Der Junge und das Biest: Die Welt gleich nebenan

Der_Junge_und_das_Biest_Szenenbilder_04-vorschauAuch wenn die meisten Zuschauer in Bezug auf japanische Animationsfilme nur den großen Altmeister Hayao Miyazaki, den „japanischen Walt Disney“ der Ghibli-Studios namentlich kennen, hat der Anime auch einige andere Stars. Unter anderem Mamoru Hosoda, der mit seinen Filmen regelmäßig auf internationalen Filmfesten Preise abräumt. Sein jüngster Streich „Der Junge und das Biest“ war im vergangenen Jahr einer der erfolgreichsten Animationsfilme an der japanischen Kinokasse. Nun veröffentlicht Universum Anime die fantastische Geschichte, eines Jungen, der von einem tierischen Ersatzvater aufgezogen wird, hierzulande als Videopremiere.

Nein! Der neunjährige Ren hat keine Lust sich einfach in eine Pflegefamilie abschieben zu lassen. Aber nach dem Unfalltod seiner Mutter bleibt kaum etwas anderes übrig, denn sein Vater, den Ren nicht kennt, ist seit der frühen Scheidung der Eltern unauffindbar. Wutentbrannt reißt Ren aus und streift ziellos durch die Straßen des Tokioter Stadtteils Shibuya.

Der_Junge_und_das_Biest_Szenenbilder_08.300dpiNachts in einer Gasse spricht ihn ein polternder Fremder an, macht sich über ihn lustig und fragt den Jungen, ob er sein Schüler werden will. Kurz darauf ist die Polizei hinter dem streunenden Jungen her, der muss flüchten und folgt dem Unbekannten in die verwinkelten Seitengassen Shibuyas. Erstaunlicher Weise findet sich Ren dann im Reich der Tiermonster wieder und der mysteriöse Fremde entpuppt sich als bäriger Kämpfer Kumatzetsu.

Der_Junge_und_das_Biest_Szenenbilder_06.300dpiMit Kumatetsu ist das so eine Sache, denn seit der alte Großmeister der der Tiermonster beschlossen hat, eine Gottheit zu werden, ist seine Nachfolge noch nicht geregelt. Da stehen sich Kumatetsu und Iozen als Rivalen gegenüber. Der löwenmäßige Iozen ist nicht nur ein großartiger Kämpfer, sondern auch ein beliebter Lehrer und umsichtiger Charakter. Anders Kumatetsu, der ungehalten und barsch alle Leute verprellt und eigentlich keine Anhängerschaft hat. Der ehemalige Großmeister rät Kumatetsu sich einen Schüler zu suchen und das soll nun ausgerechnet Ren sein, der kurzerhand in Kyuta umbenannt wird, weil er seinen Namen nicht verraten will und neun Jahre alt ist. Das Menschenkind darf in Jungentai, der Hauptstadt des Bakemono-Reiches bleiben, doch die Ausbildung des störrischen Jungen entpuppt sich für Schüler und Lehrer als Nervenprobe.

Der_Junge_und_das_Biest_Szenenbilder_07.300dpiWieder einmalliefert Regisseur und Autor Mamoru Hosoda („Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“, „Summer Wars“, „Ame und Yuki“) ein wunderbares Anime ab, das sich thematisch mit der Kindheit, Jugend und dem Erwachsenwerden beschäftigt. Dabei kommen allerdings auch fantastische Elemente nicht zu kurz und neben viel Spaß hat „Der Junge und das Biest“ auch einiges an Tiefgang und Verarbeitung japanischer Glaubenstraditionen zu bieten. Ein wenig erinnert die Story schon an „Das Dschungelbuch“, in dem ein Menschenjunges von Tieren aufgezogen wird, aber auch „Karate Kid“ scheint mit seiner Meister-Schüler-Beziehung immer wieder durch. Und dennoch ist Hosoda durch die Einbeziehung traditioneller japanischer Glaubenselemente wie eben der Tiergötter etwas ganz eigenes gelungen. In diesem Zusammenhang sei auch der Oscar-prämierte Ghibli-Film „Chihiros Reise ins Zauberland“ erwähnt. Allerdings kommt „Der Junge und das Biest“ bei aller Fantastik deutlich erdiger, realistischer und wesentlich lichtdurchfluteter rüber.

