezwungen, seine Pläne für eine Präsidentschaftskandidatur aufzugeben. Sicher, der Mann wäre kaum gewählt worden, hätte mit seiner streitbaren Haltung allerdings für einen unterhaltsamen Wahlkampf gesorgt. Aktuell haben die Amerikaner den Populisten und Milliardär Donald Trump zum Präsidenten gewählt. Die Welt bleibt gespannt. Und die absolut sehenswerte Doku „Eat That Question“ von Thorsten Schütte zeigt dem Zuschauer einmal mehr, welch große Lücke Frank Zappa, der 1993 starb, nicht nur als Musiker und Künstler hinterlassen hat.
Thorsten Schütte hat jahrelang weltweit Archive durchforstet und nach Schnipseln und Spuren von Frank Zappa gesucht. Anschließend präsentierte er das gefundene Material der Zappa Familie und dem Zappa Trust und bekam daraufhin auch noch die Erlaubnis, in den familieneigenen Archiven zu stöbern. Nun liegt das fertige filmische Produkt vor und ist sozusagen ein „offizielles“ Portrait Frank Zappas in dessen eigenen Worten. Das hört sich deutlich weniger spektakulär an, als es tatsächlich ist.
Selbst den hartgesottenen Fans eröffnen sich hier noch ungesehene Sequenzen und das mehr oder minder chronologisch sortierte Material ist unterhaltsam und überraschend montiert, so dass das lebendige Bild einer aufgeweckten, kritischen Person entsteht, die im Umgang sicher nicht immer einfach war, aber von einem enormen Schaffensdrang und einer kreativen Unabhängigkeit, die man heute nur noch selten findet.
Es ist schwer zu beurteilen, ob man „Eat That Question“ nur goutieren kann, wenn man ein wenig Vorbildung hat, mit dem ebenso umfangreichen wie diversen Oevre Zappas (dazu auch das Live-Video „A Token of his Extreme“) vertraut ist, oder zumindest weiß, wer dieser kauzig wirkende Kerl eigentlich ist. Immerhin starb dereinflussreiche komponist und Musiker bereits 1993 an Prostatakrebs. Wahrscheinlich erschließt sich die Doku auch über sich selbst und das Bild, das sie von ihrem Protagonisten zeichnet. Und sollte der Film Interesse an der Musik und der Person Frank Zappas wecken, umso besser. Da gibt es schließlich genug zu entdecken.
Insofern fällt es mir auch einfach schwer, die scheinbar vorherrschenden Bilder von der auf dem Klo sitzenden „Pop Ikone“, dem Enfant Terrible der Rockmusik, dem Kontrollfreak, dem Agent Provacateur ernst zu nehmen. Sobald man sich mit der Musik Zappas beschäftigt (und sich auch noch infantiler Weise erdreistet eine Top 5 seiner besten Songs aufzustellen) gerät das alles in den Hintergrund. Es entfaltet sich ein musikalischer Kosmos, der auf diversen Ebenen mit der Erwartungshaltung des Publikums spielt, eine fast anarchische Freiheitsliebe offenbart und bei aller Ernsthaftigkeit den Spaß am Musikzieren nicht aus dem Auge verliert. Mehr als 60 zu Lebzeiten erschienene Alben, eine höchst lesenswerte Autobiografie und inzwischen auch diverse Filme und Konzertaufnahmen, hat Frank Zappa hinterlassen. Alles zu erforschen auf der Frank Zappa Homepage.
Aber zurück zu Thorsten Schüttes Film: Der Unterhaltungswert ist enorm. Egal, ob Frank Zappa als junger Mann in einer TV-Show auftritt, um auf zwei Fahrrädern musikalisch zu improvisieren, oder ob er sich im Interview Ende der 1960er mit deutschen Studenten unterhält und darlegt, warum er das Konzert der Mothers of Invention nicht als politische Kundgebung missbrauchen ließ.
Einigermaßen skurril sind auch die Ausschnitte, in denen ein Polizist den streitbaren Komponisten und Musiker für einen Lokalsender interviewt. Legendär, jedenfalls für jene, die alt genug sind, das miterlebt zu haben, ist auch Zappas Einsatz Mitte der Achtziger Jahre gegen die Zensur von popmusikalischen Texten durch die PRMC (anyone remember Tipper Gore?). obwohl Zappas durchaus derbe Texte überhaupt nicht auf der Zensurliste standen, weil sie eh kaum jemand im Mainstream hörte. Immerhin erlebte Frank Zappa noch die Würdigung als ernsthafter Komponist und wurde von Vaclav Havel sogar zum Kulturattaché der Tschechoslowakei ernannt, bevor er 1993 verstarb.
Mit der rein aus Archivmaterial kompilierten Doku „Eat that Question“ ist Filmemacher Thorsten Schütte ein mitreißendes Portrait einer ebenso schillernden wie einflussreichen Figur der Musikgeschichte gelungen.
Film-Wertung: (8,5 / 10)
Frank Zappa- Eat that Question
Genre: Musik, Biografie, Dokumentarfilm
Länge: 90 Minuten, D, 2016
Regie: Thorsten Schütte
Mitwirkende: Frank Zappa (Archivaufnahmen)
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Arsenal Filmverleih
Kinostart: 08.12.2016