Der_Junge_und_das_Biest_Szenenbilder_02.300dpiIn der ersten Hälfte des Films geht es vor allem darum, wie sich die beiden Außenseiter um einander kümmern und aneinander charakterlich wachsen, bis sich so etwas wie eine Ersatzvaterrolle für Kumatetsu herausbildet. Außerdem werden die beiden auf eine wunderbare und lustige Reise geschickt, um Weisheit zu erlangen. In der zweiten Filmhälfte ist Kyuta als Jugendlicher dabei, sich immer weiter zurück in die Menschenwelt zu bewegen. Das ist typischer, aber toll erzählter Teenager-Stoff und nicht mehr unbedingt für kindliches Publikum geeignet. Und dann gibt es immer noch die actionreiche Handlung im Reich der Biester, wo Kumatetsu noch immer der Nachfolger des Großmeisters werden will. Das alles ist wunderbar, geschickt und überraschend erzählt und verarbeitet Herman Melvilles großen Roman „Moby Dick“ ebenso als Grundmotiv wie die kindliche Situation des Verlassen Werdens und der Trauer.

Der_Junge_und_das_Biest_Szenenbilder_01.300dpiAber als Anime hat es „Der Junge und das Biest“ nicht nur auf eine spannende Geschichte abgesehen, sondern weiß auch die Möglichkeiten der Tricktechnik zu nutzen, um tolle, lustige, spannende und epische Bilder zu erschaffen. Optisch ist Hosodas jüngstes Werk vielleicht sein aufwändigstes. Unterstützt wird er dabei von einem großartigen Kreativteam das die Produktion um den Charakterdesigner Takaaki Yamashita und den Art Direktor Anri Joho geschart hat. Vor allem das furiose Finale erfreut mit tollen Bildern, die man gerne auf der großen Kinoleinwand gesehen hätte.

Lobend erwähnen, muss man in Bereich der hierzulande veröffentlichten Animes auch immer noch die sehr gelungene Synchronfassung. Das ist noch lange keine Selbstverständlichkeit, auch wenn sich das gerade im Serienbereich in den letzten Jahren deutlich gebessert hat, aber Universum Anime liefert mit den deutschen Sprechern und der Synchro gewohnt hohe Qualität ab.

Mit dem Anime „Der Junge und das Biest“ veröffentlicht Universum Anime hierzulande eines der Zeichentrick-Highlights des Jahres. Mit seinem inzwischen vierten Spielfilm kreiert der japanische Animestar Mamoru Hosoda seinen vielleicht zugänglichsten, aber auch spektakulärsten Film ab. Ein Leckerbissen für Anime-Fans und ein fantastischer Einstieg für all jene, denen der japanische Zeichentrickfilm bislang verschlossen blieb.

Film-Wertung:7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

Der_Junge_und_das_Biest_BD_Bluray_888751905696_2DDer Junge und das Biest
OT: Bakemono no ko
Genre: Anime, Zeichentrick, Abenteuer, Fantasy,
Länge: 114 Minuten, J, 2015
Regie und Story: Mamoru Hosoda
Extras Limited Edition: Filmguide, Novel-Booklet, Making-of, NEWS ZERO Spin-off, Cast Interviews, Grußworte Cast
& Crew, Countdown Release Special, Special Promotion Videos, Studio Map X ZIP! – Collaboration Project, Japanische Original-Spots Web-Movie “GREEN DA KA RA”
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: : Universum Film
DVD-& BD-VÖ: 29. Juli 2016

Copyright der Filmbilder: © 2015 THE BOY AND THE BEAST FILM PARTNERS